TYR: Ragnarok

Alles in allem ist "Ragnarok" zwar ein starkes Album, das dem übermächtigen Vorgänger aber nicht das Wasser reichen kann.

Mit ihrem letzten Album, Eric The Red, sorgten TYR nicht nur im Underground für Furore, sondern konnten sich nach und nach auch in weniger gut informierten Teilen der Metalszene einen Namen machen – spätestens mit der Wiederveröffentlichung durch Napalm Records, die das Album einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machte.

Nun erscheint also mit Ragnarok das erste wirklich neue Album seit der Vertragsunterzeichnung mit dem österreichischen Label. Dieses enthält zwar, unterteilt in insgesamt acht Teile, nicht weniger als sechzehn Tracks, die einzelnen Teile aber bestehen größtenteils aus einem oder zwei regulären Songs und je einem kurzen Zwischenspiel von ein bis zwei Minuten Länge, wobei die Übergänge innerhalb eines jeden Teils fließend sind.

Stilistisch haben sich TYR kein bisschen verändert. Schon mit Eric The Red hatte man einen ganz eigenen, unverwechselbaren Sound gefunden, von dem man auf Ragnarok kein bisschen abweicht. Wer die Band bereits kennt, wird sich in der sehr eigenständigen, aber ebenso eigenwilligen Mischung aus färingischer Folklore, epischem Viking Metal mit erhabenen Chören und ungewöhnlichen Gesangsharmonien sowie Prog Metal und kauzigem Achtziger-Metal also ohne Probleme zurechtfinden. Produktionstechnisch hat man dabei noch einmal Fortschritte gemacht: Ragnarok tönt etwas druckvoller und transparenter als sein Vorgänger.

Im direkten Vergleich zu seinem Vorgänger zieht Ragnarok trotzdem den Kürzeren. Das Album ist, nicht nur aufgrund der vielen Zwischenspiele, um einiges sperriger ausgefallen als Eric The Red. Das größte Problem von Ragnarok ist wohl, dass man sich nicht konsequent an die eigene Leitlinie Die Melodie ist heilig! gehalten hat. Die zwar unkonventionellen, aber dennoch recht einfachen und sehr eingängigen Gesangslinien waren es, die Eric The Red zu solch einem grandiosen Album machten, erleichterten sie doch den Zugang zu den in den Details sehr komplexen und anspruchsvollen Kompositionen. Diese eingängigen Melodien aber, das Tor zur Musik der Färinger, sind auf Ragnarok etwas zu kurz gekommen – ganz im Gegensatz zum noch ausgereifteren und durchdachten Gitarrenspiel, mit dem man sich einmal mehr technisch auf höchstem Niveau bewegt. Das beste Beispiel für diese Misere ist The Ride To Hel: fantastische, zweistimmige Gitarren-Arrangements treffen auf Melodien, die beliebig wirken und einfach nicht ins Ohr gehen. Auch das breaklastige Brothers Bane will nicht wirklich zünden.

Auf der anderen Seite hat man aber mit The Hammer Of Thor, Torsteins Kvaedi und besonders Wings Of Time einige exzellente TYR-Kompositionen am Start, die es mit dem Material des Vorgängers locker aufnehmen können. Letzterer Song setzt den eigenwilligen Folk-Gesang des Zwischenspiels Grímur Á Midalnesi fort und zeigt den talentierten Frontmann Heri Joensen, der ansonsten hauptsächlich durch seinen recht hohen, kraftvollen Gesang besticht, mal von einer ganz anderen Seite.

Alles in allem ist Ragnarok zwar ein starkes Album, das dem übermächtigen Vorgänger aber nicht das Wasser reichen kann. Wer sich für diese Art von Musik begeistern kann und von TYR bislang keine Notiz genommen hat, der ist mit Eric The Red also besser bedient. Fans hingegen sollten dem Album zwar eine Chance geben, könnten nach einem Blindkauf aber durchaus enttäuscht werden.

Veröffentlichungstermin: 22.09.2006

Spielzeit: 60:45 Min.

Line-Up:
Heri Joensen – Gesang, Gitarre
Terji Skibenæs – Gitarre
Gunnar H. Thomsen – Bass
Kári Streymoy – Schlagzeug

Produziert von Jacob Hansen
Label: Napalm Records

Homepage: http://www.tyr.net

Tracklist:
1. The Beginning
2. The Hammer Of Thor
3. Envy
4. Brothers Bane
5. The Burning
6. The Ride To Hel
7. Torsteins Kvaedi
8. Grímur Á Midalnesi
9. Wings Of Time
10. The Rage Of The Skullgaffer
11. The Hunt
12. Victory
13. Lord Of Lies
14. Gjallarhornid
15. Ragnarok
16. The End

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