The Callous Daoboys - I Don't Want To See You In Heaven Cover

THE CALLOUS DAOBOYS: I Don’t Want To See You In Heaven

Unerwartete Wendungen, Detailfülle und Suchtpotenzial: THE CALLOUS DAOBOYS erklimmen mit „I Don’t Want To See You In Heaven“ die nächste Stufe.

Forrest Gump wäre sich sicher: Diese Band ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man bekommt. Dafür wissen wir wiederum, was wir bei THE CALLOUS DAOBOYS nicht bekommen: Kreativen Bankrott erklären müssen die US-Amerikaner auf ihrem Drittwerk gewiss nicht. Im Gegenteil, ist „I Don’t Want To See You In Heaven” die Kulmination ihrer bisherigen Entwicklung.

Trotz Mathcore-Chaos war das Sextett ja schon immer auch für catchy Exkursionen und zuckersüße Melodien zu haben. Dieses Faible rückt die Formation noch prominenter in den Vordergrund, indem es mit dem funkig-relaxten „Lemon“ und der unverschämt eingängigen Single „Distracted By The Mona Lisa“ plötzlich auch die Vorzüge klassischer Songschemata für sich entdeckt. Vor allem Letzterer ist nicht nur ein heimlicher Alternative-Metal-Hit, sondern in seiner Authentizität sogar unerwartet rührend: eine Liebeserklärung von DAOBOYS-Frontmann Carson Pace an seine Muse, an seine Leidenschaft.

THE CALLOUS DAOBOYS schlagen wie gewohnt wilde Haken, vergessen aber nicht einen entsprechenden Gegenpol

Vielleicht bezeichnet der Sänger auch deshalb das Konzept hinter der Platte als „Museum des Scheiterns“ – weil der eingeschlagene Weg ein unsicherer ist und er dennoch nicht anders kann, als sich seiner Passion zu verschreiben. Inszeniert als eine Art Rückschau, begleiten wir den Bandkopf und seine Kollegen mittels Spoken-Word-Passagen durch diese „Sammlung vergessener Träume“, wie es die Band im Intro nennt.

Das hier manchmal auftretende Pathos tauschen THE CALLOUS DAOBOYS aber schnell gegen gewohnt ungezügelte Verhaltensweisen ein. „Schizophrenia Legacy“ schlägt zum Auftakt wilde Mathcore-Haken, spielt mit Takten, Dissonanzen und einer verqueren E-Geige, bringt mit Saxofon, Lounge-Atmosphäre und regulärem Klargesang jedoch zwischendurch auch Ordnung in die Chose. Jaulende Gitarren und verspulte Riffs gehören im folgenden „Full Moon Guidance“ sowie dem galligen „Tears On Lambo Leather“ ebenfalls zum guten Ton, wobei die sechs Musiker nie vergessen, Panic Chords und Screams einen entsprechenden Gegenpol zu spendieren.

Plötzliche Breaks und ganze Genrewechsel gehören auf „I Don’t Want To See You In Heaven“ zum guten Ton

Die Kontraste im Verlauf von „I Don’t Want To See You In Heaven“ sind somit enorm, sowohl auf Song- als auch auf Albumebene. Die hibbeligen Synthesizer in „Two-Headed Trout“ beleben beispielsweise den sonst direkt gehaltenen Groove, wohingegen „The Demon Of Unreality Limping Like A Dog“ zu Beginn erst etwas MESHUGGAH einfließen lässt und dann mit so vielen Wendungen aufwartet, dass wir Carsons Hundegebell zum Ende hin fast als Fußnote verbuchen möchten.

Zwischen THE DILLINGER ESCAPE PLAN in den chaotischen Augenblicken und den emotionalen Ausbrüchen im Stile GLASSJAWs bzw. FINCHs („Distracted By The Mona Lisa“) finden THE CALLOUS DAOBOYS dennoch eine eigene Stimme. Unvorbereitet trifft uns dabei vor allem „Body Horror For Birds“, wo sich Sänger Carson Pace vor bluesigem Hintergrund den Schmerz von der Seele singt. Doch selbst im kompromisslosen „Idiot Temptation Force“ überraschen plötzliche Breaks und Genrewechsel.

THE CALLOUS DAOBOYS erklimmen die nächste Stufe: „I Don’t Want To See You In Heaven“ überrascht mit Detailfülle und Suchtpotenzial

Auf die Spitze aber treibt es letztendlich das fast zwölfminütige „III. Country Song In Reverse“, das nach langsamem Auftakt nahezu alle Facetten der Band nacheinander durchläuft, sich zur Halbzeit vor BJÖRKs „Pagan Poetry“ verneigt und schließlich in einem intensiven Finale samt Saxofon-Solo sein Ende findet. Jedes noch so kleine Detail auf diesem Album aufzuschlüsseln wäre jedoch nicht nur bloße Sisiphos-Arbeit, sondern würde zugleich den Spaß am Entdecken vorwegnehmen.

„I Don’t Want To See You In Heaven” ist allein durch seine Fülle an kreativen Einfällen ein Erlebnis, entwickelt dank der clever gesetzten Hooks aber gleichzeitig Suchtpotenzial, ohne hoffnungslos zu überfordern. Was genau man also bei THE CALLOUS DAOBOYS bekommt, kann man auch im Jahr 2025 nicht mit Gewissheit voraussagen. Was das unberechenbare Drittwerk der Mathcore-Hoffnung der oft zitierten Pralinenschachtel aber voraus hat, liegt dagegen auf der Hand: Genießen kann man dessen Inhalt deutlich öfter als nur ein einziges Mal.

Veröffentlichungstermin: 16.05.2025

Spielzeit: 57:19

Line-Up

Carson Pace – Gesang
Daniel Hodsdon – Gitarre
Maddie Caffrey – Gitarre
Jackie Buckalew – Bass
Amber Christman – Violine, Synthesizer
Matthew Hague – Schlagzeug

Produziert von Carson Pace und Dom Maduri

Label: MNRK Heavy

Homepage: https://thecallousdaoboys.com/
Facebook: https://www.facebook.com/thecallousdaoboys/
Instagram: https://www.instagram.com/thecallousdaoboys/
Bandcamp: https://thecallousdaoboys.bandcamp.com/

THE CALLOUS DAOBOYS “I Don’t Want To See You In Heaven” Tracklist

1. I. Collection of Forgotten Dreams
2. Schizophrenia Legacy
3. Full Moon Guidance (Video bei YouTube)
4. Two-Headed Trout (Video bei YouTube)
5. Tears on Lambo Leather (feat. Orthodox)
6. Lemon (Video bei YouTube)
7. Body Horror For Birds (feat. 1st VOWS)
8. The Demon of Unreality Limping Like A Dog (Video bei YouTube)
9. Idiot Temptation Force
10. Douchebag Safari
11. Distracted by the Mona Lisa (Video bei YouTube)
12. II. Opt Out
13. III. Country Song In Reverse (feat. low before the breeze)

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