OWL: You Are The Moon, I Am The Night

Epischer Death Metal mit Charakter, Weitblick und Atmosphäre.

Es sind zwei Seiten, die in jedem von uns schlummern, manchmal gegensätzlich, manchmal genau zusammengehörend. Ist es so abwegig, dass Death Metal eine poetische Seite besitzt? Ist die epische Finsternis von OWL nicht wie gemacht für verstörend-schöne Lyrik? Eben. Und wenn sich die tiefen Riffs erheben, von einer majestätischen Qualität, die in diesem Genre absolut nicht die Norm ist, dann entsteht das Gefühl, etwas Großes zu hören. Das wilde Chaos, das Owl vor zwei Jahren einleitete, ist noch noch selten da, stattdessen ist You Are The Moon, I Am The Night ein episches Death-Metal-Werk, das selbst die großen Bands in ihre Schranken verweisen kann. Ganz einfach, weil OWL selbst keine Schranken haben. Weil ihre Vision von Death Metal ebenso orthodox wie unkonventionell ist.

Nach wie vor ziehen OWL aus altem Doom-Death ihre Inspiration, aus From Wisdom To Hate von GORGUTS, von Größen wie MORBID ANGEL, als sie noch stark und furchteinflößend waren. You Are The Moon, I Am The Night ist gleichermaßen intuitiv wie kontrolliert, jede Wiederholung sitzt, jedes Riff hat den Platz, den es braucht, jeder Blast Beat macht Sinn, und wenn es atmosphärisch wird, werden OWL automatisch episch. Die drei überlangen Stücke sind durchdacht, aber nicht kaputtarrangiert, jedes hat einen eigenen Charakter. Von wild und brachial wie im Titeltrack bis hin zu doomig und boshaft in Memories Of Dead Dreams entwickelt sich OWLs Zweitwerk sehr natürlich. Zwischen diesen Songs steckt mit Clouds Of The Mourning Spring ein Stück, das alles vereint, was das Duo Kolf und Schroeder ausmacht. Nach einem langsamen Aufbau und einem schnellen Mittelteil ist gerade das harmonische Ende dieses Liedes nichts anderes als wunderbar.

You Are The Moon I Am The Night ist ein Biest, das nicht sofort beißt, aber die Zähne fletscht. OWL wirken insgesamt aber ruhiger als auf dem Debüt, zudem sicherer und planvoller. Dennoch ist dies kein kühl berechnetes Album. Die Riffs sind immer noch von sagenhafter Kraft, dazwischen sind unheimliche Harmonien und leise Momente zu finden. Das Schlagzeugspiel von Patrick Schroeder ist komplex und energetisch, dazu kommt der schön akzentuierte Bass von Gastmusiker Markus Siegenhart. Darüber thront das tiefe, finstere Gebrüll, das den Gesamteindruck perfekt macht. Auch der Gastauftritt von DANISHMENT-Sänger Karl Sugin verleiht You Are The Moon, I Am The Night eine weitere Ebene, ebenso wie das kurze Interlude Sombre Cortile und das abschließende Ambientstück Levitation Into Elysium.

OWL machen es trotz ihrer im Vergleich zum Debüt etwas gemäßigten Ausrichtung dem Hörer nicht leicht, zu folgen. Und doch ist es eigentlich so einfach. Setze dich eine Stunde lang hin, mach dich gefasst auf Death Metal mit Charakter und Atmosphäre, wie du ihn nur selten zu hören bekommst, ebenso auf ruhige, friedvolle Momente und lass dich einfach treiben. You Are The Moon, I Am The Night hat vielleicht nicht das Überraschungsmoment auf seiner Seite wie Owl, es mag nicht so wild sein, aber es ist keinen Deut schlechter geworden. Alben von dieser Qualität, von solcher Kompromisslosigkeit, von solchem Weitblick und von so wunderbar gelebter Dualität gibt es nur selten.

You Are The Moon, I Am The Night kommt in Kleinstauflage von 111 Stück heraus, und allein die Aufmachung mit seinen schönen Inlaycards und dem Falttray ist es schon wert, sich dieses Schmuckstück ins Heim zu holen.

Veröffentlichungstermin: 6. Juni 2013

Spielzeit: 57:24 Min.

Line-Up:
Christian Kolf – Guitars, Vocals, Synthesizer
Patrick Schroeder – Drums

Gastmusiker:
Markus Siegenhardt – Bass
Karl Sugin – Vocals

Label: Zeitgeister Music

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/owlzg

Tracklist:
1. You Are The Moon, I Am The Night
2. Clouds Of The Mourning Spring
3. Sombre Cortile
4. Memories Of Dead Dreams
5. Levitating Into Elysium

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