Das Artwork von Nightwish - Yesterwynde

NIGHTWISH: Yesterwynde

Ambitioniert und tiefgründig präsentieren sich NIGHTWISH auf “Yesterwynde”: Auch das zehnte Album setzt nicht nur auf Routine, sondern will entschlüsselt werden.

„Yesterwynde“ – eine Wortneuschöpfung für ein Gefühl, das in keiner der irdischen Sprachen bislang Ausdruck findet. Ein netter Einfall, für den wir ein wenig Schummelei gerne verzeihen. Denn eigentlich ist es eine Vielzahl an Emotionen, die das zehnte Studioalbum der multinationalen Band mit Sitz in Finnland prägt. Sogar zum Trilogie-Finale erhebt Mastermind Tuomas Holopainen die dritte Platte mit Sängerin Floor Jansen, die sich wie die beiden Vorgänger vor allem in einer Hinsicht auszeichnet. NIGHTWISH denken abermals groß, überlassen kein Detail dem Zufall und versuchen auf diese Weise, den eigenen Kosmos erneut über den bekannten Horizont hinaus auszudehnen.

Dementsprechend bilden komplexe und vielschichte Orchestral-Arrangements einen nicht unwesentlichen Teil des Fundaments, welche „An Ocean Of Strange Islands“ nach dem andächtigen Intro „Yesterwynde“ schnell mit einem unermüdlich treibenden Metal-Korsett ausrüsten. Fanfaren wie Peitschenhiebe rütteln uns auf, während sich Floor Jansens unverkennbare Stimme über das dramatische Instrumentalgerüst erhebt.

NIGHTWISH präsentieren sich auf “Yesterwynde” ambitioniert und tiefgründig

In der Theorie jedenfalls, denn gerade der Mix macht diesmal einiges zunichte: Es scheint geradezu als gestehe man den unzähligen Instrumentalspuren nicht genug Raum zu, so dass insbesondere Feinheiten schnell von den Gitarren geschluckt werden. Gleiches gilt für Jansens eigentlich famosen Gesang, welcher nicht die Prominenz erhält, die wir erwarten würden. So fällt es bisweilen unnötig schwer, den Texten zu folgen, welche laut Hauptsongwriter Holopainen als Dreh- und Angelpunkt des Entstehungsprozesses dienten. Dass die Platzierung des Lead-Gesangs inmitten des Soundgerüsts eine bewusste Entscheidung war, wie Drummer Kai Hahto auf Social Media in Bezug auf die erste Single „Perfume Of The Timeless“ erläuterte, tröstet folglich kaum.

Auffallend ist das besonders in „The Day Of…“, wo eben aufgrund der weitgehenden Abwesenheit Emppu Vuorinens Streicher, Piano und sogar Bass in ganz anderem Licht erstrahlen können. Haben wir uns mit diesen Voraussetzungen einmal arrangiert, erschließt sich uns aber ein ambitioniertes und dabei durchaus tiefgründiges Werk, das Folk-Anleihen wie das Sackpfeifen-Outro des erwähnten „An Ocean Of Strange Islands“ auf natürliche Weise in die härtere Grundstruktur integriert. Packende Augenblicke voller Theatralik verbinden NIGHTWISH mit gewaltigen Melodiebögen, wenn sich das bisweilen bombastische Symphonic-Spektakel „The Antikythera Mechanism“ auftürmt.

“Yesterwynde” ist ein Album, das erforscht und entschlüsselt werden will

Seine Vielseitigkeit bringt das Sextett über knapp 71 Minuten selbstverständlich ebenfalls zum Ausdruck. In der zarten Ballade „Lanternlight“ darf Floor Jansen mit minimaler Begleitung zum Abschluss unsere Seele streicheln, während sich im folkig angehauchten Akustik-Track „Sway“ mit Troy Donockley ein nicht minder sanftes Pendant zur Sängerin gesellt. 80er Vibes versprüht der Auftakt von „The Children Of ‘Ata“, wobei sich hier wie auf dem kompletten Werk bei genauerer Betrachtung immer wieder Querverweise zu früheren Schaffensperioden NIGHTWISHs ausmachen lassen.

„Yesterwynde“ ist somit auch ein Album, das erforscht und entschlüsselt werden will; das sich nicht mit bloßer Hintergrundbeschallung zufriedengibt, obwohl im Zweifelsfall selbst das erstaunlich gut funktioniert. Dann würden wir aber den Ideenreichtum verpassen, welcher der Band bis hin zum kraftvollen „The Weave“ immer wieder zu neuer Identität verhilft und somit auch mit Leichtigkeit zum stärksten Werk der Ära Jansen erhebt. Der Weg sei im Falle NIGHTWISHs das Ziel, merkten wir im Rahmen des Vorgängers „Human. :II: Nature.“ (2020) an. Es ist ein Pfad, dessen Endpunkt selbst mit dem zehnten Album noch fernab unserer Sichtweite scheint, aber zugleich so reich an emotionaler Vielfalt ist, dass man dafür gut und gerne auch ein ganz neues Wort erfinden darf.

Veröffentlichungstermin: 20.09.2024

Spielzeit: 70:55

Line-Up

Floor Jansen – Vocals
Emppu Vuorinen – Guitar
Troy Donockley – Uilleann Pipes, Low whistles, Space guitars,
Acoustic guitars, Bouzouki, Bodhran, Aerophone, Vocals
Tuomas Holopainen – Keys
Jukka Koskinen – Bass
Kai Hahto – Drums & Percussions

Produziert von Tuomas Holopainen, Tero TeeCee Kinnunen, NIGHTWISH, Mikko Karmila (Mix)

Label: Nuclear Blast

Homepage: https://www.nightwish.com/
Facebook: https://www.facebook.com/nightwish/
Instagram: https://www.instagram.com/nightwish
Bandcamp: https://nightwish.bandcamp.com/

NIGHTWISH “Yesterwynde” Tracklist

1. Yesterwynde
2. An Ocean Of Strange Islands (Video & Stream)
3. The Antikythera Mechanism
4. The Day Of… (Video & Stream)
5. Perfume Of The Timeless (Video bei YouTube)
6. Sway
7. The Children Of ‘Ata
8. Something Whispered Follow Me
9. Spider Silk
10. Hiraeth
11. The Weave
12. Lanternlight (Video bei YouTube)

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