NAPALM DEATH: Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism

Was hatte ich Angst vor diesem Album! Fünfeinhalb Jahre nach „Apex Predator – Easy Meat“ schienen NAPALM DEATH fast so wie ein Pferd, das allmählich zu Tode geritten wird. Touren ohne Unterlass, kaum neue Musik, mit Mitch Harris fehlt eine Schlüsselposition in der Band de facto. Quo vadis, NAPALM DEATH? Dass „Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism“ gelinde gesagt sperrig betitelt und mit einem unmöglichen Cover versehen wurde, ließ zusätzlich Sorgenfalten auf der Stirn entstehen. Da Barney und seine Freunde aber live noch nie, auch nicht mit Tourgitarrist John Cooke, enttäuscht haben, ist das Urvertrauen aber stets gegeben.

Der erste Höreindruck zerschlägt die Befürchtungen sogleich. Kompromisslos, wütend, heavy und furios ist Album Nummer 16, das nicht nur mit klassischem NAPALM DEATH-Material, sondern auch mit einer im Rahmen gehaltenen Experimentierfreude aufwartet. „Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism“ ist dabei aber nicht extremer unterwegs als seine Vorgänger. Viel mehr ist die Noiserock-Nummer „Amoral“, das finster doomige „Invigorating Clutch“, das nach dem aus verzerrtem Bass und Schlagzeug bestehendem Industrial-Gewitter „Joie De Ne Pas Vivre“ steht, eher eine gute Prise Würze, die das Album auflockert. Auch „A Bellyful Of Salt And Spleen“, der düstere Industrial-Abschluss des regulären Albums, im Stil von „Dear Slum Landlord“ fällt in diese Kategorie. Und doch dominiert klassisches Material wie „Fuck The Factoid“, „That Curse Of Being In Thrall“ und das Titelstück auf der schnellen Seite, sowie „Contagion“ und „Acting In Gouged Faith“ auf der groovigen Seite.

Trotz vieler klassischer Element haben NAPALM DEATH Lust zu experimentieren

Mit Shane Embury als Hauptsongwriter ist NAPALM DEATH ein klassisches Album gelungen, das neben schnellen Nummern auch genügend Groove und Hooks parat hat, um mehr als nur Lärm zu sein. Insgesamt ist die Geschwindigkeit im Vergleich zu den Vorgängern aber ein wenig gedrosselt – schade zwar, da dem Album größere Kontraste auch gut gestanden hätten, zumal „Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism“ in der Mitte etwas gleichförmig wirkt. Auch unmittelbare Hits im Stil von „On The Brink of Extinction“, „When All Is Said And Done“ oder „Silence Is Deafening“ fehlen.

Das heißt, auch ohne Mitch Harris, da nur noch Alibi-Mitglied, sind NAPALM DEATH relevant. Die Energie wirkt befreiend, mitbrüllen und bewegen ist alternativlos, es hilft beim Abschütteln des ganzen Mülls, von dem wir täglich in den sozialen Medien berieselt werden. Von dem Müll den „Arschloch XY“ in die Kommentarspalten des Internets scheißt, von Bildern von Faschisten, die mit Esoterikern Hand in Hand durch Berlin laufen, von dem ganzen täglichen Wahnsinn. Barney brüllt uns wie immer eloquent und punktgenau den Frust von der Seele. So wird deutlich: Diese Band hat Wut zur Kunstform gemacht und verfeinert das immer weiter, auch nach so langer Zeit.

„Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism“ ist vielleicht das Album, von dem ich 2020 nicht wusste, dass ich es brauche

Es ist völlig nebensächlich, dass „Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism“ „nur“ ein gutes NAPALM DEATH Album geworden ist. Es mag keine Offenbarung sein, aber es hätte auch in die Hose gehen können. Stattdessen sträuben sich NAPALM DEATH erfolgreich dagegen, zum alten Eisen zu gehören, und tun dabei verflucht gut. Man kann NAPALM DEATH nicht genug danken, einfach nur dafür, dass sie da sind. Dass sie weiter ihren Weg beschreiten und für so viele Menschen ein Ventil sind. Also keine Angst vor dem düsteren Brocken „Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism“ – aufdrehen und abgehen!

Wertung: 45 von 60 „You Suffer“ (pro Minute)

VÖ: 18. September 2020

Spielzeit: 42:26 / 51:13

Line-Up:

Mark „Barney“ Greenway – Bawling, shrieking, intermittent Baritone
Shane Embury – Bass reverberations, barks and moans, noisetesting everyday objects
Mitch Harris – Strings stripped bare
Danny Herrera – turbulent beat throes
John Cooke – Second Strings stripped bare
Russ Russell – Assisted abuse of everyday objects

Label: Century Media

NAPALM DEATH „Throes of Joy in The Jaws of Defeatism“ Tracklist:

1. Fuck The Factoid
2. Backlash Just Because (Official Video bei Youtube)
3. The Curse Of Being In Thrall
4. Contagion
5. Joie De Ne Pas Vivre
6. Invigorating Clutch
7. Zero Gravitas Chamber
8. Fluxing Of The Muscle
9. Amoral (Official Video bei Youtube)
10. Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism
11. Acting In Gouged Faith
12. Feral Carve-Up (Bonus Track)
13. A Bellyful Of Salt And Spleen (Official Video bei Youtube)
14. White Kross (SONIC YOUTH-Cover / Bonus Track)
15. Blissful Myth (RUDIMENTARY PENI-Cover / Bonus Track)

Mehr im Netz:

http://www.napalmdeath.org

http://www.facebook.com/officialnapalmdeath

http://www.twitter.com/officialND

http://www.Instagram.com/theofficialnapalmdeath

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner