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LYCOSIA: Lycosia

Die schizophrene Variante der Gothic-Charts-Attacke.

Erinnert ihr euch an BABYLON ZOO´s „Spaceman“? Auf der gleichen Schiene fahren LYCOSIA, laut Infoblatt soll es Glam-Goth-Rock sein, made in Frankreich. Wenn ihr ohne weiteres eine Verbindung zwischen oben genanntem Ohrwurm-Hit der Neunziger und dem Kunstwort Glam-Goth-Rock erkennen könnt, Respekt. Eingangs handelt es sich beim gleichnamigen Album erstmal einfach nur um Pop – eingängige, mit fiesen Ohrwürmern bestückte (Elektro)Popstückchen mit Lauerstellung auf Chartplatzierungen. Weder am Klingeltonsynthie-Geplinge noch am Schmachtstimmen-Overkill wurde da gespart, ganz im Gegenteil: so dick aufgetragen und aalglatt blankpoliert, dass die Zielgruppe (12-16, weiblich) klar definiert scheint. Doch der Eindruck, den die ersten Lieder machen, trügt, je mehr die Platte voranschreitet: Es wird mit orientalischen Melodien experimentiert, die Schleimspur von immer härteren Instrumenten verdeckt, und siehe da – der Sänger kann auch anders. Das metallische Silberstimmchen verwandelt sich in ein ziemlich cooles schreikreischendes Organ, kann aber auch straight rocken… warum nicht gleich so? An sich ist es wohl die Inkonsequenz, mit der LYCOSIA ihre Platte gemacht haben, die mich stört – facettenreich wäre zu nett ausgedrückt, die Kombination der einzelnen Elemente und Einflüsse ist dafür einfach nicht stimmig genug.

Handwerklich schlecht ist das Ganze nicht, auch wenn der Sänger am altbekannten Problem der Franzosen leidet, sich mit englischen Texten durchweg als Zweitsprachler zu verraten. Auf den ersten Tracks „Rise Up“, „Velveteen Kiss“ und „Cold Summer“ gelingt es Sänger Christi Scythe noch, das Problem ganz gut zu vertuschen: seine Parts beschränken sich auf maximal zweisilbige, franzosentaugliche Wörtchen. Mit „Travelling Through Our Love“ sieht die Sache schon völlig anders aus. Der Song hat es verdient, in meine persönliche, monatliche Liste der Lieder des Grauens mit aufgenommen zu werden. Midtempo-Technobeat vermischt mit quietschenden, hochfrequenzigen Synthietönen, garniert mit dem nervigsten Refrain des Jahrhunderts, der bei so manchem Hörer mehr Aggressionen wecken wird als der motivierteste Hatecore es vermögen könnte. „Altaï“, der nächste Song, ist wiederum von einem ganz anderen Kaliber. Eingangs erwähnte orientalische Rhythmen werden kombiniert mit unglaublich eingängiger Gesangslinie und Riff – passt, rockt, alles gut, was soll das? Das Album macht völlig fertig, taucht den Hörer in ein Heiß-Kalt-Bad zwischen Grausamkeit der Beliebigkeit und gewaltiger Melodik, und trumpft schlussendlich noch mit zwei völlig unnötigen Remixen auf. Nach 47 Minuten sind meine Nerven am Ende, ich kann nicht mehr, ich mag dieses Album nie mehr hören müssen.

Veröffentlichungstermin: 27.09.2004

Spielzeit: 47:14 Min.

Line-Up:
DON RAGNO (drums),

CHRISTI SCYTHE (guitars, vocals),

SHANKA 777 (guitars, bass, programming, keyboards)

Label: Equilibre Music

Homepage: http://www.lycosia.net

Email: araknidrecords@yahoo.fr

Tracklist:
Rise Up

Velveteen Kiss

Cold Summer

Travelling Through Our Love

Altaï

Trade In Your Hate

Glitter 4 Tears

Scythia

Elegy

Ice Queen Bay

Travelling Through Our Love (Wet Remix, Bonus)

Elegy (Fat Remix, Bonus)

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