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DISGRACE: Grey Misery [Re-Release]

Es gibt Re-Releases, die sind überflüssig. Dieses ist es ganz bestimmt nicht.

Packt die Handies weg, schaltet den PC aus, hier kommt ein Stück Musik aus der Zeit, wo ich noch meine Tapes unterm Bett verstecken musste, weil meine Mutter Angst vor satanischen Botschaften hatte. Da sollen bei Bekannten die JUDAS PRIEST-Poster nachts Grimassen gezogen haben und Angus Young Teufelshörner gewachsen sein. Das leidgeplagte Mädel hätte daraufhin alle Heavy Metal-Sachen weggeschmissen und sich gebessert. Ich solle mir darüber Gedanken machen, riet mir auch meine Omi. Dass ich jetzt – 2005 – noch hier sitze und mit gleicher Euphorie dem gleichem Lärm lausche, ist sicher Antwort genug, wie nah mir dieser Rat ging.

Mit Grey Misery serviert uns Xtreem Music nun nicht gerade irgendein unsinniges Re-Release, wie wir sie zur Genüge kennen, nein auf der Scheibe findet sich das Debüt der finnischen Extrem-Metaller DISGRACE, remastert und mit Bonus Material versehen. So finden sich neben den 10 Songs der ursprünglichen Scheibe noch die Debts Of Gods-EP von 1991 mit vier Songs und das 1990er Demo Inside The Labyrinth Of Depression.

Der Sound hat zum Glück das Remastern gut überstanden und dabei nichts von seinem geschichtlichen Wert verloren. Sicher, auf einer aktuellen Scheibe wäre er weniger angebracht, aber hier ist er so – und nicht anders – genau richtig. Schon die ersten Takte von My Dark Paradise setzen es frei, dieses dreckige, schabende, knarzige Gefühl, dass die Grind-Seite der Band unterstreicht. DISGRACE widmen sich im Folgenden einer Orgie aus Death Metal und Grind, die so ekstatisch und euphorisch klingt, wie die Band zum Zeitpunkt der Aufnahmen gewesen sein muss. Midtempo-Grooves der Marke CARCASS (die überhaupt ein großer Einfluss für DISGRACE waren) vermischen sich mit vielseitigem Drumming und Death Metal-typischer Brutalität, die sich auch heutzutage nicht verstecken braucht – im Gegenteil. Gelegentlich sinkt die Geschwindigkeit auch mal ab und DISGRACE zeigen sich von einer schleppenden, alles zermahlenden Seite, die für mich wie wirkliche finnische Düsternis klingt.

Der Sound auf der Debts Of Gods-Sektion lässt dann erheblich nach und wird blechern, bei dem Demo Inside The Labyrinth Of Depression schwenkt er dann eher in die dumpfe Richtung. Aber da hier sowieso einige Songs zu finden sind, die auch Teil des Grey Misery-Albums sind, ist dies weniger schlimm.

Der Fokus liegt hier also ganz klar auf Grey Misery, alles andere ist Bonus-Material für Fans, und genau das ist ja das schöne. Heutzutage haben sich DISGRACE ähnlich entwickelt, wie ihre Landsleute von AMORPHIS und frönen dem Rock, was den Rückblick auf diese alten Tage der Band noch bedeutungsvoller erscheinen lässt. Dieses Album – Alter hin oder her – sollte jeder Death/Grind-Fan besitzen, denn in seiner kratzigen, rauen Ursprünglichkeit klingt es, als wäre der Ötzi des Death/Grind zum Leben erwacht, um der heutigen Musiklandschaft noch einmal zu zeigen, was eine Harke ist. Herrlich!

Veröffentlichungstermin: 25. 12. 2004

Spielzeit: 61:45 Min.

Line-Up:
Jukka Taskinen – Vocals/Gitarre

Toni Stranius – Vocals/Gitarre

Jussi Selonen – Bass

Miska Koski – Drums

Label: Xtreem Music

Tracklist:
Grey Misery (CD 1992)

01. My Dark Paradise

02. Unity’s Interlude Dyes Blind Tomorrow

03. Abtruse Myth

04. Obscurity In The Azure

05. The Chasm

06. And Below Lies Infinity

07. Waves Of Hypocrisy Seas

08. Debris

09. Immortality’s Open Lake

10. Transcendental Dimension

Debts Of Gods (7” EP 1991)

11. Debts Of Gods

12. Deprive My Innermost Soul

13. Incinerate

14. Offering

Inside The Labyrinth Of Depression (Demo 1990)

15. The Chasm

16. Unity’s Interlude Dyes Blind Tomorrow

17. Transcendental Dimension

18. Waves Of Hypocrisy Seas

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