BITTER ORANGE – Bordstein EP [Eigenproduktion]

Überaschende Entwicklung vom Punk zum Proto-Punki – Gelungene 80er-Wave/Punk-Scheibe für alle Jugendverschwender

Ziemlich rau und merkwürdig ist sie geworden, die Bordstein EP aus dem Hause BITTER ORANGE und vor allem verdammt punkig. Allerdings anders punkig. Nicht so 1-2-3-4-Pogo-punkig. Eher Punkig in einem 1981-Düsseldorf-Verschwende-deine-Jugend-Sinn, der der Band aber erstaunlicherweise sehr gut zu Gesicht steht. Früh-80er-Retro bis hin zum Quietsch-Saxophon. Zurück zum Beton in 19.04 Minuten. Keine amerikanisch anmutenden Melo-Punk-Einflüsse, kein Gute-Laune-Riffing, kein Stoner, sondern Lieder wie Schwarz-Weiß-Fotos von Menschen, die in dunklen Mänteln durch leere, verregnete Straßen hetzen. Lieder wie Mix-Tapes auf denen die richtig runterziehenden Songs auf jeder Seite zweimal kommen. Wie früher eben. Allerdings gelingt es der Band richtig gut, die klaustrophobische, paranoide Stimmung von Bands wie JOY DIVISION, FEHLFARBEN oder BAUHAUS aufzunehmen, ihr einen Arschtritt zu verpassen und sie zum Rocken zu bringen. Man nimmt sich und das Leben zwar ernst, aber doch nicht ganz so todernst wie die Originale (und nimmt es sich deswegen auch nicht), aber die Musik (und die Musiker) macht das dafür deutlich lebendiger.
Die deutschen Texte und die sehr höhenlastige und old-schoolige Produktion verstärken den Retro-Faktor noch zusätzlich und lösen die Band aus dem normalen Punk-Kontext, in dem sich die letzte EP noch bewegte vollends heraus. Es gibt noisig-sägende Gitarren, viel Single-Note-Riffing, Peter-Hook-Gedächtnis-Bass-Lines, minimalistische Arrangements oder experimentelles Durcheinander, eindringlichen Sprechgesang mit expressionistisch anmutenden Texten oder wütendes Die-Stimme-erheben – also das volle Paket 80er-Wave-Deutsch-Punk, angelehnt an die kurze Phase, bevor politische Radikalität und Geschrei die musikalische Innovation verdrängt haben. Und mir gefällt das so richtig gut!
Ob diese Ausrichtung bei den Aufnahmen für die CD so geplant war, weiß ich nicht, aber gelungen ist sie in jedem Fall.
Die Band stellt sich mit ihrer neuen, deutlich experimentelleren Ausrichtung in eine Reihe mit aktuellen, ähnlich genialen Bands wie GOOD WITCH OF THE SOUTH (mittlerweile nur noch WITCH) und legt damit eine für mich erstaunliche und sehr positive Entwicklung hin, der ich nur Respekt und Bewunderung zollen kann. Eine wirklich überraschende und richtig coole Platte!

Veröffentlichungstermin: 2008

Spielzeit: 19.04 Min.

Line-Up:
Stefan – Voice
Jens – Bass
Axel – Guitar
Christian – Guitar
Niels – Drums

Produziert von Eigenproduktion

Homepage: http://www.bitterorange.de/

MySpace: http://www.myspace.com/thekillerorange

Tracklist:
1. Je suis neuf beuf
2. Hallo kitty!
3. Black´n´decker in da Club
4. A7 vs Asphaltjunge
5. Bottrop Baby/Gladbeck-Girl
6. Homo Aestheticus
7. Bordsteinschwalbe
8. Exitus

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