Hölzerner Wahnsinn: Der Nachruf

Eine kleine Kolumnenreihe geht zu Ende, die intellektuelle Elite Deutschlands bereitet den nächsten Coup vor. Man muß nicht gespannt sein.

Ja, alles hat einmal ein Ende, auch die Wurst, wenn es nach mir ginge, aber das geht es ja leider nicht. Die „Wildecker Herzbuben“, jene treuherzigen deutschnationalen Stiefmütterchentröster mit Übergewicht, hatten jedenfalls Recht, als sie diesen Klassiker des deutschen Liedguts vor überhaupt nicht allzulanger Zeit freudig anstimmten, denn: diese Kolumnenreihe, mithin Inbegriff alles Lebens, findet hiermit ein Ende.

Das muß niemanden zu Trauermärschen inspirieren, auch nicht zu Jubelgeschrei, denn ich mache weiter, froh und heiter wie eh und je, allerdings weniger wahnsinnig, mehr: in-tel-lek-tu-ell. Das ist ein Unwort, meine Damen und Herren, ein ganz gehöriges zudem, denn was bedeutet es, außer nichts? Nichts, eben. Ich mache also weiter mit dem Nichts, das es nicht gibt, da es ja ansonsten kein Nichts wäre. Sieht das jemand anders, möge er mir schreiben. Ein guter alter Freund der Schrift, Kurt Tucholsky, hat einmal die Abhandlung „Zur soziologischen Psychologie der Löcher“ verfaßt und darin gefragt, was eigentlich ein „halbes Loch“ sei. Ich finde, damit hat er Recht.

Anderes Thema: Heavy Metal. Ein großes Nichts tut sich auch hier auf, denn dazu kann ich nichts mehr schreiben, es ist alles gesagt, und alles wiederholt sich. Vor Trauer beinahe beim Gitarre spielen verreckende Zeitgenossen gründen weiter dämliche sog. „Gothic Metal“-Bands und finden sich hip (ja, auch 2003 noch), Schwerter schwingende Vollidioten in Fellhosen sind allen Ernstes der Ansicht, irgend jemand interessiere sich dafür, daß sie schon wieder einen Drachen getötet haben, und an der Journalistenfront zeigt sich seit Jahren immer nur das selbe stumpfe Gebrabbel jenseits von Gut und Böse. Mag sein, daß man mich arrogant schimpfen mag, aber wohin soll ich mich denn wenden? In die Studentenkneipen zu Cordhosen tragenden Popkulturspießern ohne Sinn und Verstand? In die Bierzelte der modernen Hippie-Jugend (HJ), deren reaktionäres Selbstverständnis irgendwo zwischen schnellen Autos, schlecht gestimmten Akustikgitarren und „Irgendwie ist Frieden ja ganz geil, aber ich brauch jetzt erstmal nen Döner“ vor sich hin siecht? Oder gar an die vorderste Front der antifaschistischen Politikfaschisten, die in jeder unkorrekten Handlung oder Meinung gleich die Weltrevolution in Gefahr sehen? Es ist mir ja eigentlich wurscht, was aus Menschen wird, deren Existenz eine Zumutung für alle ist; aber wenn es nicht einmal mehr solche Menschen gibt, werden die sogar für Leute wie mich wichtig: für die Intelligenz von morgen, jene, die Deutschland verrücken sollen, dahin, wo es hingehört: an die Spitze der Welt, denn drunter macht´s der Deutsche eben nicht, immer noch nicht.

Das klingt jetzt vielleicht alles verbittert, zynisch, misanthropisch. Und es stimmt: der Rest der Welt ist Scheiße. Aber wenn es einen Rest gibt, muß es auch den anderen Teil geben: Menschen, für die Leben mehr ist als McDonald´s und Coke, gespaltene Haare oder sinnloses Trinken; Menschen, die sich irgendwo auf die Suche gemacht haben nach… ja, wonach eigentlich? Die Suche scheint das Leben selbst zu sein, wie schon der alte Goethe uns weismachen wollte: der Weg ist das Ziel. Gefährten zu finden auf diesem ist dabei weniger christlicher Pathos als vielmehr ehrlicher Wunsch nach Nähe und Vertrauen in einer Welt der Phrasen; so wie diese hier übrigens auch. Ob das wiederum wichtig ist, sei dahingestellt: der nächste Text, er kommt bestimmt.

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