Was ist das Besondere an IQ? Was hebt das britische Quintett vom Rest der Progrock-Bands ab? Es ist die Tatsache, dass die Band einen ebenso charismatischen wie stimmgewaltigen Sänger hat. Peter Nicholls ist ein Unikat. Seine Stimme erkennt man sofort. Mit ihrem warmen, intensiven Klang haucht sie der ansonsten seit Jahrzehnten toten Musikrichtung neues Leben ein. Während andere Sänger aus ihrer Theatralik, Zerbrechlichkeit oder Naivität mühsam einen eigenen Stil erschaffen, sind diese Elemente bei Nicholls lediglich Facetten, die er gezielt verwendet, ohne sie zu überstrapazieren. Passend dazu wirkt er optisch wie Campinos (DIE TOTEN HOSEN) Zwillingsbruder.
Natürlich haben IQ mehr zu bieten als ihren Frontmann. Gitarrist Michael Holmes umspielt die Lieder mit raffinierten Melodienlinien und rockt zwischendurch auch mal nach vorne los. Die Rhythmusgruppe agiert souverän und die Keyboards bedienen sich routiniert der üblichen Elemente – von perlenden Orgelarpeggios über Klavierpassagen bis hin zu schneidenden Leads. Insgesamt drängt sich also kein Instrument unnötig in den Vordergrund, so dass sich die Lieder ungehindert entfalten können. Wie in diesem Genre üblich verlieren sich die Musiker stellenweise trotzdem in ausgedehnten Instrumentalteilen, die zwar nicht unbedingt langweilig klingen, aber angesichts des Gesangstalents von Nicholls eher unnötig erscheinen.
Die Musik ist dynamisch und verzichtet gerne auf konventionelle Taktarten. Die meisten Stücke brauchen eine Weile, um in die Gänge zu kommen. Dafür steigern sie sich dann oftmals in mitreißende Meisterwerke. Bestes Beispiel hierfür ist Sacred Sound. Die Nummer im 13/8-Takt bewegt sich anfangs in typischen Progrock-Gewässern. Dann mündet die solide Strophe jedoch in einen spannungsgeladenen Refrain, bei dessen no surrender-Teil Nicholls alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Im weiteren Verlauf gibt es noch ein paar Wendungen, die durch den verwinkelten Rhythmus zusammengehalten werden.
Somit wären wir auch bei der vorliegenden Doppel-DVD (Region 0) angelangt. Sie enthält zwei komplette Festival-Auftritte aus dem Jahr 2005. Das Bild ist nur sehr schwach ausgeleuchtet. Von den Projektionen, die die Show untermalen, bekommt nur sehr wenig mit, weil der Fokus auf den Musikern liegt. Der Ton ist dagegen differenziert und transparent. Man kann ihn wahlweise in Stereo oder 5.1 Surround genießen. Die Songs der zweiten Scheibe sind bereits alle auf der ersten enthalten, was eine gewisse Redundanz mit sich bringt. Bei einer Band wie IQ, die seit mehr als 20 Jahren regelmäßig neues Material veröffentlicht, ist die Songauswahl für einen zweistündigen Auftritt zwangsläufig ein potenzieller Kritikpunkt. Ich hätte statt dem konturlosen Born Brilliant lieber noch einen Titel vom genialen Subterranea-Werk gehört – obwohl das Konzeptalbum natürlich bereits in seiner Gesamtheit auf Subterranea: The Concert live festgehalten wurde; andere würden sicherlich (noch) mehr ältere Titel begrüßen. Das alles ändert nichts an der tatsächlichen Setlist, die einen guten Überblick über das Schaffen der Band gibt. So gibt es sowohl Hochmelodiöses (Leap Of Faith) als auch Episches (Harvest Of Souls). Außerdem kommen natürlich Klassiker wie The Wake und Awake And Nervous zum Zug.
Das Bonusmaterial zeigt das Umfeld beim NEARfest und vermittelt einen Eindruck vom wohl wichtigsten Progrock-Festival der heutigen Zeit. Man sieht, wie die Band eine Menge Spaß hat, und bekommt eine Ahnung davon, wie beeindruckend die Veranstaltung wirklich ist. Außerdem gibt es noch Ausschnitte vom Auftritt in Kanada zwei Tage zuvor. Hier ist besitzt die Bildqualität höchstens Bootleg-Niveau, während der Ton erstaunlich gut klingt. Diese Aufnahmen dürften lediglich für Fans interessant sein.
Für Leute, die bei einem der beiden Auftritte dabei waren, ist die Doppel-DVD sicherlich eine schöne Sache. IQ-Fans bekommen ebenfalls reichlich Musik für ihr Geld. Wer die Band eher beiläufig verfolgt, wäre sicher mit einer der beiden DVD hinreichend versorgt. Da es sie aber nur im Doppelpack gibt, lohnt sich der Kauf nur für solche, die ein Faible für Live-Mitschnitte haben.
Veröffentlichungstermin: 17.11.2006
Spielzeit: 267:22 Min.
Line-Up:
Peter Nicholls: Gesang
Michael Holmes: Gitarre
Martin Orford: Keyboards
John Jowitt: Bass
Andy Edwards: Schlagzeug
Label: Giant Electric Pea
Homepage: http://www.gep.co.uk/iq
Tracklist:
IQ STAGE ONE (NEARfest 9. Juli 2005):
1. Secret Sound
2. It All Stops Here
3. Leap Of Faith
4. Born Brilliant
5. The Seventh House
6. Drum Solo
7. No Love Lost
8. Widow´s Peak
9. The Narrow Margin (Middle Section)
10. Guiding Light
11. Harvest Of Souls
12. Awake And Nervous
13. The Last Human Getaway (Middle Section)
14. The Wake
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NEARfest Soundcheck (9:59)
IQ STAGE TWO (Burg Herzberg-Festival 16. Juli 2005):
1. Secret Sound
2. It All Stops Here
3. Born Brilliant
4. The Seventh House
5. Drum Solo
6. No Love Lost
7. Leap Of Faith
8. The Wake
9. Harvest Of Souls
10. Awake And Nervous
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Stage And Screen-Featurette (15:17)
Andy´s First Gig-Featurette (13:16)
Photoshow