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THE OCEAN, INTRONAUT, IRA und MOERTA am 1. Dezember 2007 im Orangehouse, München

Ein langer, schöner Konzertabend mit zwei guten und zwei großartigen Bands.

 

THE OCEAN haben ihr vorläufiges Magnum Opus aufgenommen und haben sich mit WAR FROM A HARLOTS MOUTH, NAHEMAH und INTRONAUT auf ausgedehnte Tour begeben. Leider haben die beiden erstgenannten am vorletzten Tourtag schon die Segel gestrichen, INTRONAUT und die Ausnahmeband aus Berlin waren dennoch ein enormer Grund zur Freude. Und zwar so dermaßen, dass ich höchst pünktlich um 20:00 Uhr vor dem Orangehouse wartete, zusammen mit einigen anderen bemitleidenswerten Musikhörern, die wie ich noch weitere 45 Minuten bis zum Einlass warten mussten.

 

MOERTA
Als Appetizer gut geeignet – MOERTA.

Es lag ein langer Abend vor den 110 tapferen Münchnern mit gutem Musikgeschmack, die das qualitativ minderwertige X-Mas-Festival im Backstage verschmähten und dafür um 21:15 Uhr die Regensburger MOERTA begrüßen durften. Zwischen ISIS und EXPLOSION IN THE SKY pendelten die Soundscapes des Quartetts, die gerne über unbequeme Breaks in heftige Sludge-Gefilde mündeten. Die talentierten Musiker, allen voran Gitarrist und Sänger Florian mit seiner mächtigen Stimme, ließen die Hörer wissen, dass sie zu ihrer Musik hunderprozentig stehen. Als Appetizer war das nicht schlecht, aber der Funke wollte noch nicht so richtig überspringen. Zwar hatten die Musiker eine treue Fangemeinde dabei, weshalb die Publikumsreaktionen wirklich gut waren, aber so richtig umgehauen hat MOERTA die meisten, inklusive mich, nicht. Zugegebenermaßen war ich stellenweise ein wenig abgelenkt, so dass ich hoffe, diese Band noch mal ordentlich zu sehen. Und zwar dann, wenn sie ihre Übergänge ein wenig eleganter gestalten.

 

Die Konstanzer Post-Hardcore-Insitution IRA haben mir die drei Mal, in denen sie

IRA
Ein wenig zahm, die Gefühlausbrüche glichen dennoch einer Zeremonie – IRA.

mir bisher über den Weg gelaufen sind, nicht wirklich was gegeben, vor allem wegen dem schwachen Gesang. Nachdem ich ihre CD nun einige Male gehört habe, war das dieses Mal anders. Im Hinblick auf die beiden folgenden Bands wirkte das Quintett jedoch zu zahm, die Gefühlausbrüche waren nicht intensiv genug, weshalb der Gig ein wenig dahinplätscherte. Vor allem diejenigen, die eher die brutalen Seiten von THE OCEAN zu schätzen wissen, konnten mit IRA gar nichts anfangen. Der Rest spendete freundlichen Applaus und gab sich der vier überlangen Songs aus The Body and the Soil“ hin, die von der Band regelrecht gelebt wurden. Sänger Tobias hatte seine Stimme besser im Griff als zuvor, zeigte eine reife Leistung. Das abschließende Disappear“ glich dann noch einer Zeremonie, die Gänsehaut verschaffte. Schöner Auftritt, aber nichts im Vergleich zu INTRONAUT.

 

INTRONAUT
Nicht nur auf CD großartig – INTRONAUT brillierten auf ihrer ersten Europa-Tour.

Denn die brillierten auf ihrer ersten Europatour. Das großartige Debütalbum Void“ ist zwar schon ein Jahr her, gastiert aber noch immer in schöner Regelmäßigkeit in meinem CD-Player. Als die Band um 23:15 Uhr ihr Set mit A Monolithic Vulgarity“ einleitete, waren jene, die mit der Band schon vertraut waren, sofort begeistert. Die Eingewöhnungsphase für die Neulinge dauerte ein wenig länger, mitunter bis zum Ende des Sets. Was die vier aus Los Angeles jedoch präsentierten, war feinster, deutlich von Jazz-inspirierter Sludge mit Progressive Metal-Schlagseite, der voll ins Blut ging. Bassist Joe Lest spielte großartige Basslinien, die fernab von belanglosem Metalgeschraddel waren und stellte zusammen mit Drummer Danny Walker ein tonnenschweres Grundgerüst für die verspielten Gitarren dar. INTRONAUT lieferten in dem 45minütigem Set zwar keine akrobatischen Verrenkungen ab, die Klänge wurden dennoch intensiv dargeboten. Songs wie das bekannte Gleamer“, sowie The Challenger“ und Whittler of Fortune“ von der neuen EP The Challenger“ wirkten auch so wunderbar. Der Ausfall der Samples zwischen den Songs war schade, aber der höchst sympathische Sänger Sacha kam beim Publikum mindestens genauso gut an. Erwähnenswert ist auch der neue Gitarrist Dave, für den INTRONAUT seine erste Metalband darstellte. Richtig gut gemacht, die Sache. Schade, dass nach 45 Minuten die großartige Show vorbei war. Wenigstens gab es als Betthupferl noch das wunderschöne Nostaligia“ zu hören.

 

Gegen halb eins entführten THE OCEAN das noch immer tapfer vorhandene Publikum in die tiefe Vergangenheit unseres Planeten. Auf dieser Tour bestehend aus den Sängern Mike Pilat und dem altbekannten Nico Webers, sowie den Neuzugängen Walid Farruque und Hannes Huefken an Gitarre und Bass. Die Konstante des THE OCEAN-Line Ups, Drummer Torge Ließmann und Bandkopf Robin Staps, sorgten zumindest für optischen Wiedererkennungswert. Der war aber scheißegal, ehrlich. Denn hier ging es um tiefste Musik und eine intensive Live-Show, zwischen Wahnsinn und Schönheit, unterstützt von großartigen Visuals. Calymmian“ leitete das Set langsam und würdig ein, wurde dann mächtig und wütend und bewies, dass Precambrian“ nicht nur im Wohnzimmer, sondern auch im Konzertsaal bestens funktioniert. Dass auch auf dem brutalen Vorgänger Aeolian“ ähnliches Material enthalten war zeigte Inertia“, das in eine dicke, schöne Wolkendecke eingepackt war. Gänsehaut erzeugend war das Konzert, auch wenn Sänger Mike Pilat aufgrund des letztens Abends mit INTRONAUT ein wenig zu sehr in Partylaune war, um diese Musik präsentieren.

 

THE
Eine intensive Live-Show, zwischen Wahnsinn und Schönheit, unterstützt von großartigen Visuals – THE OCEAN.

Authentisch waren die 75 Minuten dennoch. Vor allem bei Ectasian“ und Stenian“, die Highlights von Proterozoic“, der epischen der beiden Precambrian“-CDs. Hier wurde großflächig emotionalste, extreme Musik zelebriert, bei der es auch nicht störte, dass die klassischen Instrumente vom Band kamen. Der abwechslungsreiche Gesang der Scheiben konnte auch live annähernd wiedergegeben werden, Mike Pilat beherrschte sämtliche Spannweiten und überließ Nico Webers gerne die extremen Passagen um selbst mit einer guten, klaren Stimme zu glänzen. Orosirian“, bzw. For the Great Blue Cold Now Reigns“ war, auch wenn er auf CD nicht mit dem restlichen Material mithalten kann, live der absolute Hammer. Hier gaben sowohl die Audienz, als auch die Musiker alles. Mehr ging es nur bei den Songs von Aeolian“ ab. The City in the Sea“ und One with the Ocean“ sind Hymnen, die bei jedem Publikum frenetische, ekstatische Reaktionen hervorrufen. Die kann neues, aber dennoch großartiges Material wie Hadean“ und Eaorchean“ noch nicht hervorrufen, die brutalen Songs der ersten CD des neuen Albums stehen dem Vorgängeralbum jedoch absolut in nichts nach.

 

Das Set ging mit großartigem Sound, sehr intensiven, bedrückenden Visuals und dem wahnsinnig gutem Abschlussong Queen of the Food-Chain“, sowie der Zugabe Austerity“ zu Ende, und hinterließ ein fassungsloses Publikum, sowie eine erschöpfte, brillante Liveband. Jenseits von irgendwelchen Genregrenzen zeigten THE OCEAN, wie man anspruchsvolle, heftige Musik umzusetzen hat. Wir freuen uns auf das nächste Mal, wenn diese Band uns beehrt.

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