THE BLUE SEASON, 19.4.2003, Esslingen, Ad Astra

Auch ohne ihre Mafiapaten-Sängerin konnten die ersatzgeschwächten Göppinger eine glanzvolle CD-Präsentation hinlegen.

Es hatte THE BLUE SEASON ausgerechnet auf ihrer CD-Präsentation im stimmungsvollen, inmitten der mittelalterlichen Innenstadt von Esslingen gelegenen Pub von Sänger Oli Zillich bös erwischt. Genauer gesagt hatte es Sängerin Natalie erwischt. Sie begrüßte dank einer üblen Halsentzündung die Gäste mit einer Stimme, die an diverse Mafiapaten erinnerte, und der Hiobsbotschaft, dass sie den Gig nicht mitbestreiten können würde. Doch es spricht für THE BLUE SEASON, die sich den Abend sicherlich anders vorgestellt hatten, dass sie nicht frustriert absagten, sondern ein Notprogramm auf die Beine stellten, bei dem Oli sämtliche Gesangsparts übernahm. Und auch wenn er selbst das nicht so recht glauben wollte: Er machte seine Sache prima, und nach einer kurzen Eingewöhnungsphase entfalteten die Songs des neuen Albums „Cold“ ihren eigentümlichen Zauber. Zwar wirkte das Material ohne die ausgiebigen Gesangsduelle etwas einförmiger, doch Tracks wie „Forever Torn“, „When I Fall Asleep“ und „Surrounding“ sind stark genug, um auch so genug zu faszinieren. Und selbst der Hitsong „Hours and Hours“ mit seiner prägnanten Refrainmelodie vertrug die Umstellung hervorragend und ließ die vollgestopfte Location begeisterten Beifall spenden. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse war zwar viel Show nicht möglich, dafür verlieh die kleine Bühne direkt neben der Eingangstür dem Auftritt eine besondere, intime Note. Ergänzt wurde dies durch ein gemeinsames Solo von Schlagzeug und Percussion.

Nach einer Umbaupause, in der zwei Feuerspucker beinahe die Gasse vor dem Pub mitsamt meinem – zugegeben äußerst untruen – Fahrrad in Brand steckten und dem mittelalterlichen Ambiente der Stadt noch zusätzlichen Charme verliehen, ging es wieder hinein, um dem zweiten Set von THE BLUE SEASON zu lauschen. Dafür hatte sich die Band etwas besonderes einfallen lassen: Erstmals sollten einige Songs in Unplugged-Versionen aufgeführt werden. Bassist Bernd König, der die Band mittlerweile leider verlassen hat, griff dafür zur zweiten Akustikklampfe. Hier wurde die Lücke, die Natalie an diesem Abend hinterließ, schon bemerkbarer, dennoch konnten die nach Aussage der Band kurzfristig auf Akustik-Gitarren umgemodelten Songs überzeugen, sie funktionierten auch so prima. Die ausschweifenden Melodiebögen von Gitarrist Jogi bekamen etwas Zerbrechliches, Introvertierteres, während das Hauptaugenmerk noch mehr auf den gefühlvollen Gesangsmelodien lag. Man konnte der im Publikum stehenden Natalie jedenfalls ansehen, wie gerne sie sich zu ihren Jungs auf die Bühne gesellt hätte. Doch auch so erreichte die eine oder andere Gänsehautattacke die Zuschauer. Bleibt zu hoffen, dass dieses Set bei Gelegenheit nochmal wiederholt wird, wenn Natalie auf dem Damm ist!

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