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SUFFOCATION, CENSORED, CREMATION: Zürich, Werk 21, 28.03.2007

Ein unzensierter, atemberaubender Death Metal-Abend, der gegen Ende beinahe krematioriumswürdige Hitzegefilde erreichte…

Seit Jahren ist die Schweizer METAL DIE HARD FRONT ein Garant, wenn es um gepflegten Lärm in Form von Death Metal und Grindcore geht, egal ob sich die laute Darbietung in der verträumt-bergigen MOUNTAINS OF DEATH-Festivalumgebung oder in einem stickigen Club abspielt. Wenig überraschend also, dass in der mit Konzerten geballten letzten Märzwoche auch die Krachfanatiker auf ihre Kosten kommen würden, die sich schon seit Wochen den Start der Kill or be killed-Tour von SUFFOCATION blutrot angestrichen hatten. So war denn auch klar, dass die Ticketbeschränkung auf 250 Exemplare für das Werk 21 sehr wohl seinen Zweck erfüllte. Das Kellergewölbe war kurz nach acht schon sehr gut gefüllt und zeigte sich bereit für die folgende Wärmeproduktion durch die todesmetallisch interessierte Menge.

Cremation
Waren mit Leidenschaft bei der Sache, konnten die hinteren Reihen aber nicht erreichen – CREMATION

Gegen halb neun betraten dann die Opener CREMATION aus Brig im Kanton Wallis – die Heimat vom Matterhorn, tollen Erdbeeren und Wein – die kleine Bühne. Dass die Stage nicht riesig ist, ist allgemein bekannt. Doch da gleichzeitig zwei Drumkits hintereinander aufgestellt waren, fragte man sich, ob die Abschrankung vor der Bühne nicht dazu da war, zu verhindern, dass Musiker ins Publikum purzelten. Derlei Gedanken machte das Walliser Quintett allerdings sogleich den Garaus und startete von Kreisbanging begleitet ihr todesmetallisches Set. Fronter Spiga, der sonst als Mischer durch die Welt zieht, gab sich mal bedrohlich grunzend, dann wieder aggressiv kreischend, was einige Parts in fast schon schwarzmetallisch anmutende Sphären hob. Seine Ansagen im urchigen Walliserdeutsch waren – wenig überraschend – nicht für alle verständlich, zumal das Verständnisproblem bei zusätzlichem Grunzen noch gesteigert wurde. Vor Blowback jedoch ließ Spiga bezüglich Eindeutigkeit keine Zweifel offen und selbst Walliserdeutsch-Unmächtigen war die Bedeutung vom deklarierten Fuck Faschos, fuck NSBM mehr als klar. Die entsprechende Ansage stieß auf johlende Zustimmung und Gitarrero Oggio war nicht der einzige anwesende NAPALM DEATH-Fan.

Auch für ihre musikalischen Aktionen ernteten die Walliser positives Feedback. Songs wie Thinktanks, Bastardo, Gorian, Delirium Tremens und Murderous Thoughts boten abwechslungsreichen Death Metal, der hier und da auch mit schleppenden, kranken Parts und Gitarrensoli aufwartete. Die Rhythmus-Fraktion wusste ebenfalls, was sie zu tun hatte. Basser Thomas, der erst vor etwas mehr als einem Jahr zu CREMATION gestoßen war, zupfte sich durch seine Parts, als hätte er seinen Posten am Tieftöner schon seit der Bandgründung inne. Da brachten ihn auch die nicht gerade einfachen Drumlines des schuhlosen John Malkovich-Lookalikes Ramon aus der Ruhe. Obschon die Walliser durchaus mit Leidenschaft bei der Sache waren, schien das Publikum in den hinteren Reihen noch nicht ganz aufgetaut zu sein, beziehungsweise seine Kräfte an diesem Werktag noch etwas schonen zu wollen. Daran änderte auch das abschließende Ratrack nichts, mit dem sich CREMATION gewohnt brachial verabschiedeten.

Cremation
CREMATION Live im Züricher Werk 21 am 28. März 2007

Censored
Zeigten sich gewohnt technisch versiert, vergaßen aber trotz Technich nicht die groovenden, frontal abgehenden Parts – CENSORED

Der folgende Auftritt CENSOREDs verzögerte sich aufgrund von technischen Problemen. Doch selbst ein etwas verkorkster Start schien die Zürcher Death Metaller nicht aus der Fassung zu bringen. So legte das Trio leidenschaftlich und mit vollem Körpereinsatz mit dem Opener ihres aktuellen Albums In-Existence los. Down by law verfehlte seine Wirkung auf das Publikum nicht, und sogleich gerieten nicht nur die Köpfe der CENSORED-Shirt-Träger in Bewegung. Das todesmetallische Trio zeigte sich gewohnt technisch versiert, vergaß aber trotz Technik nicht die groovenden, frontal abgehenden Parts, welche nicht nur Songs wie Threatened with Extinction und Out of Breath zu formidablen Death Metal-Brettern machen. Diese stießen beim Publikum auf großes Wohlwollen, genauso wie Manus Ansage zu Prone to kill, in der er sich gegen Fanatismus und Rechtsradikalismus aussprach. Abgesehen von den getriggerten Bassdrums, mit denen ich mich einfach nicht anfreunden kann und die leider jede Band des Abends benutzte, überzeugten die Zürcher musikalisch auf der ganzen Linie. Manu meisterte Bassakrobatik mit gleichzeitigem Grunzen und die charismatische Frontmann-Position dazu, Nik trieb die Chose souverän mit technisch-vertrackten Trommelspielereien an und Marcel garnierte die Songs mit wespenwilden Gitarrenläufen. Mit Suicide Machine, Codification Interrupted und Faint wurde klar, dass der Schwerpunkt auf der Präsentation des aktuellen Werkes lag und Uralt-Kracher wie Bloody Butchery es wohl nicht in das dichte Set geschafft hatten. Sei es drum, die geile Performance hatte es auch so in sich und wurde mit einer abgestimmten Licht-Show passend abgerundet.

Censored
CENSORED Live im Züricher Werk 21 am 28. März 2007

Suffocation
Bliesen jeglichen Gedanken an schwächere Live-Zeiten hinfort – SUFFOCATION

Mittlerweile war der Thermometerstand und die Luftfeuchtigkeit im Saal auf tropische Höhen gestiegen und als SUFFOCATION die Bühne betraten, hätte man die – Nomen est Omen – stickige Luft beinahe mit dem Schwert zerteilen könne. Der herzliche Empfang tat es den New Yorkern durchaus an und sie quittierten ihn mit einer energiegeladenen Show. Vielen war der letztjährige Auftritt der Amis am MOUNTAINS OF DEATH noch in Erinnerung, zumal er krankheitsbedingt nicht ganz so wild ausgefallen war. Doch solche Gedanken an schwächere Zeiten bliesen SUFFOCATION umgehend weg. Schon Infecting the Crypts, Abomination Reborn vom aktuellen Album Suffocation und Thrones of Blood brachten die Zuhörerschaft in Wallung. In den Ansagen gab sich Fronter Frank Mullen nicht als böser Grunzbrocken, sondern eher in freundlicher Plauderlaune und vor Prelude to Repulsion auch als Promoter des Death Metals, dem Musikstil, wo man alles machen kann, was man möchte. Auch Surgery of Impalement vom Souls to Deny-Output und das obergeile Liege of Inveracity vom kultigen Effigy of the Forgotten-Meisterstück verfehlten ihre Wirkung auf die Death Metal-vernarrte Meute nicht. Wegen der niedrigen Decke war Crowd-Surfing nicht unbedingt empfehlenswert und wurde somit nur vereinzelt betrieben. Doch reihenweise wurde hingebungsvoll dem Headbanging gefrönt, dass keine Zweifel aufkamen ob der sehr positiven Publikumsresonanz.

Obschon die Killermaschine SUFFOCATION sich mit gewohnter Brachialität auch durch Songs wie Entrails of you, Catatonia und Pierced from Within pflügte, ließen sich zu Beginn kleinere, wohl Jetlag-bedingte Unsicherheiten ausmachen, die jedoch von den New Yorkern gewohnt professionell überspielt wurden und der Begeisterung keinen Abbruch taten. Immer wieder bekundete Frank Mullen auch seine Freude darüber, wieder in der Schweiz zu spielen, und dass Weed überall in Zürich im richtigen Sinn verstanden wird, dürfte bei der Death Metal-Truppe kaum auf Abneigung stoßen. Mit Bind Torture Kill und Tomes of Acrimony bewegte sich das Schlachtschiff dem nahenden Ende der Performance zu. Nachdem der redselige Fronter noch erklärt hatte, dass mindestens drei Personen in seinem Kopf lebten, war die Zeit für Translucent Patterns of Delirium gekommen. Noch einmal verausgabten sich Band und Publikum und ließen das Werk 21 definitiv zur Sauna werden. Schließlich verabschiedeten sich die Amis mit Funeral Inception in brutal-gekonnter Art und Weise und hinterließen eine glückliche Menge, die sie mit einer abwechslungsreichen Setliste mehr als befriedigt hatten.

Suffocation
SUFFOCATION Live im Züricher Werk 21 am 28. März 2007

Ähnlich gegensätzlich wie das Eisbad nach dem Saunabesuch leerte sich das Kellergewölbe rasant nach dem letzten Verhallen des Beifalls. Rasch und unvermittelt war die Realität in die todesmetallische Tropenwelt eingebrochen. Der letzte Zug nach Hause musste erreicht werden und die Gedanken wieder in Ordnung gebracht für den folgenden Arbeitstag. So strömten die erhitzten Leiber ähnlich wie Aschenputtel um Mitternacht in die kalte Nacht hinaus. Noch immer raste das Blut durch die Adern, noch immer klebte das Shirt von Schweiß getränkt an der Haut, und noch immer hämmerten die letzten Klänge von SUFFOCATION gegen die Schädeldecke. Doch es war nicht das Ende aller Enden…

Fotos: Andreas Szabo

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