TRAP THEM: Angst als ungeschriebenes Gesetz

"Darker Handcraft", ein passender Titel für ein von Frustration und Wut durchzogenes, verzweifeltes Album, das TRAP THEM als eine Band manifestiert, die den Status des Geheimtipps hinter sich gelassen hat. Zwischen Hardcore, Death Metal, Grind, Crust und Punk ist das Drittwerk der US-Amerikaner ein Garant dafür, Bühnen und die Wohnzimmereinrichtung zu zerlegen – die Lizenz zum Aufstand eben. Im Zuge der alles verwüstenden Europatour mit ROTTEN SOUND, GAZA, THE KANDIDATE und HAUST sprechen wir mit zwei von vier Bandmitgliedern. An einem schönen Frühlingstag machen es sich Sänger und Lyriker Ryan McKenney, der wie üblich aussieht, als wäre er arg vermöbelt worden, und der zappelige Schlagzeuger Chris Maggio vor der Münchner Kranhalle bequem und quasseln mit uns über alles, was es zu "Darker Handcraft" zu erfahren gibt.

Darker Handcraft, ein passender Titel für ein von Frustration und Wut durchzogenes, verzweifeltes Album, das TRAP THEM als eine Band manifestiert, die den Status des Geheimtipps hinter sich gelassen hat. Zwischen Hardcore, Death Metal, Grind, Crust und Punk ist das Drittwerk der US-Amerikaner ein Garant dafür, Bühnen und die Wohnzimmereinrichtung zu zerlegen – die Lizenz zum Aufstand eben. Im Zuge der alles verwüstenden Europatour mit ROTTEN SOUND, GAZA, THE KANDIDATE und HAUST sprechen wir mit zwei von vier Bandmitgliedern. An einem schönen Frühlingstag machen es sich Sänger und Lyriker Ryan McKenney, der wie üblich aussieht, als wäre er arg vermöbelt worden, und der zappelige Schlagzeuger Chris Maggio vor der Münchner Kranhalle bequem und quasseln mit uns über alles, was es zu Darker Handcraft zu erfahren gibt.

Hallo Ryan und Chris, ich habe vor ein paar Wochen einen Film namens A Serbian Film gesehen, der meiner Meinung nach ziemlich gut das verkörpert, für das TRAP THEM stehen. Kennt ihr ihn?

Ryan: Ich habe von ihm gehört, aber ihn noch nicht gesehen.

Chris: Steht er für dich in direkter Beziehung zu einem Song von TRAP THEM?

Nein, aber das Konzept von expliziter Gewalt und Verzweiflung trifft auch auf eure Musik zu.

Chris: Ich kenne mich mit Filmen gar nicht aus, dafür ist Brian (Izzi, Gitarrist – Anm. d. Verf.) zuständig. Er hat ihn sich einmal angeschaut, kam danach zu uns runter und meinte, er sei ziemlich verstörend gewesen. So sehr, dass er ihn wieder von seinem Computer löschen musste, damit ihn niemals jemand wieder anschaut.(lacht)

Ryan: Ich finde, solche Filme sind generell ziemlich verdorben. Und da ist es genauso wie in der Musik. Ich mache Musik auch nicht, weil ich gut drauf bin, sondern weil ich zeigen will, dass gewisse Aspekte des Lebens ziemlich abgefuckt sind. Ja, ich kann unsere Musik gut mit solchen Filmen assoziieren.

Das Credo von eurem neuen Album Darker Handcraft lautet: Where there is no light, there is chaos. Das ist ziemlich gegensätzlich zu eurem neuen Material, das ja doch etwas eingängiger geworden und klarer strukturiert ist.

Ryan: Hier geht es eher um den inhaltlichen Aspekt des Albums und den generellen visuellen Aspekt der Band. Ich finde auch, dass die Musik heute ein wenig zugänglicher und mit einem unbestimmten Ende versehen ist.

Chris: Dabei geht es eben eher um das gesamte lyrische Konzept von Anfang an, um das Leben in der Stadt, um das es sich in den Texten dreht.

Ryan: Dieses Zitat schoss mir in den Kopf, weil es so verdammt gut dazu passte. Es stammt aus einem Buch, das ich kürzlich gelesen habe, in dem es um Blaupausen für Hip Hop-Alben ging. Das erste BDP-Album in den Achtzigern, über das in dem Buch geschrieben wurde, handelte davon. KRS-Ones Mutter sagte ihm, als er noch klein war: Bleib drin, denn where there is no light, there is chaos. Sie wollte eben, das er zu Hause bleibt, und sich nicht in Gefahr bringt. Und dieses Zitat fasst wirklich alles auf dieser Welt zusammen.

Ich habe kürzlich einen Artikel in einer Wissenschaftszeitschrift gelesen, in dem es um einen Stromausfall in New York ging, wo für Stunden nichts mehr ging. Dort breitete sich dann auch das Chaos innerhalb von Minuten in den Straßen aus. Geht es da um dieselbe Zeit?

Ryan: Ja, das war circa 1977, zu der Zeit, als Son Of Sam, ein berüchtigter Serienmörder, in New York sein Unwesen trieb. Zu dieser Zeit wuchs KRS-One auf, und da war Panik an der Tagesordnung in New York. Das war damals ein wirklich verkommener Ort.

Chris: Ich wuchs zehn Minuten außerhalb von New York auf, meine ganze Familie stammt aus Queens, Bronx, Brooklyn, Long Island und so weiter. Die Medien versetzten die Menschen damals systematisch in Angst, davon war die ganze Tri-States-Area, New York, New Jersey und Pennsylvania, betroffen. Als Kind hatte ich Angst vor New York, der Dunkelheit, davor vergewaltigt zu werden, drogenabhängig zu werden und so weiter. Das Fernsehen in dieser Gegend drehte sich damals nur um die Verbrechen, die dort stattfanden. Es war verrückt in den Siebzigern und Achtzigern. Heute betrachte ich das als Verschwörung gegen die Menschen, es sollte Angst aufgebaut werden. Angst als ungeschriebenes Gesetz. Einfach vor allem Angst haben und bestimmt zu werden.

Kommen wir zurück in die Gegenwart, die nicht viel besser ist, aber wenigstens Darker Handcraft bereit hält. Liegt dieser neuen Zugänglichkeit eine natürliche Entwicklung zugrunde?

 

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Minimalistisch und pechschwarz: Das Artwork zu Darker Handcraft von Justin Bartlett.

Ryan: Die Musik auf Darker Handcraft umfasst das gesamte Spektrum unserer Diskografie, und wir haben darauf auf das, was jetzt offensichtlich ist, auch früher schon hingewiesen. Schon auf unserem Debüt Sleepwell Deconstructor gab es ein paar Rocksongs, selbst wenn diese mit Blast Beats versehen waren. Aber im Laufe der Zeit fühlte es sich besser an, rockiger zu werden. Und wenn ich mir Darker Handcraft anhöre, dann ist jeder Song ein zugänglicher Livetrack. Ich würde niemals ein Album schreiben wollen, auf dem sechs gute Songs stehen und die anderen sechs einfach nur Füllmaterial sind, die man im Studio ausscheißt. Im Punk und Hardcore, sogar in den meisten Formen von Metal ist das ungeheuer wichtig. Wenn man Songs schreibt, dann soll es nicht dafür sein, in ein Mikrofon mit einem Produzent zu schreien, das muss raus auf die Bühne. Unser Ziel war es, etwas zugänglicher zu werden, dabei aber kompromisslos zu bleiben. Dass es dieses Mal etwas rockiger klingt, das kommt einfach daher, weil wir uns damit wohl fühlen.

Das Presseinfo beschreibt euch als Mischung aus ENTOMBED, CONVERGE und BLACK FLAG, was eine der treffendsten Beschreibungen ist, die ich seit langem gehört habe.

Chris: Ich denke nicht, dass jemand von uns CONVERGE als musikalischen Einfluss sieht, viel mehr haben wir dieselben Einflüsse. Da sie meine besten Freunde sind, da ich sie liebe, nehme ich von ihnen persönlichen Einfluss auf, aber eben als Mensch.

Ryan: Ich finde, das ist auch nicht so. Aber es kommt darauf an, was man von diesen drei Bands zieht. Die Gitarren von ENTOMBED, eine Eile, die eine Parallele zu dem zieht, wie CONVERGE sich präsentieren, und mein persönlicher Wunsch, dass man BLACK FLAG heraus hören könnte, kommt auch irgendwie raus, wenn man die Gewalt sieht.

Chris: Ja, ich fände das auch gut, ich habe BLACK FLAG-Tattoos. (lacht) Aber sieh es mal aus einem anderen Licht – wir klingen nach diesen drei Bands, auch wenn wir sie nicht als direkte Einflüsse betrachten. Das ist großartig! Das sind drei verdammt gute Bands, alle drei stehen in ihrem Genre an der Weltspitze. Das macht mich glücklich.

Ryan: Ich will mit allen Bands verglichen werden, außer mit SLAYER.

Chris: Nichts gegen SLAYER, sie sind großartig. Sie haben unserer Welt gezeigt, aus welchen Teilen sie eigentlich besteht.

Wie lange hat das Songwriting eigentlich gedauert?

Chris: Soll ich die lange, oder die kurze Version erzählen? Nehmen wir die Medium-Version. Angefangen haben wir im Mai letzten Jahres, Ende September waren wir fertig. Aber realistisch gesehen haben Brian und ich dreieinhalb bis vier Wochen in Louisville, Kentucky zusammen gesessen und Ideen, sowie Arrangements auseinander genommen. Wir haben die Rohfassungen dann auf einem Stereorecorder aufgenommen und Ryan geschickt, damit er an den Texten arbeiten kann. Brian spielte mir seine Riffs vor, dann wählte ich die aus, zu denen mir gute Ideen am Schlagzeug einfielen. Ein Beispiel ist All By The Constant Vulse. Wir sprachen darüber, was Darker Handcraft schon alles hatte, und was wir noch brauchten. Aus einem anderen TRAP THEM-Song entliehen wir da ein Thema und bauten es um. Es ist witzig mit Brian, manchmal ist er der schnellste Kerl auf der Welt, dann frage ich mich, was da zur Hölle passiert. Ein Song wie The Facts wurde in ungefähr zwanzig Minuten geschrieben, aber wir hingen daran gute zehn Tage fest.

Um die Details auszuarbeiten?

Chris: Ja, um den Song zu proben, die Details auszuarbeiten und etwas zu experimentieren. Ryan zauberte derweil zu Hause seine Parts, was Brian und ich dann anderthalb Monate später gezeigt bekamen, als wir im Studio waren. Wir trafen uns erst bei Kurt Ballou (Produzent und CONVERGE-Gitarrist – Anm. d. Verf.), da Ryan 1.400 Meilen von uns entfernt wohnt. Alles in allem war das Album in ein paar Wochen geschrieben, aber im Studio mussten wir auch noch daran arbeiten, als wir mit Kurt letzte Hand daran anlegten.

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Riffmeister, der in zwanzig Minuten ganze Songs fertig stellt: TRAPP THEM-Gitarrist Brian Izzi.

Das Album klingt generell sehr spontan und schnell. Zumindest, wenn ich eine Band wie BETWEEN THE BURIED AND ME mit TRAP THEM vergleiche.

Chris: In den Siebzigern funktionierten solche langen Songs ganz gut, da hatten die Leute auch noch eine längere Konzentrationsspanne. Sind es nicht BETWEEN THE BURIED AND ME mit dem Song, der nach WEEZER klingt und dann völlig aus dem Ruder läuft. Das sind wirklich gute Musiker!

The Facts klingt ein wenig nach KVELERTAK.

Ryan: KVELERTAK sind gute Freunde von uns, auf deren Album habe ich ja auf einer Nummer gesungen. Diese Ähnlichkeit von The Facts zu KVELERTAK kommt vielleicht vom Studioaufenthalt. Kurt dachte jedenfalls bei The Facts, dass ein Tamburin gut kommen würde, aber Brian war für ein Piano, es sollte eine extreme Version eines QUEENS OF THE STONE AGE-Songs werden. Bands wie KVELERTAK sind jedenfalls fantastisch, seit ihrem ersten Demo sind wir schon mit ihnen in Kontakt, wir haben mit ihnen eine gewisse Beziehung.

Chris: Die Sache mit Kurt ist, dass er ein paar Instrumente hat, die er immer in seinen Produktionen enthalten haben will. Er sagt: Chris, nimm das Tamburin und spiele darauf! Wenn du es nicht auf der Platte haben willst, weil es scheiße klingt, lasse ich es im Mix unter gehen, so dass es keiner bemerkt.

Ryan: Diese ganze Verwandtschaft kommt von TURBONEGRO. Skandinavischer Rock, du musst ihn einfach lieben. Wenn nicht, läuft etwas gewaltig falsch.

Chris: Das alles kommt aber aus den USA der Sechziger Jahre.

Klar, alles stammt vom selben ab. Jedenfalls ist eines meiner Lieblingsstücke des Albums Sordid Earnings. Das kann ich mir super als Intro für die Show vorstellen.

Ryan: Eines Tages, als mir Chris und Brian ein paar Demos schickten, spielte Brian Sordid Earnings schon als Schlussriff von All By The Constant Vulse. Im Studio war ich dann der Meinung, dass dieses Riff nicht untergehen dürfte, weil es verdammt einfach viel zu großartig ist.

Chris: Brian und ich sprachen in Louisville auch schon darüber, wir hatten also eine ähnliche Grundidee, weil das Riff so seltsam und episch war.

Ryan: Als ich das gehört habe, war mir klar, dass dieser Songs nichts von mir brauchte. Keine Texte, keinen Gesang. So entstand das erste Instrumental von uns, ich bin wirklich zufrieden mit diesem Stück. Es ist ganz anders als alles, was wir bisher gemacht haben.

Chris: Hätten wir die Zeit gehabt, hätte ich zwischen allen Songs so ein Interlude schreiben wollen.

Ähnlich ungewöhnlich ist Drag The Wounds Eternal, das ebenfalls sehr langsam ist, aber eine ähnliche Richtung wie Sordid Earnings einschlägt.

Ryan: Brian stand im Studio und meinte, das er einfach keinen weiteren Song mehr schreiben könnte, er war ziemlich ausgelaugt. Chris und ich waren im Studio, er spielte sich am Schlagzeug warm, ich schrie in das Mikrofon. Nach einiger Zeit nahm Kurt die Elemente, die wir spontan von uns gaben, und fing an, das zusammen zu basteln. Plötzlich begann alles Sinn zu machen, was da passierte.

Chris: Drag The Wounds Eternal war auch mein erster Lieblingssong auf dem Album. Ich hatte überhaupt keine Idee, was da heraus kommen würde. Ich war ziemlich sauer, das weiter spielen zu müssen, nur weil Kurt es so wollte. Ich war auch ziemlich ausgebrannt an diesem Tag. Als ich mir mit Kopfhörern die Aufnahmen anhörte, begann ich Muster heraus zu hören, die sich immer wiederholten. Der ganze Song basierte auf gar nichts, ich hatte nur ein paar Ideen im Kopf, die kein Ziel hatten, und schließlich entstand der Songs dann doch. Es ist einfach eine Verschmelzung verschiedener Beats und wurde zu meinem ersten Lieblingssong auf dem Album. Und ich liebe ihn immer noch. Viele Leute mögen den Song gar nicht, und wenn er ankommt, dann nur bei den Mädchen. (allgemeines Gelächter) Die ersten Leute, denen ich das Stück vorspielte, waren mein Kumpel und seine Freundin. Er schlief unter dem Hören ein und sie sagte schließlich bei Drag The Wounds Eternal: Wow, den Song mag ich!

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Ich würde niemals ein Album schreiben wollen, auf dem sechs gute Songs stehen und die anderen sechs einfach nur Füllmaterial sind, die man im Studio ausscheißt. Ryan McKenney stellt gewisse Ansprüche an die Alben von TRAP THEM. 

Ryan: So war es auch bei mir mit meiner Frau. (lacht)

Chris, wie lange bist du eigentlich schon in der Band? Darker Handcraft ist dein erstes Album für TRAP THEM, richtig?

Chris: Das erste volle Album. Wir haben schon die Filth Rations-EP zusammen aufgenommen. Seit anderthalb Jahren bin ich fest dabei, aber im Juni 2009 haben wir begonnen, zusammen zu arbeiten. Ich habe vorher bei COLISEUM gespielt, da haben wir uns kennen gelernt. Ein halbes Jahr später war Brian für ein paar Tage in Louisville mit ein paar fertigen Songs, die wir nur eine Woche später mit Kurt aufnahmen. Mit Filth Rations war ich dann auch recht zufrieden, es war nur eine drastische Änderung von dem, was ich mit COLISEUM gemacht habe. TRAP THEM wurden dadurch auch etwas reifer und zugänglicher, andererseits aber auch ein bisschen technischer.

Das klingt so, als hättet ihr jetzt das perfekte Line-Up gefunden.

Ryan: Ich bin mit der aktuellen Situation sehr glücklich. Ich spiele seit fünfzehn Jahren in Bands, aber zum ersten Mal kann ich sagen, dass ich in einer richtigen Band spiele. Es fühlt sich gut an, in einem Van rumzufahren und jeder, der im Bus sitzt, hat dieselbe Vision. Es ist eine gleichgestimmte Einheit. Jeder hat zwar seine eigenen Charaktereigenschaften, aber alle haben die gleiche musikalische Einstellung, und das ist großartig. Gerade in dieser Musikrichtung ist das eher ungewöhnlich, da die Lebensspanne von Punk- und Hardcore-Bands nicht wirklich lange ist. Sie fabrizieren zwei Alben, bevor sie sich gegenseitig auf den Sack gehen und sich auflösen. Wir sind vier Typen in den Dreißigern, die immer noch Freude daran finden, diese Musik zu spielen und einen Sinn dahinter sehen. Das ist verdammt großartig.

Die Songs sind jedenfalls wieder in der Form Tag: Titel angeordnet. Wie schon auf Seizures In Barren Praise läuft das nicht in chronologischer Reihenfolge ab. Was sagt uns das?

Ryan: Es ist alles in der selben Basis verwurzelt. Fiktionale Charaktere und ihre Geschichten. Das allgemeine Vorbild der Frustration wurde im Laufe der Zeit zu einer schizophrenen Natur. Nicht alles macht Sinn und läuft in geraden Bahnen, immer geradeaus ab. Ich schreibe einige Texte, bevor die Musik dazu überhaupt steht. Alles muss vermischt werden und hat dieselben Elemente, daher kommt diese Vorgehensweise. Ich finde es außerdem wichtiger, dass die Songs einen guten Fluss haben und sich nicht von den Texten beeinflussen lassen. Von den Worten, die ich schrieb, landete sowieso fast nichts auf dem Album. Alle Vocals, die ich eingesungen habe, stammten von den Texten, die ich schrieb, fielen aber deutlich anders aus – ich ließ mich von meinen eigenen Lyrics inspirieren.

Das ist eine recht ungewöhnliche Arbeitsweise.

Ryan: Eigentlich gibt es drei Versionen der Texte, denn live sind sie nochmals anders. Es gibt die literarische Version, die niedergeschrieben wurde. Die Studioversion ist komplett anders, alles ist hier komprimiert. Und das Liveformat ändert sich schließlich sogar jeden Abend. Ich habe so viel Respekt für das, was die anderen aus der Band gemacht haben, so dass ich nicht einfach ins Studio gehen konnte und die Texte vom Blatt singen konnte. Das wäre der Musik nicht gerecht geworden.

Das ist also ein Grund, warum die Texte nicht abgedruckt wurden.

Ryan: Es gibt sogar mehrere Gründe. Ich finde nicht, dass es der optischen Darbietung des Albums entspricht, die Texte abzudrucken. Da werden natürlich diejenigen enttäuscht sein, die gerne Texte lesen, aber sie müssen einfach nicht im Booklet enthalten sind. Aber mein persönlicher Plan ist ja, dass ich alle Texte bald in einem Buch veröffentlichen werde, da ist dann von Day One an alles abgedruckt. Das ist für mich ein sinnvolleres Vorgehen. Booklets mit Texten machen meistens natürlich Sinn, aber manchmal passen sie nicht zu dem, was vorgeht, oder wie es dargestellt werden soll.

Das Artwork von Justin Bartlett ist wieder sehr morbide und fasst die Atmosphäre des ganzen Albums gut zusammen. Hat er aufgrund der Musik dieses Artwork gemacht?

Ryan: Justin hat das Album gar nicht gehört. Ich hatte eine ziemlich gute Idee für das Cover. Es sollte recht spärlich aussehen. Denn früher hatten wir Artworks, die ziemlich voll mit Bildern waren. Das war für die Musik, die diese Jungs schrieben, gar nicht mehr nötig. Ich fühlte, dass die Musik für sich selbst sprach. Entsprechend sollte das Cover auch sehr düster und undurchdringlich sein. Das ganze Booklet ist schwarz, alles ist sehr minimalistisch. Es ist soviel blinde Wut auf dem Album, dass man sich die Bilder selbst vorstellen kann, sie müssen nicht auf dem Cover sein. Justin hat sich angehört, was wir uns vorstellten. Er hat eine sehr klare Vision, darum ist es manchmal etwas schwierig, ihm etwaszu vermitteln, aber es lief hier recht schnell und unkompliziert ab. Wir sind keine Black Metal-Band, wir brauchen nichts, das aufsehen erregt, und das haben wir erhalten.

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Skandinavischer Rock, du musst ihn einfach lieben. Wenn nicht, läuft etwas gewaltig falsch. Seine Jünger heißen Stephen Lacour, Ryan McKenney, Brian Izzi und Chris Maggio (von links nach rechts)

Ihr arbeitet jetzt nicht mehr mit Jacob Bannon (CONVERGE-Sänger, Anm. d. Verf) als Grafiker und seinem Label DEATHWISH zusammen.

Chris: Wir sind immer noch gute Freunde, sie halfen uns bei Filth Rations aus, wir touren immer noch miteinander, alles ist immer noch wie früher. Wir unterhalten als Personen und Band noch sehr regelmäßigen Kontakt.

Ryan: DEATHWISH ist ein tolles Label, aber es ist für uns wichtig, nach vorne zu gehen, deshalb haben wir auch bei PROSTHETIC unterschrieben. Wir hatten die Möglichkeit, etwas anderes zu versuchen, und warum sollten wir ablehnen? Unser Business ist nicht so groß wie bei MCA und UNIVERSAL, das ist das Schöne an der Punk- und Hardcore-Szene, es ist viel familiärer, man verliert die Kontakte nicht. Es gibt ein Verständnis zwischen Band und Label, wenn man mal etwas anderes ausprobiert. Jacob war der Erste außerhalb von TRAP THEM, der Darker Handcraft zu hören bekam.

Es erscheint aber so, als würde diese neue Szene wachsen, wo es Bands gibt, die irgendwo zwischen Hardcore, Grindcore, Punk, Crust, Death und Black Metal liegen. ich denke dabei unter anderem an THE SECRET, HIEROPHANT, TOMBS und natürlich TRAP THEM. Wächst da etwas Neues heran?

Ryan: Ja, ich glaube schon. Wir waren da ziemlich am Anfang dabei, und es macht es auch viel einfacher, sich Fans von anderen Genres zu zeigen. Als wir damit anfingen, war es eine Verbindung aus Brians Wurzeln im schwedischen Death Metal und meinen Wurzeln im Punk und Hardcore. Die Verschmelzung daraus war nicht ein Resultat, all das in der Musik hören zu wollen, wir sahen das als unsere Idealvorstellung von Musik.

Chris: Das ist eine ganz natürliche Entwicklung. Als Kids dachten wir, wir könnte nicht das hören, was die Metalkids mochten. Diese Musik ist nicht wie eine bewusste Verbindung verschiedener Szenen.

Ryan: Das passiert schon länger. In den frühen Neunzigern entdeckten die Hardcore-Kids SLAYER, in den späten Neunzigern entdeckten sie AT THE GATES. Es ist nur natürlich, dass Bands aus anderen Genres Hardcore entdecken und heute wieder Hardcore-Leute denken, dass ENTOMBED wirklich großartig sind. Ja, diese am Underground orientierte Abart von Metal, Punk und Hardcore ist heute ein eigenes Genre. Ich bin davon begeistert, denn wir können jetzt mit Bands aus anderen Szenen touren, die ganz anders klingen mögen, aber eine ähnliche Basis wie wir haben. Und wir können deren Publikum für uns gewinnen und sie unseres für sich.

Vor kurzem starben mit Phil von EXTREME NOISE TERROR und Frykman von DISFEAR zwei Freunde von euch. Kommt man da als tourfreudige Band in Grübeln, ob man nicht doch sein Leben anders gestalten sollte?

Ryan: Das waren zwei schlimme Ereignisse, die auch uns betreffen, da wir mit beiden Bands getourt sind, oder sogar Splits haben, deshalb kannten wir die Musiker gut. Das passiert in letzter Zeit recht oft, dass großartige Menschen von uns gehen, aber eben das macht es für uns noch wichtiger, dran zu bleiben. Der Tod von Phil war wirklich eine schlimme Sache, auch wenn wir mit EXTREME NOISE TERROR nur für anderthalb Wochen zusammen in den USA auf Tour waren, blieben wir in sehr engem Kontakt, bis kurz vor seinem Tod. Es bleibt immerhin die Gewissheit, dass sein Einsatz in den letzten fünfundzwanzig Jahren nicht umsonst war. Und wir müssen uns weiterhin fragen, warum solche Sachen immer den guten Menschen passieren.

Oh je, das war wohl ein kleiner Downer am Ende des Interviews.

Chris: Der Tod ist Teil des Lebens. Keine schöne Sache, aber wir müssen darüber sprechen.

Da hast du absolut recht. Chris, Ryan vielen Dank für das Interview. Wollt ihr noch etwas loswerden?

Ryan: Mehr Stagediver, bitte.

Chris: Ja, ernsthaft. Springt auf die Bühne und dann wieder runter. Wenn sogar ich mich hinter dem Schlagzeug bewegen kann, dann könnt ihr das auch.


Fotos: Promobilder und Artwork (c) Prosthetic Records, Livebilder (c) Florian Schneider

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