THE KOVENANT: E.T. war ein Satanist (Listening-Session am 11. Januar 2003 im Treffpunkt, Göppingen)

Wird die Gratwanderung zwischen Kommerz und Selbstverwirklichung gelingen? Der Käpt´n versuchte es rauszufinden…

Nun sind mittlerweile mehr als drei Jahre vergangen, seit Lex Icon (ehemals Nagash) und seine Mannen von THE KOVENANT ein musikalisches Lebenszeichen von sich gaben. Der 1999er Output Animatronic fräste sich damals schnell in mein Gehör und ist auch heute noch des öfteren ein gerne gesehener Gast in meinem CD-Player. Also folgte ich neugierigerweise dem Ruf von Nuclear Blast zur Listeningsession ins kleine Städtchen Göppingen um mir schon mal vorab SETI zu Gemüte zu führen und Sänger Lex Icon, der zusammen mit Gitarrist Psy Coma und Ausnahmeproduzent Siggi Bemm anwesend war, ein bisschen auf den Zahn zu fühlen.

Dieses Album nach dem ersten Hördurchlauf zu bewerten fällt aber sehr schwer, denn obwohl es sich auf den ersten Eindruck recht simpel gibt, ist es andererseits doch unerwartet sperrig und reich an Details geworden. SETI ist wesentlich kommerzieller und nicht so verrückt wie Animatronic; gar popig wirkt es durch die Songstrukturen und die Samples. Erinnerungen an RAMMSTEIN und NINE INCH NAILS werden durch die saftigen harten Riffs und Drums wach, während sich die Vocals ein wenig von DEPRESSIVE AGE beeinflusst zeigen. Wenn Du in Norwegen Ende der Achtziger oder Anfang der Neunziger aufwächst, so kommst Du an einigen Bands wie ABBA, ROXETTE oder A-HA einfach nicht vorbei. Somit haben sie uns mit ihren Arrangements und ihren Songs beeinflusst. Wir haben das auch schon zu Animatronic versucht, aber dieses Mal wollten wir es ganz drauf ankommen lassen. Auch die Details sind eher in der Elektronik versteckt. Dieser bewusste Stilmix soll laut Lex Icon beim Hörer als einer Mischung aus achtziger Jahre Pop und modernem Metal zu extremer Musik verschmelzen. Dem Black Metal hat er jedoch nicht ganz abgeschworen: Das neue Album von DIMMU BORGIR ist wirklich klasse und EMPEROR hätten sich nicht auflösen sollen. Aber andererseits ist das neue Album von SATYRICON eines der schlechtesten Black Metal-Alben aller Zeiten, ohne Seele und Innovation. (Quatsch – Anm. d. Verf.)

Die Produktion ist dank Siggi Bemm mal wieder ultrafett, besonders im Bereich der etwas monotonen Drums, ausgefallen und ist nach dem ersten Eindruck das Beste am neuen KOVENANT-Album, dass durch seine vielen Midtempo-Songs auf den ersten Blick ein wenig langweilig wirkt. Gib dem Album Zeit, es wird von Mal zu Mal interessanter meint der gut gelaunte Norweger. Ob das stimmt, wird sich zeigen. Zumindest wirken die meisten Songs auf mich nach dem ersten Hördurchlauf, trotz der Details, recht einseitig. Meine Anmerkung, das neue Album sei langsamer will er nicht so recht teilen, Lex Icon bevorzugt das Wort Heavier.

Cybertrash, das erste Stück wirkt noch Anfangs noch ziemlich Animatronic-like und klingt ein wenig nach New World Order, doch schon bald setzen cleane Gothic-Vocals ein, die den Eindruck verwässern. Über die Strophe gesellt sich ein Techno-Beat, der den folgenden Bombast-Chorus noch fetter wirken lässt.

Planet of the Apes beginnt mit popigen, aber abgefahrenen Samples und wird zu einer flotteren Nummer inklusive Nu Metal-Part und einem tragenden Chorus.

Star by Star bietet melancholische Synthie-Klänge über harten Riffs. Endlich setzt Lex Icons schräger Kreischgesang mal ein, außerdem ist in diesem Midtempo-Stück ein an RAMMSTEINs Mutter erinnernder Chorus enthalten. Der Song soll auch für eine Single Pate stehen.

Via Negativa gefällt zu Beginn durch die Stakkato Riffs sehr gut, aber zieht sich mit ziemlich in die Länge und ist auf den ersten Blick ein Durchhänger.

Stillborn Universe enthält eine melancholische Strophe und Bridge. Der Chorus ist recht vorhersehbar, selbst wenn Lex Icons Geschrei zu ruhiger Musik recht originell ist und sehr gut wirkt.

Acid Theatre ist der verrückteste Song des Albums mit durchgedrehten Breaks und schrägen Samples, animiert aber nicht so richtig zum gruseln, wie er wohl soll. Dennoch ein ziemlich guter Song.

The Perfect End ist wieder ein Midtempo-Song, der nicht sonderlich auf Hit getrimmt und leider ziemlich nichtssagend ist.

Neon schlägt in die selbe Kerbe, nichtssagende Stakkatoriffs treffen hier auf orientalische Synthi-Sounds.

Keepers of the Garden ist wieder ein Schritt in die richtige Richtung. Der Song beginnt langsam und spannend, wird mit der Zeit fast fröhlich, fällt aber bald wieder in 08/15-Schemen zurück. Dafür ist bei diesem Stück der unkonventionelle Gesang ein großer Pluspunkt.

Pantomime ist wieder ein Midtempo-Song mit orientalischen Einsprengseln und beinhaltet gegen Ende ein melodisches Riff; das Erste auf diesem Album.

Hollow Earth ist der beste Track des Albums und hätte auch sehr gut auf Animatronic gepasst, da er doch ziemlich an The Human Abstract erinnert. Flott, düster und tanzbar ist dieser Song der Hit der Scheibe.

Industrial Twilight fährt nochmal alles an Bombast auf, was möglich ist. Nach der orchestralen, schleppenden Einleitung gipfelt diese in einem ultra-wuchtigen Chorus.

Dass die Musik nicht mehr so zugänglich ist, findet auch mein Gesprächspartner. Das liegt vor allem an den Gothic-Vocals. Außerdem, würde ´SETI´ wieder so klingen wie Animatronic oder gar ´Nexus Polaris´ würde ich mich dafür hassen. Wir tun, was wir wollen und wenn es anderen nicht gefällt, so werden wir uns deswegen bestimmt nicht umbringen.

Nachdem Animatronic als Trio entstand, wurde mit dem ehemaligen Session-Musiker Angel ein neues vollwertiges Bandmitglied involviert. Außerdem ist ein neuer Gitarrist namens Shadow (Ex-APOSTYGMA) dabei und live wird das Line-Up von Eric, dem ZEROMANCER-Keyboarder vervollständigt. Was allerdings fehlt, ist der Frauengesang, der auf Animatronic doch recht gut wirkte. Er kommt nur noch an wenigen Stellen um zum Einsatz, dafür sehr intensiv.

Lex Icon kann außerdem erklären, wie es kam, dass seit Animatronic geschlagene dreieinhalb Jahre ins Land zog: Zuerst einmal musste ich mich an den cleanen Gesang gewöhnen, was schon viel Zeit in Anspruch nahm. Ferner wurden für SETI 20 Songs geschrieben, von denen es dann aber nur 12 auf das Album schafften. Wir haben sieben Monate bei Siggi Bemm im Woodhouse-Studio verbracht und an den Songs gebastelt, wie es nur ging. Die Aufnahmen bargen eine konstante Veränderung in sich, ich habe meist kurz vor dem Einsingen noch an den Texten gebastelt.


Die Texte sind ein gutes Stichwort, schließlich lagen sie vor und nach näherer Begutachtung fand ich den Überbegriff Spaciges Antichristentum sehr passend. Genau auf den Punkt getroffen. E.T. war ein Satanist! lacht der pausbackige Lex Icon. Überhaupt lässt der Titel SETI (Search for Extraterrestial Intelligence) viel Raum für Interpretationen. Selbst, wenn mir der Zusammenhang eher schleierhaft ist, so sieht es die Band folgendermaßen: Es symbolisiert die Flucht vor der Realität. Sei nicht, wer Du sein sollst, sondern wer Du sein willst. Es hängt auch mit der ´Church of Satan´ zusammen, die uns lehrt besser wie die Tiere zu sein. Aber wenn Du jeden Tag zur Arbeit gehst, um die Miete zahlen zu können, hebt uns das nicht besonders ab.


Mit diesen Worten verabschiedete ich mich von Lex Icon, der gespannt sein darf, was aus THE KOVENANT wird. Wahrscheinlich wird dieses Album als Gratwanderung zwischen Kommerz und Selbstverwirklichung einer breiten Masse gefallen können, aber diese sich die Zeit nimmt, darauf einzusteigen ist die andere Frage. Ich persönlich bin mal gespannt, ob der zunächst eher negative Eindruck erhalten bleibt oder das Album doch zu dem legitimen Animatronic-Nachfolger wird.

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