ERIK NORLANDER: So viel Musik, so wenig Zeit oder: Von Rhinozeros-reitenden Rittern und Sonnenuntergängen

Der vielbeschäftigte Keyboarder LANA LANAs und der ROCKET SCIENTISTS über Ami-Klischees, die Ängste und Träume eines Musikers, sein aktuelles Solo-Album "Into The Sunset" und warum nach einem ordentlichem Sonnenuntergang alles besser wird…

Der Name Erik Norlander mag nicht jedem ein Begriff sein. Und doch wette ich, daß die meisten Freunde symphonischen Rocks/Art Rocks mindestens eine CD im Regal haben, in dessen Booklet der Name aufgeführt ist. Denn der Amerikaner hat in den letzten zwei Jahren ein eindrucksvolles Veröffentlichungspensum hinter sich: Er ist nicht nur Co-Songwriter und Keyboarder bei LANA LANE, er ist gemeinsam mit Mark McCrite ebenfalls kreativer Geist der ROCKET SCIENTISTS und wirkte bei diversen Produktionen als Gastmusiker mit, zuletzt zu hören auf den beiden Universal Migrator-Alben AYREONS. Doch damit nicht genug, denn so ganz nebenbei erschien kürzlich sein zweites Solo-Werk Into The Sunset. Mit im Studio: Lauter alte Bekannte. Lana Lane (LANA LANE), Glenn Hughes, Edward Reekers (KAYAK, AYREON) und Robert Soeterboek (AYREON) übernahmen die Vocals, Arjen Lucassen (AYREON, Gast bei den ROCKET SCIENTISTS), Greg Ellis (SHARK ISLAND, ROCKET SCIENTISTS)und Tony Franklin (ROCKET SCIENTISTS, LANA LANE) die Instrumente. Die imposante Liste deutet es an: Im Gegensatz zu Norlanders erstem Individual-Ausflug namens Threshold ist Into The Sunset kein reiner Keyboard-Showcase mehr, sondern ein geradezu klassisches Symphonic Rock-Album, das gar eine Botschaft in sich birgt.

Erik, ist Into The Sunset so etwas wie ein Konzeptalbum?

Es hat ein loses Text-Konzept, ist also kein Konzeptalbum im Sinne der AYREON-Alben oder The Wall(PINK FLOYD – der Verf.) und Tommy (THE WHO – der Verf.). Aber da ist ein Konzept, das sich wie ein roter Faden durch das Album zieht. Es handelt von Menschen, die sich auf eigene Faust auf die Reise machen, sich nur auf sich selbst verlassen, auf ihre eigene Vision, auf ihre Integrität und ihren Geist. Der Titel ist doppeldeutig: Die erste Bedeutung ist natürlich das Schreiten in den Sonnenuntergang, helleren Tagen entgegen. Gleichzeitig ist der Titel eine Referenz an die alten Western-Filme, in denen der Held in der Regel die Stadt rettete, die Schurken besiegte und dann alleine in den Sonnenuntergang ritt. Das kam mir, weil ich so viele Freund in Japan und in anderen Ländern habe und manchmal bin ich mir meiner amerikanischen Identität sehr bewußt. Ich dachte mir: Was ist das größte Klischee in bezug auf Amerikaner? Es ist ein Cowboy auf einem Pferd. Das ist sehr amerikanisch, haha! Natürlich konnte ich keinen richtigen Cowboy aufs Cover packen, denn dann würde man ein Country And Western-Album erwarten.

Über das Cover habe ich mir schon den Kopf zerbrochen. Eigentlich ist da ja doch eine Art Cowboy, nur ist es eben ein Ritter auf einem Rhinozeros. Recht amüsant…

Haha! Ja, da ist einiges an Humor drin! Ich mochte schon immer surreale Kunst, Leute wie Magritte und Dali. Ich mag die Kunstrichtung sehr. Bei LANA LANE haben wir auch schon surreale Gemälde als Cover verwendet. Ich mag das sehr, es ist etwas bizarr aber da steckt eine Menge Gefühl und auch eine gesunde Portion Humor drin. Es bringt Dich zum Nachdenken und regt Deine Phantasie an.

Ist auch eine angenehme Abwechslung zu all den rein computergenerierten Render-Artworks im Prog-Bereich, denen es schlicht und einfach an Seele mangelt…

EinJa, das ist ein Problem. Der Computer macht es sehr leicht ein Bild zu kreieren. Er macht es ebenso einfach, Musik zu erschaffen. Aber sowohl ein Bild als auch Musik braucht Seele, Kreativität und Tiefe. Eine Menge der computergenerierten Bilder sind nicht sehr interessant. Es gibt gute Sachen, aber meist ist die Bildgenerierung einfach zu leicht und das Resultat ist nicht so gut.

Nun noch einmal zurück zu den Texten. Du sagtest, das Bild Into The Sunset steht für eine hellere, bessere Zukunft. Ist das auch eine Metapher für Tod?

Würde ich nicht sagen. Obwohl man es so interpretieren könnte und das wäre schon in Ordnung. Aus meiner Sicht geht es aber eher um die verschiedenen Lebensabschnitte. Wenn man heranwächst, hat man eine bestimmte Vorstellung, zu welcher Persönlichkeit man sich entwickeln möchte. Und plötzlich wirst Du jemand ganz anderes! Dieser Wandel zieht sich durch das ganze Leben. Der Anfang des Albums, `Time Slips Away`, ist eine Art Rückblick. Man zieht Bilanz, denkt über all die Chancen nach, die man eventuell verpaßt hat, die Dinge die man machen oder sein wollte und zu denen es nicht gekommen ist. Aber am Ende segelt der Protagonist hinfort in den Sonnenuntergang, mit all dem, was er hat und ist. Ich mag eine Menge Dinge verpaßt haben, eine Menge Chancen und Aspekte dessen, was ich hätte werden können, aber da liegt noch so viel Leben vor mir, es gibt immer noch so viel zu tun und ich kann noch so viel werden! Das möchte ich mit diesem Song sagen, eigentlich mit dem ganzen Album. Die Zukunft ist offen und man kann sein Leben in so viele unterschiedliche Bahnen lenken! Der Sonnenuntergang beendet einen Tag und ein Kapitel Deines Lebens endet. Aber am nächsten Tag geht die Sonne wieder auf und ein neues Kapitel beginnt. Das ist aufregend und darauf freue ich mich immer wieder. Ich bin jetzt 32 und so oft sage ich mir: Oh Gott, ich bin so alt! Habe ich genug erreicht und gemacht? Aber dann betrachte ich Freunde, die bereits 50 sind: sie würden sich sicher wünschen, noch einmal 32 sein zu können. Man fühlt sich oft müde und alt, aber es liegt noch eine Menge vor einem und man kann immer noch etwas bewirken.

Hast Du noch ganz bestimmte Ziele in deinem Leben, die Du unbedingt verwirklichen möchtest?

Nun, Musik liegt mir mehr am Herzen als alles andere. Ich habe viel geschrieben, aber es gibt immer noch eine Menge Musik, die ich verwirklichen möchte. Ich würde definitiv gerne mit einem Orchester arbeiten, sei es im Rock-Kontext oder eher in der klassischen Richtungen. Es gibt auch eine Menge Musiker, mit denen ich nicht gerne arbeiten würde und so viele Alben, die ich noch gerne aufnehmen möchte. Außerdem reise ich viel. Ich war in vielen europäischen Ländern, in Japan und kenne die meisten Ecken der USA. Aber viele Teile der Welt habe ich noch nicht gesehen und würde das gerne noch, zum Beispiel Schweden. Für einen Deutschen ist Schweden recht nahe, aber für mich als Kalifornier ist das Land sehr weit weg. Ich war auch noch nie in Rußland, in Afrika oder China. Das sind Orte, die ich ebenfalls gerne sehen würde. Die verschiedenen Kulturen der Welt sind faszinierend und ich genieße es, mit Menschen in fremden Ländern Freundschaft zu schießen. Ich denke, daß man meist sehr viel mehr gemeinsam hat als man zuerst annimmt. Natürlich spricht jeder eine andere Sprache und das macht es etwas schwer, aber ich habe ja das Glück, daß Englisch die verbreitetste Sprache der Welt ist und das macht es mir leicht. Aber ich versuche, in jedem Land ein paar Wörter zu lernen und nach und nach mehr zu können. Ich erwarte nicht, daß ich irgendwann 15 Sprachen fließend beherrsche, aber ich versuche so viel wie möglich zu lernen.

Um zu Into The Sunset zurück zu kommen: Warum hast Du nicht erneut ein reines Instrumental-Album aufgenommen, auf dem Deine Keyboards im Mittelpunkt stehen?

ErikIch denke, es ist wichtig, daß ein Künstler sich immerfort weiter entwickelt und nicht immer wieder und wieder das gleiche Album macht. Jedes neue Album muß etwas Besonderes sein. Als ich 1997 Threshold aufgenommen habe, hatte ich zuvor ich an zahlreichen anderen Alben mit den ROCKET SCIENTISTS und LANA LANE gearbeitet hatte. Danach wollte ich etwas sehr Experimentelles machen und entschloß mich, ein Album ohne Vocals und ohne Gitarren aufzunehmen. Ich wollte sehen, ob ich den ganzen Klangraum alleine mit Keyboards und vor allem mit Synthesizern ausfüllen konnte. Daher fiel Threshold sehr experimentell aus und klang teilweise auch sehr improvisiert. Damals war das genau das richtige Album für mich, denn ich brauchte den Kontrast zu LANA LANE und den ROCKET SCIENTISTS. Jetzt, im Jahr 2000, arbeite ich zwar immer noch mit diesen beiden Bands und auch mit AYREON, aber ich höre mittlerweile recht viel Prog Metal, also Bands wie SYMPHONY X, ANGRA, Luca Turelli und natürlich AYREON. Das hat mich das natürlich ein wenig beeinflußt und ich wollte daher ein Album aufnehmen, daß von diesem schweren symphonischen geprägt ist. Ich war natürlich auch schon immer Fan von Bands wie DEEP PURPLE, BLACK SABBATH und RAINBOW und auch progressiveren Bands wie RUSH. Aber Into The Sunset sollte eher die Hardrock- und Metal-Seite meines Geschmackes widerspiegeln. Ich habe im Laufe der Jahre Songs geschrieben, die weder zu den ROCKET SCIENTISTS noch zu LANA LANE passen und daher war es der ideale Zeitpunkt, ein Solo-Album aufzunehmen, für das ich eine Menge dieser Songs verwenden konnte. In ihnen findet sich nun dieser schwere symphonische Stil wieder, aber der progressive Ansatz meines letzten Albums ist immer noch da.

Auf Into The Sunset wirken unter anderem Greg Ellis, Tony Franklin, Arjen Lucassen und Lana Lane mit, allesamt, die ja allesamt auch bei den ROCKET SCIENTISTS, bei LANA LANE oder AYREON tätig sind. Wenn schon das Songmaterial anders ist als das Deiner Stammbands, hätte es da nicht Sinn gemacht, auch andere Musiker auszusuchen? Denn gerade Tony Franklins Bass-Spiel, Lana Lanes Stimme und Arjen Lucassens Gitarre klingen doch recht unverkennbar, und so rückt das Material dann doch wieder in die Nähe Deiner anderen Betätigungsfelder…

Nun, ich wollte die besten Musiker die ich kriegen konnte. Mehr steckt nicht dahinter. Greg Ellis hat schon auf meinem Threshhold-Album gespielt und wir haben ihn auch für das letzte ROCKET SCIENTIST-Album engagiert. Ich mag sein Drumming sehr, er ist sehr musikalisch und flexibel. Er kann außerdem Noten lesen und ich habe diesmal die ganzen Drumparts ebenso notiert wie die Bass- und Streicherparts. Es war mir wichtig einen Drummer zu haben, der damit klar kommt, der meine Noten lesen kann und auch den richtigen musikalischen Geist mitbringt. Daher habe ich mich für Greg entschieden. Arjen Lucassen ist mein absoluter Favorit unter den Gitarristen. Ich war von Anfang an ein Fan von AYREON, habe Arjen allerdings erst letztes Jahr kennengelernt. Ich war also schon lange bevor wir uns trafen ein Fan seiner Musik. Und als wir uns dann kennen lernten, wurden wir fast auf der Stelle Freunde, denn wir haben genau den gleichen Musikgeschmack, den gleichen Humor und so weiter. Ich habe mit ihm auch auf dem ROCKET SCIENTISTS-Album Oblivion Days-Album gearbeitet. Als wir uns das erste mal begegneten, hat er mich gefragt, ob Lana, Mark (McCrite, Gitarrist und Sänger der ROCKET SCIENTISTS – der Verf.) und ich bei AYREON mitmachen wurden. Wir sagten: Klar, großartig! Als er dann fragte, ob er im Gegenzug auch etwas für uns tun könnte, sagte ich: Sicher, wir arbeiten gerade am ROCKET SCIENTISTS-Album. Warum versuchst Du nicht, ein paar Deiner typischen herunter gestimmten Gitarrenparts einzubauen? Mal sehen, was daraus wird! Und es war großartig. Als ich also an die Aufnahmen von Into The Sunset ging, dachte ich sofort an ihn. Tony Franklin ist einfach ein brillanter Bassist, mit dem wir schon bei LANA LANE gearbeitet haben. Aber auf Into The Sunset spielt er anders, etwas technischer und vielleicht sogar etwas härter. Da kommt eine andere Facette von ihm zum Vorschein, er klingt eher wie bei BLUE MURDER, bei denen er ja auch gespielt hat. Was die Sänger angeht: Ich wollte den besten Sänger für jeden Song. Einige Songs brauchten eine schwere Rockstimme, wie zum Beispiel Glenn Hughes, den ich durch Keith Emerson (EMERSON, LAKE & PALMER – der Verf.) kennengelernt habe. Robert Soeterboek von AYREON hat ebenfalls eine sehr schwere Stimme. Und dann ist da Edward Reekers, der ebenfalls bei AYREON gesungen hat, den ich aber von der Band KAYAK kenne, die ich sehr mag, insbesondere das Merlin-Album. Edward hat eine sehr warme und klare Stimme, die einen angenehmen Kontrast zu den anderen beiden Sängern bildet. Schließlich wollte ich noch eine weibliche Stimme. Ursprünglich habe ich Auditions mit anderen Sängerinnen abgehalten und wollte Lana zunächst außen vor lassen, denn sie hat schon auf so vielen Veröffentlichungen mitgewirkt. Aber ich konnte niemand besseren finden als sie, und letztlich fragten ich sie dann doch, ob sie auf dem Album singen würde. Tja, das ist die lange Geschichte, warum all diese Musiker auf dem Album sind.

Klingt wie eine Art Familien-Treffen…

Die Mit Greg Ellis, Tony Franklin und Arjen Lucassen ist es in der Tat sehr familiär, denn wir haben schon so oft miteinander gearbeitet. Greg kenne ich am längsten, mit Tony arbeite ich auch schon seit vier oder fünf Jahren. Arjen kenne ich zwar erst seit 1999, aber wir sind sehr schnell sehr gute Freunde geworden. Ich war im letzten Jahr dreimal in Europa und habe ihn besucht und Arjen war auch schon hier in Kalifornien. Die Sänger kannte ich mit Ausnahme Lanas nicht so gut. Glenn habe ich zuvor einmal getroffen, er ist zwar ein netter Kerl, aber ich könnte nicht behaupten, daß ich ihn gut kenne. Es lief aber sehr gut, er ist extrem professionell und sehr schnell. Es gab überhaupt keine Probleme. Die beiden niederländischen Sänger habe ich erst in dem Moment kennen gelernt, in dem sie das Studio betraten. Ich war vorher mit ihnen in e-Mail-Kontakt, aber persönlich hatte ich sie nie getroffen. Aber sie waren beide auch sehr nette Typen und professionelle Musiker. Es war also sehr nett und ich bin mit ihnen auch in Kontakt geblieben. Robert habe ich sogar gebeten, beim neuen LANA LANE-Album ein paar Harmony Vocals einzusingen.

Dem Nachfolger von Secrets Of Astrology? Arbeitet Ihr etwa schon daran?

Nein, ich meine Secrets Of Astrology. Into The Sunset wurde zwar erst nach dem LANA LANE-Album veröffentlicht, wurde aber früher aufgenommen als Screts Of Astrology…

Kommst Du bei all den verschiedenen Bands und Projekten nicht manchmal durcheinander?

(lacht) Mit den Ansprechpartnern bei den Plattenfirmen war es etwas kompliziert, denn ich war mit drei Labeln gleichzeitig zugange. Das LANA LANE-Album sollte unbedingt veröffentlicht werden, und ich habe vorher versucht, Into The Sunset fertigzustellen. Aber es hat nicht mehr ganz geklappt. Ich mußte meine Arbeit kurz vorm Mix abbrechen, habe dann das komplette LANA LANE aufgenommen und abgemischt und anschließend wieder bei Into The Sunset weitergemacht. Dazwischen kam ja dann noch meine Mitarbeit an den beiden aktuellen AYREON-Alben, es war also eine recht anstrengende Zeit.

Es ist überhaupt erstaunlich, an wie vielen Produktionen Du in den letzten zwei Jahren mitgewirkt hast. Wie kriegst Du das alles nur unter einen Hut?

Das letzte Jahr war wirklich unglaublich vollgepackt. Wir haben auch eine kurze LANA LANE-Tour gemacht, leider aber nur in Japan und in den USA. Danach habe ich das ROCKET SCIENTISTS-Album aufgenommen, sofort danach mit Into The Sunset begonnen` und den Rest habe ich ja schon erzählt. Es war schon verrückt und ich wünschte, ich hätte etwas mehr Zeit für die Arbeit an den einzelnen Alben und vor allem auch etwas mehr Zeit, um mal eine Pause einzulegen. Aber das letzte Jahr war einfach der richtige Zeitpunkt, all die Alben aufzunehmen und ich bin sehr dankbar, daß ich die Möglichkeit hatte, auf all diesen großartigen Produktionen mitzuwirken und mit so vielen hervorragenden Musikern zu arbeiten. Ich konnte einfach nicht nein sagen. Beim AYREON-Album wäre es zum Beispiel kein Problem gewesen, Arjens Anfrage abzulehnen und zu sagen, ich hätte keine zeit. Aber ich bin eben ein so großer Fan von AYREON und wollte unbedingt mitmachen, und so habe ich mir die Zeit eben genommen und irgendwie hat alles geklappt. Natürlich würde ich nie ein Album oder auch nur einen Gastauftritt abliefern, wenn ich nicht einhundert Prozent zufrieden mit meiner Leistung wäre. Denn ich will mir nicht vorwerfen lassen, so viele Veröffentlichungen herauszubringen, daß die Qualität darunter leiden würde. Obwohl ich so viel Zeit auf all die diversen Projekte und Bands verwendet habe, denke ich, daß die Qualität immer noch stimmt und daß sogar gerade die Veröffentlichungen, an denen ich zuletzt mitgewirkt habe, zu den besten gehören, die ich bislang herausgebracht habe.

Hast Du keine Angst, daß Du irgendwann ausgebrannt sein könntest?

ErikDarum mache ich mir große Sorgen. Und ich kann Dir versichern, daß ich im Moment an nichts arbeite. Into The Sunset habe ich im März fertig gestellt und dann etwas Urlaub gemacht. Im Moment kommt die ganze Promotion für Into The Sunset und die LANA LANE- und AYREON-Alben, aber das macht Spaß. Ich denke nicht, daß ich dieses Jahr noch irgendetwas Größeres angehen werde. Wir werden womöglich den LANA LANE- und den ROCKET SCIENTISTS-Backkatalog angehen und in Europa veröffentlichen, aber mehr nicht. Denn ich möchte sicherlich nicht kreativ auslaugen ,und ich möchte auch nicht, daß die Fans mit Veröffentlichungen von mir überschwemmt werden. Man braucht ja auch Zeit, sich diesen Alben richtig zu widmen. Jetzt kam kurz hintereinander Secrets Of Astrology von LANA LANE, Oblivion Days von den ROCKET SCIENTISTS, die beiden AYREON-Alben und meine Solo-CD: fünf sehr gute Alben in sehr kurzer Zeit. Das reicht erstmal.

Hat sich diese hohe Veröffentlichungsfrequenz eigentlich positiv auf Deinn bzw. den Bekanntheitsgrad LANA LANEs und dem der ROCKET SCIENTIST ausgewirkt?

Ja. LANA LANE ist in Japan ja schon seit einigen Jahren sehr erfolgreich und hat dort sogar Fernseh- und Radioeinsätze. Dort hat sich eigentlich nicht viel geändert, es geht nur einfach so weiter. Aber in Europa hat sich, denke ich, seit Ende 1999 einiges getan, unsere Medien-Präsenz ist eindeutig gestiegen. Wir haben in Europa zwei sehr gute Labels. LANA LANE erscheint bei Music Products/InsideOut und die machen einen sehr guten Promotion-Job. AYREON und die ROCKET SCIENTIST erscheinen bei Transmission Records in Holland, die in Deutschland über Point Music vertrieben werden. Obwohl beide eher kleine Firmen sind, arbeiten sie sehr effektiv und stehen voll hinter den Bands.

Eure gesteigerte Medienpräsenz hat übrigens dazu geführt, daß ich mittlerweile fast die ganze LANA AYREON SCIENTISTS-Familie telephonisch kennenlernen durfte. In den letzten paar Monaten hatte ich zwei Interviews mit Lana, eins mit Mark McCrite für die ROCKET SCIENTISTS und nun spreche ich mit Dir…

Na, das ist ja einiges! Ich denke, Du wirst jetzt aber eine Weile Ruhe vor uns haben, haha! Hast Du auch eins mit Arjen gemacht?

Kommt nächste Woche… (Anm.: Der Zeitpunkt des Interviews mit Erik liegt schon ein paar Wochen zurück. Das AYREON-Interview wurde an anderer Stelle veröffentlicht, während das Interview, das Ihr auf den Vampster-Seiten finden könnt, von Fierce stammt)

Prima! Arjens Deutsch ist übrigens sehr gut. Er wird das Interview sicherlich auf Englisch beginnen, aber Du solltest versuchen, es auf Deutsch zu führen. Ich habe ihn nämlich schon Deutsch sprechen! Ich war letztes Jahr bei einem Freund in Deutschland, da ich eine Reise nach Europa gemacht habe, um mich mit einigen Business-Leuten zu treffen. Arjen und ich haben oft telephoniert, und jedes Mal wenn er meinen Bekannten am Telephon erwischte und eine Nachricht hinterlassen hat, hat er Englisch gesprochen. Ich fand es sehr merkwürdig, wenn ein Holländer einen Deutschen anruft und sie miteinander Englisch sprechen, aber für mich ist es natürlich ganz nett, denn so kann ich wenigstens alles verstehen.

Hast Du eigentlich verwandschaftliche Wurzeln in Europa? Dein Name klingt recht skandinavisch…

Ja, meine Großeltern väterlicherseits kommen aus Schweden. Die Familie meiner Mutter kommt aus Deutschland, aber sie leben schon sehr sehr lange in den USA und sind sehr amerikanisiert. Aber ich bin an sich halb Deutscher und halb Schwede.

Sprichst Du auch eine der beiden Sprachen?

Ich muß leider schamvoll eingestehen, daß ich nicht ein Wort kann. Ich habe schon viele schwedische Musiker getroffen, die meinen Namen hörten und dann Schwedisch mit mir sprachen, haha. Ich wollte die Sprache schon immer mal ein bißchen lernen, aber es fällt mir sehr schwer. Eines Tages muß ich aber einfach mal eine andere Sprache lernen. Ich war ja auch schon sehr oft in Holland und Deutschland, allerdings noch nie in Schweden.

Wenn wir schon bei heimatlichen Wurzeln sind: Interessanterweise ist ja jede Form von Prog oder Art Rock in Europa viel populärer als in den USA, sowohl auf Seiten des Publikums als auch unter Musikern selbst. Hast Du eine Erklärung dafür?

Nun, die klassische Musik kommt aus Europa, insbesondere aus den deutschsprachigen Ländern. Gerade die sehr dramatische Musik wurzelt dort, denk` nur an Mozart, Wagner oder Beethoven denkt. (Äh… Wagner und Beethoven OK, aber Mozart und Dramatik? – der verdutzte Verf., der Mozart mit Ausnahme seines Requiems und Teilen der Jupiter-Symphonie verabscheut). Natürlich gibt es auch ein paar großartige französische und schwedische, sogar ein paar sehr gute englische Komponisten. Ich denke, Europa hat aufgrund seiner Geschichte eine sehr viel engere Beziehung zu künstlerisch anspruchsvoller Musik. Auch im Bereich der bildenden Künste: Denk` nur an die holländischen Meister wie Rembrandt und Van Gogh (Und nochmal ein Äh: Van Gogh war sicherlich ein Genie, aber der Begriff der holländischen Meister bezieht sich eigentlich nur auf die niederländischen Maler des 17. Jahrhunderts, die der 1853 geborene Van Gogh anfangs zwar studierte und kopierte, von denen er sich aber alsbald entfernte, um den Impressionismus zu perfektionieren und mit seiner ausdrucksvollen Bildsprache schon Ansätze des Expressionismus vorwegzunehmen – der klugsch***nde Verf.). Ich denke, die Europäer sind einfach Kunstinteressierter und haben einen besonderen Sinn dafür. Das ist wohl der Grund, warum Prog und Symphonic Rock in Europa so populär ist. Das sind künstlerisch anspruchsvolle Musik-Richtungen, sie haben eine Menge Tiefe und Substanz. Und das liegt den Europäern wohl sehr viel mehr als dem amerikanischem Publikum. Daher bin ich auch sehr gerne in Europa unterwegs und ich habe mir sogar überlegt, nach Europa zu ziehen. Vielleicht tue ich es ja eines Tages.

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