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BOLT THROWER: Bodenständigkeit statt Hollywood

Gitarrist Gavin Ward gab Auskunft über Vergangenes und Gegenwärtiges im Bandlager…

Frage mich nach der kontinuierlichsten Band der letzten zehn, fünfzehn Jahre, und BOLT THROWER wäre sicherlich eine der naheliegendsten Antworten. Auch auf ihrer neuen Platte Honour – Valour – Pride variieren sie ihren bewährten monolithischen Death Metal innerhalb der abgesteckten stilistischen Grenzen, und das in einer absolut mitreißenden Art und Weise. Gitarrist Gavin Ward gab Auskunft über Vergangenes und Gegenwärtiges im Bandlager…


Auf welchen der neuen Songs bist Du momentan denn am stolzesten?

Gleich den ersten mag ich am meisten. Als wir den schrieben, waren wir sofort alle schwer begeistert. Aber ich mag sie natürlich alle sehr, ebenso die anderen Tracks. Wäre das bei einem Stück nicht der Fall gewesen, hätte es der betreffende Song auch nicht auf´s Album geschafft.


Stolz, Ehre und Tapferkeit, die drei im Titel eurer neuen CD genannten Werte – was bedeuten sie für Dich?

Nun, Honour – Valour – Pride war zunächst einmal eine Zeile aus dem Titeltrack des Victory-Albums. Uns gefiel die Stelle damals schon sehr gut, so dass wir bereits da daran dachten, sie einmal als Albumtitel zu verwenden. Die aktuelle Scheibe erschien uns hierfür besonders geeignet, da sie zum 15-jährigen Bandjubiläum erscheint. Sind auf alle Fälle passende Wörter…


Nun ist Krieg ein sehr präsentes Motiv in euren Lyrics und auf euren Coverartworks…

Das neue Artwork geht zugleich aber auch in die Hi-Tech/Science Fiction-Ecke. In den Texten spielt moderne technologische Kriegsführung die Hauptrolle. Wir heben auch einige Tugenden vergangener Zeiten hervor. Krieg wird von uns mittlerweile ziemlich differenziert dargestellt, wir singen nicht mehr nur einfach über irgendwas, das mit Krieg zu tun hat. Die Thematik ist jedenfalls über die Jahre hinweg zu unserem Markenzeichen geworden.


Leider ist das Thema Krieg momentan dank Bin Laden, Bush und Co. auch im alltäglichen Leben äußerst präsent, habt ihr in diesem Zusammenhang keine Bedenken gehabt, über Schlachten, Panzer usw. zu singen?

Jetzt gerade herrscht in Afghanistan Krieg, aber nimm´ ein beliebiges Jahr oder auch nur einen beliebigen Monat der Geschichte: Zu jeder Zeit finden weltweit sicher an die 40, 50 Kriege statt. Dieser eine ist im Moment halt nur besonders stark in den Medien präsent.


Wie geht ihr beim Texten denn vor? Bedient ihr euch nach wie vor der für euch typischen Arbeitsweise, dass ihr zuallererst nach einem Songtitel sucht, bevor alles andere entsteht?

Das stimmt, wir schreiben zuerst den Titel und dann die Musik so, dass sie zum Titel passt. Zuletzt wird dann der Text zum Song verfasst.


Woher bezieht ihr da eure Inspirationen?

Das sind fast immer die Riffs. Einer von uns kommt mit einem Riff in den Proberaum, und von da ab entwickeln sich die Songs ganz natürlich aus diesem einzelnen Riff heraus.


Und für die Texte?

Wie immer: Geschichte, Strategie, Schlachten, Zukunft, Technologie, das sind für uns die üblichen Inspirationen für die Lyrics.


Ähnlich kontinuierlich frönt ihr seit Beginn eurer Karriere eurem eigenen Stil, von dem ihr keinen Millimeter abweicht. Eine Modernisierung, wie auch immer die klingen möge, kommt für euch wohl nicht in Frage, oder?

Nee.


Ist denn eine Kurskorrektur jemals in der Band diskutiert worden?

Nein, nicht im geringsten. Letztendlich landet man immer bei der Musik, die man spielen will. Das, was uns Spaß macht, das spielen wir…und was wir spielen, macht uns Spaß. Käme einer der Bandmitglieder mit veränderten Vorlieben und anderen Ideen an, so könnte er jederzeit aussteigen, um diese zu verwirklichen.


Interessieren würde es mich aber schon, ob es nicht doch mal einen BOLT THROWER-Song gab, der eine andere Marschrichtung einschlug…

Natürlich gab es so einen. Aber es spielt keine Rolle. Zu weit von unserem eigentlichen Sound war er jedoch auch nicht.


Und wie klang das?

Einfach nur richtungslos.




Wo nehmt ihr bei BOLT THROWER die Kraft und das Durchhaltevermögen her, euer Ding durchzuziehen?

Für uns blieb der Antrieb immer der gleiche, und der Wille, unsere Ziele zu erreichen, war schon von Anfang an sehr groß. Wir begannen schon mit einer festen Vorstellung, die wir durchziehen wollten, bis die Leute langsam auf uns aufmerksam wurden und unsere Musik zu akzeptieren begannen. Und an dieser Herangehensweise hat sich bis heute nichts verändert. Es ist auch so, dass, selbst bei Songwritern, die neu in die Band kommen, wir die Sache so sehen: Sie steigen bei uns, bei BOLT THROWER ein, und nicht wir bei ihnen. Mit dieser Einstellung ist es sehr einfach, nicht vom eingeschlagenen Weg abzukommen.


Aber gerade in schlechten Zeiten, von denen ihr ja nicht verschont geblieben seid, ich denke da nur an die Zeit vor kurzem, als ihr von Line-up-Problemen geplagt wurdet, stelle ich mir das sehr schwer vor, unbeirrt zu bleiben. Wie ist da euer Geheimrezept?

Die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen. Mit dieser Philosophie kann uns so leicht nichts erschüttern. Was passiert, passiert.


Ich nehme an, dass jemand mit eurer Einstellung den Stilwechseln vieler Bands, nehmen wir nur mal die als Death Metal-Band gestarteten PARADISE LOST als Beispiel, nicht allzu viel abgewinnen kann…

Ich persönlich kann den Weg dieser Bands nicht akzeptieren. Sieht man´s aus der Perspektive, was eine Band will, so bin ich mir aber sicher, dass PARADISE LOST das machen, was sie wollten. Ich meine da weniger die Stilwechsel, sondern bekannt zu werden und viele Alben zu verkaufen. Ich bevorzuge aber ihr älteres Material. Nick hielt ich damals für einen hervorragenden Sänger. Was sie nun machen, das ist wohl das, was ihnen gefällt. Schön für sie, schön, dass sie Kohle einfahren. Ich möchte aber garantiert nicht mit ihnen tauschen.


Hatte euer neuer Sänger Dave Ingram beim neuen Album schon die Gelegenheit, mitzuwirken beim Songwriting?

Natürlich! Das erwarteten wir auch von ihm. Dave schrieb einen Großteil der Texte, die ich dann entweder ergänzte oder nochmal überarbeitete. Bei den Aufnahmen seines Gesangs haben wir außerdem verschiedene Versionen aufgenommen. Es steckt also viel Arbeit in der letztendlichen Version. Dave hat sich auch in persönlicher Hinsicht sehr gut eingefügt. Und er wird mit der Zeit sicher noch viel besser werden. Wir hätten ihn ja früher schon gerne gehabt, da er live ein hervorragender Frontmann ist. Als er dann bei uns einstieg, war es erst mal seltsam, zumal er gerade erst bei BENEDICTION ausgestiegen war. Doch das verflüchtigte sich schnell, er war schließlich schon früher viel mit uns auf Tour gewesen und mit uns rumgehangen. Es war im Nachhinein betrachtet also sehr einfach, in das richtige Bandgefühl reinzukommen.


Wo würdest Du die Hauptunterschiede zwischen Dave und seinem Vorgänger Karl Willetts festmachen?

Dave hat zunächst einmal eine tiefere Stimme. Bei ihm ist auch mehr Power dahinter. Uns ist aber dennoch klar, dass Karl mit seiner Stimme auf fast allen unseren Alben das Gesicht der Band mitgeprägt hat über all die Jahre hinweg.


Nun lebt der gute Dave aber in Dänemark, wie kriegt ihr das mit Proben usw. auf die Reihe?

Oh, das ist kein Problem. Er kommt immer mal wieder für ein, zwei Monate nach England zu uns, um zu proben. Und was die Aufnahmen anging, so kam er halt rüber für die Zeit.


In der Fachpresse geisterten in den letzten Monaten leicht widersprüchliche Aussagen herum bezüglich Daves Wechsel von BENEDICTION zu BOLT THROWER. Wie ging das denn nun wirklich vonstatten? Habt ihr ihn abgeworben oder stieg er zuerst bei BENEDICTION aus?

Ja, die Gerüchte haben wir alle mitbekommen. Letztlich ist es eine Spitzfindigkeit. Er verließ BENEDICTION, bevor wir ihn anwarben. Wir hatten allerdings zuvor schon einen Auftritt mit Dave gespielt beim With Full Force-Festival. Da wussten wir schon, dass uns seine Art zu singen gefiel. Zu der Zeit war er aber noch in seiner eigentlichen Band.


Auf eurem Wunschzettel stand er aber seitdem…

Ja.




Einen Besetzungswechsel gab es auch auf dem Drumhocker. Euer früherer Drummer Martin kam zurück, nicht?

Ja, das stimmt. Wir hatten ihn ursprünglich gefeuert, weil er nachlässig wurde. Das war zu der Zeit, als wir gerade bei Metal Blade unterschrieben hatten, für die wir ein neues Album schreiben wollten. Und gerade da wurde er faul und hatte keinen Bock zu proben, während wir ein klares Ziel vor Augen hatten, das wir motiviert ansteuern wollten. Also schmissen wir ihn raus und nahmen Alex in die Band auf. Alex hat dann Mercenary eingeprügelt, da hat er eine wirklich gute Leistung abgeliefert. Wir gingen dann mit ihm auf Tour, was aber nicht so funktionierte, da wir sehr genaue Vorstellungen davon hatten, was er am Drumkit zu tun hatte. Es endete damit, dass wir ihn wieder rauswarfen und Martin zurück in die Band holten. Martin hat einen ganz anderen Stil als Alex. Während Alex technisch vielleicht versierter war, ist Martin der Drummer von den beiden, der heftiger und direkter reinhaut. Und letzteres ist nunmal die Art Drumming, die wir bevorzugen für unsere Musik. Es lief auch auf die Frage hinaus, mit wem man seine Zeit verbringen will. Und da hatte Martin ebenfalls die Nase vorn. Alex wirkte die ganze Zeit über mehr wie ein Sessionmusiker, nicht wie ein wirkliches Bandmitglied. Es fühlte sich mit ihm einfach so an, als hätte man gewissermaßen einen Söldner hinter sich auf der Bühne am Drumkit sitzen.


Mit Martin geht es dann im neuen Jahr auf große Europatour…

Bis jetzt sind 25 Gigs gebucht, aber es werden noch mehr werden. Ist alles noch ein wenig im Planungsstadium, wir haben auch die Vorbands noch nicht ausgesucht. Wir hoffen, diesmal in ein paar Ländern zu spielen, in denen wir bislang noch nicht live aufgetreten sind. Naja, das heißt, falls sie bis dahin noch existieren…


Ich stelle mir das recht schwer vor, eine Setlist zu finden, die alle zufrieden stellt, mit all den Alben, die ihr über die Jahre hinweg veröffentlicht habt. Wie geht ihr da vor?

Normalerweise wählen wir einfach die Tracks aus, die uns am besten gefallen. Verständlicherweise sollten da auch die Lieblingssongs der Fans berücksichtigt sein. Wir wollen auch einige der alten Songs ins Programm aufnehmen, schließlich sind wir nicht eine von den Bands, die nur ihr neues Material live präsentieren zwecks Promotion. Okay, von den ersten beiden Alben werden wir eher nichts spielen, aber dafür von allen anderen was, vermischt mit Songs von der neuen Scheibe.


Freust Du Dich schon auf die Shows?

Klar. Studio ist gut und schön, aber diesmal war es auch so, dass wir direkt vor dem Studioaufenthalt fünf Liveshows gespielt hatten und den Schwung mit ins Studio nahmen. Wir waren bei den Aufnahmen also gewissermaßen noch high von den Gigs. Das Touren ist jedenfalls der Teil, der am meisten Spaß macht, eben weil man eine sofortige Rückmeldung von den Fans erhält, sei sie gut oder schlecht.

Du hast es erwähnt, ihr seid nun seit 15 Jahren als Band aktiv. Wo siehst Du denn die Unterschiede in der Death Metal-Szene zwischen damals und heute?

Da gibt´s keine. Klar, viele Bands sind gekommen und gegangen, für uns hat sich aber nichts geändert. Wir gehen raus auf die Bühne und bekommen für gewöhnlich gute Reaktionen von unseren großartigen Fans. Man hört viel Gerede darüber, dass es mit der Szene bergab geht, manchmal wird auch ein großes Revival angekündigt. Im Endeffekt blieb für uns bislang alles aber mehr oder weniger gleich.


Wo wir schon beim Rückblick sind, verrate mir doch mal, welche alte BOLT THROWER-Scheibe Du heute noch am meisten magst…

Na, ich mag sie alle! Das hängt auch immer mit der jeweiligen Entstehungsgeschichte zusammen. Heute klingen die alten Sachen vielleicht manchmal etwas veraltet, aber damals klangen sie o.k. für uns, sonst hätten wir sie gar nicht erst veröffentlicht. Im Rückblick denkt man nur manchmal fucking hell, weißt Du…auf unserem Debüt konnten wir noch nicht mal richtig spielen! Da war noch nicht viel im Timing oder besonders tight gespielt, höchstens an ein paar Stellen. Letztlich kam es aber auf das Feeling an, darauf, dass man gute Songs geschrieben hat. Klar, das gelingt einem nicht immer, manchmal macht einem auch die Produktion einen Strich durch die Rechnung, aber der Wille zählt, denke ich. Warmaster ist momentan mein Favorit, wenn´s um die alten Sachen geht. Zu der Zeit, als das Album entstand, fingen wir an, zu einer Band zusammenzuwachsen dank dem vielen Touren. Das war das erste Mal, dass wir alles wichtige auf die Reihe bekamen. Später kamen uns dann die Besetzungswechsel in die Quere, aber heute sind wir wieder an dem Punkt, an dem wir alles supertight rüberbringen können mit dem neuen, stabilen Line-Up. Kein Wunder also, dass die Stimmung bei uns hervorragend ist!


An welche Zeit eurer Karriere denkst Du heute am liebsten zurück?

An alle Momente der Bandgeschichte. Sicher, manchmal ist man niedergeschlagen und frustriert, aber fuck it, solche Zeiten lassen einen die schönen Momente nur umso mehr auskosten! Und von denen gab es in den 15 Jahren sehr viele. Fällt mir schwer, da eine spezielle Begebenheit rauszuklamüsern. Unser erster Auftritt auf dem With Full Force wäre vielleicht so ein herausragender Moment. Das war das erste Mal, dass wir in Deutschland vor einer richtig großen Menge spielen konnten. Das Festival ist einfach was ganz besonderes, total genial. Das Publikum war der Hammer, echt. Das war ein verdammt tolles Erlebnis.


Im Internet seid ihr hingegen eher spärlich präsent, eine eigene Website habt ihr noch nicht am Start, wie kommt´s? Seid ihr keine Freunde des Internets?

Naja, wir haben seit ungefähr tausend Jahren eine Website im Aufbau, da waren wir bislang ganz schön lahm. Wir wollen uns nun aber dahinterklemmen, schließlich haben wir so viel Material, gerade auch aus den frühen Jahren, das wir gerne auf der Website präsentieren würden. Gleich nach der Tour steht das ganz oben auf unserer Liste!


Dann lass uns zum Abschluss noch zu einer Standardfrage kommen: Welche drei Alben hast Du Dir als letztes angehört?

Puh…VOIVOD – Killing Technology…CANDLEMASS – Epicus Doomicus, ihr erstes Album…und die Singles von VENOM. Aber frage mich morgen noch mal und ich kann Dir drei ganz andere nennen.


Haltet ihr euch auf dem laufenden, was neue Metalbands angeht?

Kaum. Hier in England bekommt man davon auch sehr wenig mit, wir müssen dazu erst auf den Kontinent kommen. Hier ist die Szene ziemlich tot.


Und was geht Dir durch den Kopf, wenn Du im Radio Bands wie LINKIN PARK und LIMP BISKIT hörst?

Hollywood! Fucking Hollywood Metal!


Und mit dieser deutlichen Aussage verabschiedet sich Gavin, jedoch nicht, ohne zuvor noch den deutschen BOLT THROWER-Fans für ihre Treue und ihre Unterstützung all die Jahre über zu danken.

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