BERGETON: Kokainreste an der Nase einer ermordeten Stripperin

BERGETON ist nicht nur der zweite Vorname von MAYHEMs Gitarrist Teloch, sondern auch der Name seines gleichnamigen Elektronica-Projektes. Das Album „Miami Murder“ überrascht nicht nur mit dem bunt-pinken Coverartwork, sondern auch musikalisch. Düstere Synthie-Welten, tanzbare (ja, das wohl unglaublichste Adjektiv im Zusammenhang mit einem Projekt eines MAYHEM-Mitglieds) Tracks und viel Retro-Elektronikvibes beherrschen das gesamte Album, das so gar nichts mit den im Black Metal-Genre weit verbreiteten Dungeon-Synth-Sideprojekten zu tun hat. Da darf man mit dem Herrn hinter BERGETON schon mal in die Kellerverliesse alter Videogames abtauchen…

Danke für das überraschende und coole Album „Miami Murder“. Du bist es als Teloch bei MAYHEM gewohnt, Grenzen zu überschreiten bezüglich Black Metal. Wer ist nun eigentlich das Publikum für „Miami Murder“? 

Danke, dass dir „Miami Murder“ gefällt! Nun, es sieht so aus als wären die meisten Black Metaller Fans solcher Musik. Die meisten von uns spielten irgendwann im Leben Videospiele und die BERGETON-Musik basiert auf diesen alten, „überholten“ Songs. 

Das BERGETON-Artwork ist sehr pink und fast schon Disco-kitschig. Wer war für das Artwork verantwortlich und was bedeutet es für dich? 

Das Artwork stammt von meinem guten Freund American Vendetta (auch bekannt als Christian Sloan Hall), das Logo ist von Paschalis Zervas und ein anderer Freund von mir, Kristian Tennebø, hat das Ganze zusammengefügt für mich. Ich wollte, dass das Cover den Titel „Miami Murder“ repräsentiert – und das tut es. Es ist ein Mordschauplatz in Miami und weil es sich musikalisch um Synthwave handelt, musste natürlich ein Lamborghini drauf. Ich bin sehr zufrieden mit dem Artwork und es ist grossartig rausgekommen!

Eine Hommage an “Miami Vice”

Ja, das Lamborghini-Detail macht das Cover glaubwürdig. Mich hat der Titel und auch das Cover irgendwie an die Netflix-Serie über Gianni Versaces Ermordung denken lassen. War diese Serie eine Inspirationsquelle für dich? Oder was sind deine Assoziationen zu Miami? 

Nein, diese Serie hatte nichts zu tun mit BERGETON. Es ist einfach die Synthwave-Ästhetik, die ein solches Miami-Feeling in sich trägt. Auf den Titel bin ich vor einiger Zeit gekommen, er ist mir einfach geblieben. Ich habe alles andere vom Titel ausgehend kreiert. Miami war die erste Stadt in den USA, die ich mit meinem Grossvater und meinem Vater besucht hatte. Also habe ich Erinnerungen an Miami und ich mag es, dort zu sein. Natürlich war ich auch ein Fan von „Miami Vice“, das muss ich ja kaum erwähnen…

Ja, mit „Miami Vice“ im Hinterkopf macht die Ästhetik von BERGETON noch mehr Sinn. Auf „Miami Murder“ gibt es zudem einen Song, der „Depeche load“ heisst und das Album hat gewisse atmosphärische Parallelen zu DEPECHE MODE. Würdest du DEPECHE MODE als einen Einfluss von BERGETON bezeichnen?

Ich habe mir über die Jahre hinweg DEPECHE MODE-Alben angehört. Und ich hatte sie ihm Kopf, als ich „Depeche load“ schrieb. Aber ich kann nicht wirklich sagen, dass sie mich inspiriert haben. Wer weiss, vielleicht sind sie ein grosser Einfluss auf mich, ohne dass ich davon weiss. Das letzte Album, das ich von DEPECHE MODE gehört habe, ist „Exciter“ – und das kam 2001 raus. Dieses Album habe ich eine Zeitlang gehört, aber ich könnte jetzt keinen Lieblingssong von DEPECHE MODE nennen…

BERGETON als lustige Übung

Welche Bands haben dich ansonsten beim Erschaffen von Musik für BERGETON beeinflusst?

Als ich 2018 mit BERGETON begann, war CARPENTER BRUT ohne Wenn und Aber der grösste Einfluss. Wir hörten uns an Parties die CARPENTER BRUT-Trilogie an bis in die frühen Morgenstunden. Und irgendwann wollte ich solchen Sound selber kreieren. Bevor ich genau wusste, was passierte, hatte ich schon etliche Songs zusammen. Es war eine lustige Übung, weil ich seit 2005 keinerlei elektronische Musik mehr komponiert hatte. 

Hast du einen Lieblingssynthesizer? 

Oje, das ist total nicht mein Spiel. Ich benutze nur Soft Synths und ich nehme jeden Sound, den ich finden kann, wenn ich genau diesen Sound brauche. Ich nehme an, dass meine Sounds ursprünglich von ganz bestimmten Synths kommen, aber ich habe keine Ahnung, wie diese „Original“-Synths heissen. Ich bin definitiv kein krasser Synths-Nerd. Aber ich benutze Reason Propellerheads, Serum, Korg Vintage Collection und Massive. Mit Reason kreiere ich neue Sounds und schaue dann, wohin sie mich führen. Das kann manchmal ein sehr interessanter Trip sein, weil ich keine Ahnung habe, was ich eigentlich mache. 

Videogames aus den 80ern

Vieles an deiner Musik erinnert mich an die 80er und an einige Videogames, die ich damals spielte. Was war dein Lieblingsvideogame damals? Und welches hatte deiner Meinung nach die beste Musik?

Anders als meine Freunde habe ich nie eine Spielkonsole geschenkt gekriegt von meinen Eltern. Ich ging natürlich oft zu meinen Freunden heim und konnte dort spielen. Aber ehrlich gesagt erinnere ich mich nicht an irgendwelche Songs aus dieser Zeit, zumindest nicht jetzt, haha. 

Videogames sind ja heutzutage wesentlich komplizierter und ausgefeilter als damals. Auch ihre Musik ist komplexer geworden. Würde es dich interessieren, den Soundtrack für ein Videogame zu komponieren? Wenn ja, für welche Art von Spiel könntest du dich begeistern lassen?

Natürlich ist es immer das Ziel, aus meiner musikalischen Komfortzone herauszukommen. Sonst wächst man als Musiker nicht mehr. Es wäre sehr schön, für einen Film oder ein Game die Musik zu machen. Die Leute sagen mir immer, dass meine Musik sehr visuell sei, also wäre es wohl ein natürlicher Schritt für mich, den Soundtrack für ein Game oder einen Film zu machen. Ich verfolge die Sache zurzeit nicht proaktiv, wenn es natürlich passiert, dann passiert es. 

Dein BERGETON-Videoclip zu “Miami Murder” ist ja visuell sehr intensiv. Wie muss man sich den Produktionsprozess vorstellen?

Der Videoclip zum Titeltrack basiert natürlich auf dem Titel „Miami Murder“. Das Video zeigt sozusagen in „Flashes“, an was sich der Mörder erinnert, nachdem er die Frau neben dem Lamborghini umgebracht hat. Der Titel ist zudem doppeldeutig: „Miami Murder“ ist zum einen ein Mord, der in Miami geschehen ist. Zum anderen bedeutet „Miami Murder“, dass man wegen Kokain stirbt. Wenn du das Cover von ganz nah anschaust, dann siehst du Kokainreste an der Nase der ermordeten Stripperin. Ausserdem habe ich die chemische Formel für Kokain aufs Vinyl drucken lassen…

Berührungspunkte zwischen Black Metal und elektronischer Musik

Was meinen eigentlich deine Kollegen von MAYHEM zu BERGETON?

Diejenigen, die es gehört haben, finden es toll. Sie haben auch zu einem gewissen Zeitpunkt in ihrem Leben Videogames gespielt und können deswegen etwas damit anfangen. Charles (Ghul) macht ja ebenfalls diese Art von Musik. 

Hast du Pläne, BERGETON live zu promoten?

Ich habe mir darüber einige Gedanken gemacht, ja. Allerdings braucht es noch etwas mehr Planung. Einige Angebote habe ich bereits erhalten, es wäre also cool, BERGETON live umzusetzen. Es wäre ein Traum von mir, mal ohne Gitarre einen Gig zu spielen!

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