Das Artwork von "Wintersun - Time II"

WINTERSUN: Time II

Das Ende einer Odyssee: Zwölf Jahre nach dem ersten Teil entführt “Time II” in eine vielschichtige Klangwelt, für die sich WINTERSUN hohe Ziele gesteckt haben.

464.330€ – exakt so viel Geld spülte im Jahr 2017 die Crowdfunding-Plattform Indiegogo in die WINTERSUN-Kassen. Der Verwendungszweck: Ein bandeigenes Hauptquartier sollte her, auch um das bereits damals überfällige „Time II“ fertigzustellen. In der Mixing-Hölle schien der zweite Teil des Doppelwerks gefangen und das schon seit Jahren. Genug für seinen Traum war der eingetriebene Betrag letztlich jedoch nicht, wie Mastermind Jari Mäenpää erläutert: Nur ein semiprofessionelles Studio sei letzten Endes mit den finanziellen Mitteln zu realisieren gewesen.

Dass der Sänger, Gitarrist und Visionär nach Perfektion strebt und daher am liebsten alles selbst machen möchte, ist durchaus eine bewundernswerte Einstellung. Ob er sich damit jedoch immer einen Gefallen tut, steht auf einem anderen Blatt Papier. Denn nicht nur die enorme Zeitspanne zwischen angeblicher Fertigstellung der sechs Tracks und letztendlichem Release hinterlässt Ratlosigkeit; auch das Produktionslevel rechtfertigt die lange Wartezeit nicht im Geringsten.

Jari Mäenpää hat die klassischen WINTERSUN-Tugenden nicht vergessen

„Time II“ klingt mitnichten nach Low-Budget, leidet jedoch ein wenig unter der modernen Regie: Für ein Album voller orchestraler Arrangements, Synthesizer und Ethno-Samples klingt das Resultat beizeiten arg zusammengedrängt, wobei sich insbesondere die Schlagzeug-Samples eher unangenehm bemerkbar machen. Überdies können die fernöstlichen Klänge des einleitenden Instrumentals „Fields Of Snow“ ihren wohl künstlichen Ursprung nicht verbergen.

Akzeptieren wir jedoch diese Rahmenbedingungen, öffnet sich ein Werk, das mittels Ambition, Feingefühl und kompetenten Songwritings ohne zu stolpern durch seine überlangen Kompositionen navigiert. Die klassischen WINTERSUN-Tugenden prägen etwa „The Way Of The Fire“, wo Symphonic-Bombast das Melodeath-Gerüst anreichert, verspielte Soli in der zweiten Hälfte auf einen dramatischen Höhepunkt zusteuern und punktuell gestreute Folk-Anleihen dem Stück Leichtigkeit schenken. Wiederkehrende Themen und solider Klargesang verleihen schließlich Struktur, so dass wir zu keinem Zeitpunkt die Orientierung verlieren.

Abwechslung und Dramatik sind Grundzutaten für das ambitionierte “Time II”

Im Vergleichsweise gemächlichen Tempo beschwört „One With The Shadows“ die nachdenkliche Seite WINTERSUNs, die hier beizeiten wie eine geerdete Version TURISAS‘ anmutet und mit seinem Tapetenwechsel zum exakt richtigen Zeitpunkt kommt. Das Kontrastprogramm fährt im Folgenden das furiose „Storm“ auf, wo Schlagzeug und Orchester-Samples Schulter and Schulter nach vorne drängen, so dass wir uns selbst inmitten eines chaotischen Orkans wägen.

Die Kulisse, die Mäenpää hier zeichnet, ist in seiner Dramatik durch und durch vereinnahmend, weshalb wir tatsächlich so etwas wie Erleichterung empfinden, als zum zarten Ende hin die Sonne durch die Wolkendecke zu brechen scheint. Dass „Silver Leaves“ anschließend zum fernöstlichen Einschlag zurückkehrt und das Album mit dezenter Folk-Schlagseite ausklingen lässt, ist so stimmig wie schlüssig, obgleich das 13-minütige Finale im Nachgang nur in Auszügen in Erinnerung bleibt.

WINTERSUN entführen mit “Time II” in eine vielschichtige Klangwelt

Ähnlich verhält es sich mit „Time II“ als Gesamtwerk: Den Erwartungen gerecht werden kann eine solche Platte nach zwölf Jahren und den endlosen Versprechungen Mäenpääs ohnehin kaum. So erreicht uns im Jahr 2024 ein durchweg gutes, selten atemberaubendes Werk. Ein Album, dem man die 464.330€ Infrastruktur bestenfalls bedingt anhört und das uns doch in eine vielschichtige Klangwelt entführt. Jedenfalls für den Augenblick, denn ein Album für die Ewigkeit ist „Time II“ leider nicht.

Veröffentlichungstermin: 30.08.2024

Spielzeit: 48:40

Line-Up

Jari Mäenpää – Vocals, Gitarre, Programming, Computer
Teemu Mäntysaari – Gitarre
Jukka Koskinen – Bass
Kai Hahto – Drums

Produziert von Jari Mäenpää

Label: Nuclear Blast

Facebook: https://www.facebook.com/wintersun/
Instagram: https://www.instagram.com/wintersunofficial/
Bandcamp: https://wintersun.bandcamp.com/

WINTERSUN “Time II” Tracklist

1. Fields Of Snow
2. The Way Of The Fire
3. One With The Shadows
4. Ominous Clouds
5. Storm
6. Silver Leaves

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