Im ewigen Duell „Mensch vs. Umwelt“ gibt es keine Gewinner, und dieses Cover untermauert diese Annahme eindrucksvoll. Volkswagen 1:1 Reh, sozusagen. Da vergeht gleich die Lust auf eine Feier, obwohl sie ja angebracht wäre. WHITE WARD sind auserwählt, die Katalognummer DMP0200-EP3 des französischen Labels DEBEMUR MORTI zu veröffentlichen. Und betitelt ist die Jubiläums-EP auch „Debemur Morti“, also „zum Sterben verdammt“. Das passt prima zum Artwork – vielleicht darf man ja so einen Anlass auch mal zynisch feiern. Überraschend ist das nicht das Label ist nicht für Wohlfühlmusik bekannt und wer außerdem „Love Exchange Failure“ und „Futility Report“ bereits auf dem Plattenteller hatte weiß, dass WHITE WARD auch gerne wieder die Zähne zeigen.
Und weil sich die junge ukrainische Band verweigert in einem Stadium des Stillstands zu verweilen, sind die beiden Tracks der gut viertelstündigen EP nicht nur dazu da, um ihrem Label zu salutieren, sie sind auch eine Wasserstandsmeldung. Das Titelstück „Debemur Morti“ beginnt mit pulsierenden Drums und Bass, über das ein bedrohliches Saxofon und jazziges Piano gelegt wird – als hätten sich NEUROSIS mit BOHREN UND DER CLUB OF GORE zum Jam verabredet. Bald schon explodiert das Stück in Richtung der hervorragenden Post Black Metal-Richtung, die es von WHITE WARD auf den beiden ersten Alben zu bestaunen gab, nur stimmiger arrangiert und fokussierter. Schließlich kommt die Cleanstimme von Gastsänger Lars Nedland (SOLEFALD und BORKNAGAR) zum Einsatz und spätestens hier klappt die Kinnlade nach unten. Teils ist die Musik zurückhaltend und brodelnd, teils furios mit Blast Beats und sägenden Gitarren, und doch passt Nedlands Gesang zu allen Facetten des neunminütigen Stücks.
Was für ein Titelsong! Nicht nur dank Lars Nedland als Gast ist WHITE WARD ein sagenhaftes Stück gelungen.
Steigern kann diese Vorstellung das zweite Lied „Embers“ nicht, aber auch hier zeigen sich WHITE WARD von ihrer besten Seite. Bei „Embers“ wird mehr auf dunkle Atmosphäre denn auf Brutalität Wert gelegt. Erst nach der Hälfte der Zeit wird aus dem Darkjazz-Instrumental ein Black Metal-Stück, das nur kurz die Zähne zeigt, dafür aber umso grimmiger. Wer Saxofon liebt, wird diesem Stück verfallen sein, gerade wegen der konsequenten Klimax, die die Verschmelzung beider Pole bedeutet. Vergleicht man die Songs, ist das Titelstück ist ein echtes Juwel, „Embers“ ist immerhin eine absolut solide B-Seite.
Wie schon BLUT AUS NORD mit „Debemur Morti“ im Jahr 2014 feiern WHITE WARD das zweite Jubiläum des Labels mit einer passenden Vorstellung. „Debemur Morti 2021“ ist eine spannende, unkonventionelle EP von einer der vielversprechendsten Bands im zeitgenössischen Black Metal und ehren den Arbeitgeber, der seit knapp zwanzig Jahren die Grenzen dunkler Musik immer wieder aufs Neue herausfordert. Nicht nur die beiden Parteien des hässlichen Unfalls auf dem Foto müssen anerkennen, dass ihre Kollision gesessen hat, auch die Hörer werden mit dieser EP sowohl konzeptionell als auch visuell und musikalisch ins Mark getroffen. Also, stoßen wir auf die nächsten 200 Platten aus dem Hause DMP an! Eine kündigt sich schon an: Denn wenn WHITE WARD auf ihrem voraussichtlich im Herbst erscheinenden Drittwerk diesen Weg weiter beschreiten, kommt was echt Großes auf uns zu.
VÖ: 25. Juni 2021
Spielzeit: 17:09
Yurii Kazarian – Guitars, Vocals
Andrii Pechatkin – Bass, Vocals, Lyrics
Mykola Previr – Guitars
Evgen Karamushko – Drums
Dima Dudko – Saxophone
Mykola Lebed – Piano
Lars Nedland – Guest clean vocals on „Debemur Morti“
Label: Debemur Morti Productions
WHITE WARD “Debemur Morti” Tracklist
01. Debemur Morti 09:07 (Audio bei YouTube)
02. Embers 08:02
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