URFAUST: Der freiwillige Bettler

Die Meisterklasse des Primitiven.

Licht aus, ein paar Kerzen an, Hochprozentiges auf den Tisch, URFAUST haben ein neues Album parat, das gebührend gefeiert werden muss. Und dass URFAUST selbst nun mit ihrem einzigartigen Mix aus Black Metal und Doom momentan so angesagt sind, haben sie wohl selbst nicht geglaubt, weshalb noch viel mehr Absinth ihre durstigen Kehlen hinab strömen dürfte. Das Resultat daraus ist das wohl erhabenste, feierlichste und mitreißendste, was URFAUST bisher von sich gegeben haben. Der freiwillige Bettler, das dritte Album des niederländischen Duos, kultiviert den primitiven Stil von URFAUST und erweitert ihn um eine Menge Details, so dass unter der Oberfläche so einiges abgeht. Der freiwillige Bettler, das erste Album der Band seit fast sechs Jahren zeigt, dass die Band auch trotz der vielen Splits und EPs nach wie vor in der Lage ist, über eine Dreiviertelstunde am Stück für Gänsehaut zu sorgen, ohne dass die Intensität auch nur ein bisschen nachlässt.

Die Songs von Der freiwillige Bettler präsentieren sich zugänglich und sperrig gleichermaßen, sie packen sofort zu und gehen unter die Haut mit, lassen den Hörer aber nur wenig aus ihrer Welt mitnehmen, so dass er immer wieder und wieder zurück kehrt, wie ein Süchtiger, der regelmäßig seine neue Spritze braucht. Das Facettenreichtum, das URFAUST in ihrer eigentlich sehr primitiven Musik bieten macht es eben aus. Die Gitarren spielen mit wenigen Tricks, die schlichten Rhythmen bleiben meistens den ganzen Song gleich. Diese unwahrscheinlich konsequente Reduktion wirkt aber, und das ist der springende Punkt, erstens gekonnt, zweitens suchen URFAUST in jedem Stück andere Möglichkeiten ein gewisses Abwechslungsreichtum zu erhalten, aber nur wenn es unbedingt notwendig ist. Denn auch längere Stücke Vom Gesicht und Rätsel oder Der Mensch, die kleine Narrenwelt nehmen keinen Schaden von den stoischen Repetitionen.

Großen Anteil an der nicht unerheblichen Spannung, die Der freiwillige Bettler bietet, hat auch der Gesang, der in jedem Stück anders ausfällt. Mal episch und klar, mal heiser Gekreischt, mal finster Geröhrt würde eigentlich jede Stimmfärbung auf jedes Stück passen, aber glücklicherweise entscheiden sich URFAUST für immer nur eine Stimmung, um so den Eindruck klar zu halten. Dadurch ergibt sich auf diesem Album ein schöner Fluss, es wirkt gleichermaßen in sich geschlossen, wie facettenreich. Dazu kommt auch, dass Der hässlichste Mensch und das Titelstück mit Black Metal an sich rein gar nichts zu tun haben, sondern eher in Richtung Funeral Doom tendieren, Vom Gesicht und Rätsel, Das Kind mit dem Spiegel und das überraschend flotte Ein leeres Zauberspiel lassen immerhin Erinnerungen an BATHORY wach werden.

Wir können es hören, URFAUST ist eine gereifte, eingespielte Band, die genau weiß, was sie will, die mit ihren Songs eine klare Linie verfolgt und mit wenigen Mitteln ein Maximum an Atmosphäre erschafft. Das liegt an der schön erdigen, sehr passenden Produktion, die einen schönen Hall aufweist, das liegt am geschickten Einsatz von Synthesizern, dem monotonen Schlagzeugspiel, den epischen Riffs und dem grandiosem Gesang. Der freiwillige Bettler ist ein unheimliches, faszinierendes Album, eines dessen Wirkung aber auch stark von der Tageszeit und dem Wetter abhängen kann. So oder so, URFAUST-Freunde und diejenigen, die den Ritus als höchsten aller Rauschzustände ansehen, kommen nicht um die Meisterklasse des Primitiven, um Der freiwillige Bettler, herum.

Veröffentlichungstermin: 28. Januar 2011

Spielzeit: 45:51 Min.

Line-Up:

IX
VRDRBR

Label: Ván Records
MySpace: http://www.myspace.com/urfaustfans

Tracklist:

1. Vom Gesicht und Rätsel
2. Der freiwillige Bettler
3. Das Kind mit dem Spiegel
4. Der Mensch, die kleine Narrenwelt
5. Ein leeres Zauberspiel
6. Der hässlichste Mensch
7. Der Zauberer

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