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ULTHAR: Anthronomicon

Die großen Alten würden sich für ULTHAR entscheiden: „Anthronomicon“ ist ein komplexes und zügelloses Death Metal-Album für Unerschrockene.

Die Traumlande rufen wieder nach Unerschrockenen, die sich kosmischen Absonderlichkeiten stellen. Schon wieder, muss man fast sagen. Es ist ja nicht so, dass es einen Mangel an Bands mit Lovecraft-Thematik gibt, allein mit dem Namen ULTHAR, je nach nekronomischer Rechtschreibreform mal mit und ohne „h“, respektive „r“ sind da einige Kandidaten aktiv. Immerhin, die großen Alten würden am ehesten diese Band hier hören. Warum? „Anthronomicon“ ist ein komplexes und anachronistisches Death Metal-Album, das durchaus den Wahnsinn atmet. Das Trio der US-Westküste zeigt handwerkliche Stärke und verbindet das Flair der alten Schule mit der technischen Finesse von Bands, des neuen Jahrtausends.

Vor allem beim Erstkontakt mit ULTHAR dauert es ein wenig, bis sich das Publikum an den Stil des Trios gewöhnt. „Anthronomicon“ geht in medias res und bringt mit thrashigen MORBID ANGEL-artigen Riffs, die heutzutage in dieser Form höchstens noch von SIJJIN so überzeugend gespielt werden, eine starke Basis mit, die durch die bizarren Songstrukturen in Formen gepresst werden, die gut durch das chaotische Artwork repräsentiert werden. Es gibt somit kaum Ruhepausen auf dem dritten Album ULTHARs, hier und da sind atmosphärische Outros oder kurze harmonische Stellen, alles wird aber sogleich wieder durch das beherrschte Chaos zermalmt.

Auf „Anthronomicon“ zelebrieren ULTHAR bizarren Death Metal mit dem Flair der alten Schule und der Finesse der Neuzeit. Ist das anstrengend? Na klar!

Und dann ist da diese Energie der frühen Neunziger. ULTHAR schaffen es, dass diese bizarren Songkonstrukte, die eigentlich verkopft klingen müssten, aus dem Bauch kommen. „Anthronimicon“ ist über weite Strecken geradezu entfesselt brutal. Wenig verwunderlich, dass sich immer wieder rasende Black Metal-Riffs einschleichen und die Songs noch unberechenbarer klingen lassen. In ihren besten Momenten sind ULTHAR das, was man sich unter einem Speed-Dating-Event von BLOOD INCANTATION mit DEIMILICH, neueren GORGUTS und VENENUM vorstellen darf.

Somit ist es relativ sinnlos, die acht Songs einzeln zu betrachten. Viel mehr ist „Anthronomicon“ eine große Symphonie des Wahnsinns. Immerhin, die thrashigen Riffs in „Flesh Propulsion“ und „Cultus Quadrivium“ stechen ebenso hervor wie die schwindelerregende Finali von „Cuagulation Of Forms“ und „Larynx Plateau“, bei denen sich zwei kranke Riffs nicht nur abwechseln, sondern auch abwürgen. Glücklicherweise ist das Soundbild sehr old-school und damit auch relativ transparent, egal wie schmutzig der Gitarrensound auch klingen und mit wie viel Hall die Drums auch versehen sein mögen. Der Bass dankt es, denn somit gehen die irren Basslinien nicht unter.

ULTHAR verweigern sich der Konsensmusik: „Anthronomicon“ ist definitiv kein Easy Listening.

Auch wenn „Anthronomicon“ Death Metal nach meinem persönlichen Geschmack ist, ein derart überbordendes Album benötigt Zeit und Energie. Es stellt schon eine Hemmschwelle dar, ULTHAR die Aufmerksamkeit zu schenken. Und für jede Gelegenheit sind ULTHAR auch nicht die richtige Band. Doch wenn sich diese Musik erstmal im Hörer richtig manifestiert hat, bleibt die Faszination bestehen. Und genau das zeichnet diese Musik doch letzten Endes aus – Death Metal soll alles, nur keine Konsensmusik sein. Vermutlich gilt das auch für das parallel erscheinende Album „Helionomicon“, das mit zwei 20minütigen Songs nicht gerade für simple Kost sorgen wird. Für den nächsten Roadtrip durch die Traumlande, empfiehlt sich dieses Album also zweifellos, zumindest für diejenigen, die ihren Death Metal am liebsten bizarr mögen.

Wertung: 6,5 von 8 Sternengezüchte

VÖ: 17. Februar 2023

Spielzeit: 40:55

Line-Up:
Steve Peacock – Bass, Vocals
Shelby Lermo – Guitars, Vocals
Justin Ennis – Drums

Label: 20 Buck Spin

ULTHAR „Anthronomicon“ Tracklist:

1. Cephalophore
2. Fractional Fortresses
3. Saccades (Official Audio bei Youtube)
4. Flesh Propulsion
5. Astranumeral Octave Chants (Official Audio bei Youtube)
6. Coagulation Of Forms
7. Larynx Plateau
8. Cultus Quadrivium

Mehr im Netz:

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