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THY CATAFALQUE: Rengeteg

And the Oscar goes to … THY CATAFALQUE!

Als THY CATAFALQUE bei den Hungarian Metal Awards 2009 gegen die heimische Konkurrenz (namentlich DALRIADA) antraten, war mir das ehrlich gesagt ziemlich egal. Weder kannte ich die Ungarische Metalszene ausreichend gut, einmal abgesehen von Herrn Csihars Ur-Band TORMENTOR, noch verfolge ich im Regelfall in- und ausländische Preisverleihungen mit großem Interesse. Fakt ist zumindest, dass das damalige Duo um Tamás Kátai und János Juhász für sein Vorgängerwerk Róka Hasa Rádió leer ausging, und vielleicht nicht die Aufmerksamkeit von der Presse und der Musikwelt bekam, die es verdient hätte. Doch Zeiten ändern sich bekanntermaßen – aus dem Duo wurde ein Ein-Mann-Projekt, und aus dem kleinen tschechischen Label Epidemie Records von einst wurde ein Deal mit dem bekannten Label Season of Mist, was zumindest das Problem der zu geringen internationalen Aufmerksamkeit lösen sollte. Genau durch diesen glücklichen Zustand landet nun das aktuelle Werk mit dem klangvollen Namen Rengeteg auf meinen virtuellen Plattenteller zur Besprechung.

THY CATAFALQUE in eine Kategorie zu quetschen ist nicht nur schwer, nein sogar quasi unmöglich, wie bereits der knapp 10-minütige Opener beweist. Manche Leute würden vielleicht behaupten, mit dem zweitlängsten Song der gesamten CD zu beginnen sei keine gute Idee, denn man möchte den Hörer ja möglichst schnell fesseln, und dadurch scheint zu viel Komplexität manchmal eher als hinderlich. Doch diese Zweifel sind bei diesem genialen Songwriting mehr als unangebracht, das es spielend leicht versteht, die einzelnen Soundteilchen nacheinander einzuführen und zu einem großen Ganzen zu verweben. So beginnt Fekete mezők recht konventionell mit einer krachenden Gitarren/Drum-Kombination, zu der sich sanft erste spacige Synthesizergeräusche gesellen und finsteres Gekrächze im Hintergrund vernommen wird. Diese explosive Mischung bildet das Grundgerüst für den Sound, der später noch um das wichtigste Element erweitert wird: den episch anmutenden Folk-Gesang, der erfreulicherweise zu keiner Zeit kitschig oder plakativ daher kommt. Diese Eigenständigkeit ist größtenteils der ungewohnten ungarischen Sprache und den damit verbundenen Tonleitern schuldig, die man in unseren Breitenkreisen nicht alltäglich zu hören bekommt. Was jedoch die eigentliche Faszination auf mich ausübt, sind nicht nur die einprägsamen Gesangsmelodien, sondern eher, wie mit ihnen umgegangen wird. Zu keiner Zeit fühlt man sich von der vorgetragenen Musik gelangweilt oder mit Déjà-vus gestraft, denn an jeder Ecke passiert etwas. So entpuppt sich gerade der Opener als Wolf im Schafspelz, denn so zugänglich er mit angesprochen Folkelementen beginnt, verlässt er ab Songmitte ausgetretene Pfade und verabschiedet sich in experimentelle Gefilde. Auf einmal dominieren Taktwechsel und ausufernde Instrumentalpassagen mit tollen Leads das Geschehen, ohne dabei nur im Ansatz den Roten Faden zu verlieren. Das macht Appetit auf mehr!
Und der geneigte Hörer kommt weiter auf seine Kosten. Auch wenn die Spielzeit der folgenden Titel reduziert daherkommt und die Eingängigkeit zunimmt, gibt es jede Menge zu entdecken. Trilobita, Kék ingem lobogó oder Az eső, az eső, az eső zum Beispiel können als eine Symbiose von Tradition und Zukunft betrachtet werden. Auf der einen Seite stehen folkige Gesangslinien, die unwiderrufliche Verwandtschaft mit dem Orient haben, kontrastär zu  stampfenden Industrialdrums und experimentellen Keyboardsounds, die man selten in so einer Kombination findet. Allerdings ist das Repertoire von Mastermind Tamás Kátai damit noch lang nicht erschöpft, denn er beherrscht auch vorzüglich atmosphärische Epen wie das mystische Ko Koppan, in dem ein gesamtes Orchester im Stile von Herr der Ringe zum Einsatz kommt, oder das klaustrophobische, beklemmende Holdkomp, das mit verschwommenen, undeutlichen Stimmen eine Fabrikgeräuschkulisse untermalt. Sie bilden den Rahmen für das zweite Schwergewicht Vashegyek, das mit seiner Teilung in der Mitte für nachhaltigen Eindruck sorgt. Darin wird die Epik des vorherigen Songs fortgeführt durch eine elbengleiche Frauenstimme, die sich sanft in das Ohr des Zuhörers säuselt. Doch diese Harmonie wert nicht anhaltend, denn THY CATAFALQUE können durchaus grimmiger werden, indem sie die Schlagzahl der Bassdrum erhöhen und den dominierenden cleanen Gesang kurzzeitig vergessen, dafür amtliches Gekeife auffahren. Der Song mündet letztendlich in ein wahrhaft furioses Finale, das an Intensivität nur schwerlich zu beschreiben ist und Erinnerungen an WINIDR hervorruft – definitiv ein Highlight. Ebenfalls grimmig geht es im abschließenden Minden test fű zu, in dem die Black-Metal-Vergangenheit dieses Projekts am Stärksten zum Vorschein kommt. Der virtuelle Drummer darf ein letztes Mal ordentlich in die Pedale treten, bevor die CD mit einem abrupten und etwas unbefriedigten Ende abschließt.

Was THY CATAFALQUE auf diesem Album zelebrieren, das sollte man sich als aufgeschlossener Musikhörer mit Hang für experimentelle Sounds und Vorlieben für Bands wie NEGURA BUNGET nicht entgehen lassen. Denn so ein gut funktionierender, vielschichtiger Mix aus Folklore, Black Metal und Elektroeinflüssen ist mir seit langer Zeit nicht mehr untergekommen. Hier greift einfach jedes Zahnrad tadellos ineinander und dient dem Ganzen. Somit wäre es gut möglich, dass Tamás Kátai bei der nächsten Preisverleihung der ungarischen Metal-Awards mehr Glück hat und dieses Mal nicht den Kürzeren zieht – verdient hätte er es jedenfalls.

Veröffentlichungstermin: 11.11.2011

Spielzeit: 61:31 Min.

Line-Up:
Tamás Kátai – Vocals, Bass, Guitars, Keyboards, Programs

Produziert von Tamás Kátai

Label: Season of Mist

Homepage: http://www.thycatafalque.hu

Mehr im Netz: http://www.myspace.com/thycatafalque

Tracklist:
1. Fekete Mezők
2. Kel Keleti Szél
3. Trilobita
4. Kő Koppan
5. Vashegyek
6. Holdkomp
7. Kék Ingem Lobogó
8. Az Eső, Az Eső, Az Eső
9. Tar Gallyak Végül
10. Minden Test Fű

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