THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION: Egor

Ein siebzigminütiger Improv-Trip durch die finstersten Gassen Moskaus.

Tut er dir auch leid, der arme Zombie auf dem Artwork von Egor? Nichts zu fressen und die Sonne blendet. Als wüsste er nicht, dass lichtscheues Gesindel, also seine Nahrung eher in den Clubs anzutreffen ist, in denen Egor entstand. Dort improvisieren THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION wieder: Ein gutes Jahr nach dem unheimlichen, aber auch anstrengenden Anthropomorphic hat das Alter Ego von THE KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE ein paar der Improvisationen der letztjährigen Russland-Tour in vier bizarre, überlange Songs gepackt. Egor hat dabei eine wirklich starke erste Hälfte, sackt dann aber ein wenig ab. Immerhin, Egor wirkt durchaus wie ein Live-Album wenn auch ohne Applaus – bis auf am Schluss -, es wirkt auf Russland zugeschnitten, hat tragische Violinen-Melodien aus der Zarenzeit parat, ist unterlegt mit einer stets brodelnden Finsternis, fährt echte Rhythmen auf, hat charismatische Gitarren- und Gesangsarbeit zu bieten und wirkt nicht zuletzt durch die Posaune recht entrückt. Das Zusammenspiel dieser Faktoren ist knappe siebzig Minuten lang das sprichwörtliche, permanente Messer in deinem Rücken.

Die ersten beiden Stücke, Lift Mashiny und Stuchat´ Kulakom Lestnitsa haben keine Schwierigkeiten auch über die lange Spielzeit von mindestens dreizehn Minuten, den Hörer in einen Sog zu ziehen, und auch die erste Hälfte von Kosmonavt Rasputina ist spannend, unheimlich und intensiv. Danach wird es jedoch immer wieder zu schwer nachvollziehbar, um den Hörer wirklich bei der Stange halten zu können. Ihre Form findenTHE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION glücklicherweise dazwischen immer wieder, vor allem wenn es etwas konventioneller klingt, ist das niederländische Ensemble ganz stark. Wobei der Begriff konventionell bei THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION mit äußerster Vorsicht zu genießen ist. Nun, Egor findet immerhin den Weg zwischen Improvisation und Komposition, so dass hier wieder zu erkennen ist, dass Könner am Werk sind. Nicht nur instrumental und gesanglich, auch wie diese Fragmente aus den Improvisierten Sessions zu einem größtenteils schlüssigen Ganzen vermengt werden, das ist schon eine beachtliche Leistung.

Steklo Unichtozheno verliert sich ein wenig in den imaginären Gassen und nächtlichen Straßen Moskaus, durch die uns diese Musik führt. Würde sich der schwarzweiße Henker aus Edgar Wallace´ Filmen leise von hinten nähern, keiner würde es merken, so sehr sind wir von diesem Album sediert, bis es am Ende dann doch noch mal laut und fast schon humoresk wird. Wie gesagt, in der zweiten Albumhälfte hätten etwas mehr Ecken und Kanten und weniger ausgedehnte Improvisation nicht geschadet, aber alles in allem ist THE THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION ein fremdartiges, schönes und geheimnisvolles Stück Musik gelungen, das allerdings nur wenigen ans Herz zu legen ist – denn sowohl das Publikum aus den Bereichen Ambient, Drone, Doom als auch Jazz könnte sich an diesem Album die Zähne ausbeißen. Das gilt auf für den traurigen Zombie auf dem Cover. Wer aber schon die Vorgängeralben überstanden hat, der wird Egor auch lieb gewinnen können. Vielleicht sogar mehr, als Anthropomorphic. Aber um ehrlich zu sein, im Entscheidungsfall bleibe ich dann doch lieber bei THE KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE.

Veröffentlichungstermin: 23. März 2012

Spielzeit: 68:51 Min.

Line-Up:

Hilary Jeffrey – Trombone
Eelco Bosman – Guitar
Jason Kohnen – Bass
Gideon Kiers – Electronics
Sarah Anderson – Violin
Ron Goris – Drums

Label: Denovali Records

Homepage: http://www.tkde.net

Mehr im Netz: http://www.facebook.com/tmfdjc

Tracklist:

1. Lift Mashiny
2. Stuchat´ Kulakom Lestnitsa
3. Kosmonavt Rasputina
4. Ñòåêëî Óíè÷òîæåíî

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner