Es liegt ihnen im Blut: Noch bevor die erste Note komponiert war, diskutierten die frisch formierten THE HALO EFFECT seinerzeit über ihre künftige Marschrichtung. Sogar über Rock’n’Roll und Progressive wurde gesprochen, wie Gitarrist Niclas Engelin jüngst verriet. Dass die Supergroup letzten Endes bei exakt jenem Stil landete, den ihre Mitglieder selbst großzogen, war somit weniger Kopf- denn Bauchsache.
Was die Schweden unlängst als Marke unter dem Banner „Gothenburg Death Metal“ vermarkten, ist auch Produkt der eigenen Sozialisation. Aufgewachsen in den 90ern entstand bekanntlich in der schwedischen Hafenstadt dieser heute so einflussreiche Musikstil, der unzählige Nachahmer fand, doch nur selten so messerscharf reproduziert werden konnte, wie es AT THE GATES, DARK TRANQUILLITY und IN FLAMES taten.
„March Of The Unheard“ liefert mehr vom Bewährten, ohne ausschließlich auf der Stelle zu treten
Es ist ein Vermächtnis, von dem man sich nur schwer lossagen kann, wie das Debütalbum „Days Of The Lost“ im Jahr 2022 zeigte. Als wären THE HALO EFFECT frisch der Jahrtausendwende entsprungen, zitierte das Quintett musikalisch sich selbst, während Sänger Mikael Stanne (DARK TRANQUILLITY, GRAND CADAVER, CEMETERY SKYLINE) lyrisch das Gefühl der damaligen Zeit einzufangen suchte. Sturm und Drang trifft auf die Suche nach Identität – eine einmalige Mischung, die „Days Of The Lost“ aus moderner Perspektive fast schon ein wenig romantisierend darstellte.
Daran anzuknüpfen erscheint also zunächst recht unkompliziert: Alle Trademarks, die damals funktionierten, zeichneten schließlich auch das Debüt aus und lassen sich nun verlustfrei auf den Nachfolger übertragen. „March Of The Unheard“ liefert also mehr vom Bewährten, ohne jedoch ausschließlich auf der Stelle zu treten. Die Entwicklung der Band spiegelt sich schon im Opener „Conspire To Deceive“, wo insbesondere die verspielten Leadgitarren hervorstechen. Waren die Kompositionen zuvor teils recht simpel gehalten, agieren Niclas Engelin und Jesper Strömblad nun mit spürbar mehr Selbstbewusstsein.
THE HALO EFFECT lösen sich nicht von ihrer Vergangenheit, schreiben aber dafür munter weitere Hits
Dabei bezieht das Gitarrenduo die Vergangenheit jedoch bewusst mit ein, wie schon im folgenden „Detonate“ die unüberhörbaren Referenzen auf „Pinball Map“ zeigen. Überhaupt sind die beiden IN FLAMES-Klassiker „Clayman“ (2000) und „Colony“ (1999) gute Referenzpunkte, um den musikalischen Stand THE HALO EFFECTs anno 2025 herunterzubrechen. Dass die altbekannten Querverweise nicht zur Last werden, verdanken die Skandinavier zu beträchtlichem Anteil der unverkennbaren Handschrift ihrer Gitarristen, deren Songwriting-Talente eben auch diese charakteristischen Melodiefolgen umfassen, die Stücke wie den Titeltrack oder „Cruel Perception“ unmittelbar catchy und auf lange Sicht robust halten.
Ein wenig zaghaft vollzieht sich dagegen die Einbindung von Synthesizern in „What We Become“, wohingegen „Between Directions“ durch die zusätzlichen Streicher tatsächlich an Dramatik gewinnt. Die spürbare Nähe zwischen THE HALO EFFECT und DARK TRANQUILLITY liegt sicherlich auch am gemeinsamen Frontmann, der hier nach „Forever Astray“ im Refrain ein weiteres Mal auf Klargesang zurückgreift. Auch „A Death That Becomes Us“ knüpft Verbindungen zu Mikael Stannes Hauptband, ohne natürlich deren aktuellen musikalischen Weg kopieren zu wollen.
Auf „March Of The Unheard“ stehen THE HALO EFFECT mit einem Bein in der Vergangenheit und mit dem anderen in der Gegenwart
Dafür sind THE HALO EFFECT zu sehr in der Vergangenheit, im goldenen Zeitalter des Melodic Death Metal verwurzelt, welchem „March Of The Unheard“ nun ein weiteres Mal frisches Leben einhaucht. Weniger durch das instrumentale Gitarren-Streicher-Medley „Coda“, als durch die charakteristischen Markenzeichen jener Ära, die dem Quintett ein ums andere Mal wie selbstverständlich aus den Ärmeln fallen. Es liegt ihnen eben im Blut.
Veröffentlichungstermin: 10.01.2025
Spielzeit: 44:07
Line-Up
Mikael Stanne – Vocals
Niclas Engelin – Guitar
Jesper Strömblad – Guitar
Peter Iwers – Bass
Daniel Svensson – Drums
Produziert von Oscar Nilsson
Label: Nuclear Blast
Homepage: https://www.thehaloeffect.band/
Facebook: https://www.facebook.com/thehaloeffectse
Instagram: https://www.instagram.com/thehaloeffectse/
Bandcamp: https://thehaloeffectse.bandcamp.com
THE HALO EFFECT “March Of The Unheard” Tracklist
01. Conspire To Deceive
02. Detonate (Video bei YouTube)
03. Our Channel To The Darkness
04. Cruel Perception (Video bei YouTube)
05. What We Become
06. This Curse Of Silence
07. March Of The Unheard (Video bei YouTube)
08. Forever Astray
09. Between Directions
10. A Death That Becomes Us
11. The Burning Point
12. Coda