Man kann in erzwungenen Corona-Auszeiten die Däumchen oder im Proberaum den Verstärker auf Anschlag drehen. THE CROWN entschieden sich für die zweite Möglichkeit, als ihr im Mai geplanter Studiotermin auf Oktober verschoben wurde, und schrieben flugs nochmal neue Songs und probten, probten, probten. Das hat sich gelohnt: „Royal Destroyer“ sammelt überall Höchstnoten ein – und die sind mehr als verdient.
THE CROWN – die ungekrönten Könige des Death Metals
In einer knappen Dreiviertelstunde proklamieren THE CROWN ihren Anspruch auf den Death Metal-Thron. Wobei, so richtig festnageln konnte man die Schweden ja noch nie. Ihr Extrem Metal war schon immer eine eigenständige Mischung aus Ami- und Skandi-Death Metal, Thrash Metal (alte METALLICA, KREATOR), Rock ‚n‘ Roll (MÖTORHEAD) und der leidenschaftlichen Fuck you all-Attitude von Bands wie ANTI CIMEX oder WOLFBRIGADE. Für „Royal Destroyer“ haben THE CROWN ihr Songwriting perfektioniert, so abwechslungsreich, so ausgearbeitet und so detailverliebt war die Band noch nie.
Viking Punk – ein neues Genre?
Der gerade mal 75 Sekunden lange Opener „Baptized In Violence“ könnte nicht passender betitelt sein und dürfte der härteste THE CROWN-Song jemals sein. Die überraschend üble Crust/Old-School-Hardcore-Aggro-Nummer steht der Band, die inzwischen immerhin auch schon seit 30 Jahren unterwegs ist, verdammt gut. Es klingt absolut glaubwürdig. THE CROWN können auch einen Song „Scandinavian Satan“ nennen, ohne peinlich zu sein. Der Titel erinnert nicht ohne Grund an „Scandinavian Jawbreaker“, eine der besten Hardcore Punk-Platten überhaupt. THE CROWN-Bassist Magnus Olsfeld trägt nicht nur gerne ANTI CIMEX-Shirts, sondern schreibt außerdem Texte, die man auch ruhig mal in Ruhe durchlesen kann. Er hat obendrein Händchen für arschcoole Songtitel und Textzeilen. Neuerdings gehört auch „Viking Punk“ dazu. „Blitzkrieg Witchcraft“ oder „Natashead Overdrive“, „1999 – Revolution 666“ sind ja schon ein bisschen älter.
20 Jahre seit „Deathrace King“? Wie weggeblasen!
„Let The Hammering Begin“ ist, so schreibt die Band selbst, eine Hommage an Jeff Hannemann. Wer jetzt SLAYER-Riffs oder ein Hannemannsches „Quitsch-Miumiumiu-Fiiiips“-Gitarrensolo erwartet, wird enttäuscht. Es ist der Aufbau und das Arrangement des Songs, der an „Angel Of Death“ erinnert: Die ersten 30 Sekunden des Klassikers haben sich THE CROWN so zu eigen gemacht, dass man es nicht sofort merkt. „Motordeath“ macht eine Ganzkörpergänsehaut und bläst die 20 Jahre seit „Deathrace King“ und jedes Staubkörnchen auf der Lautsprechermembran einfach weg. Es soll ja Menschen geben, die beim Musikhören keine Gänsehaut bekommen, nie. Was ist kaputt bei euch, was passiert mit euch, wenn ihr Killer-Songs wie „Motordeath“ hört?!
„Royal Destroyer“ treibt mir die Freudentränen in die Augen
Überragende Musiker waren sie schon immer bei THE CROWN und Sänger Johan Lindstrand gehört zu den Sängern im Extrem Metal, die schon früh einen eigenen Stil entwickelten. Auf „Royal Destroyer“ übertrifft er sich selbst: Dass man die Texte versteht: geschenkt. Dass man ihm seit 25 Jahren „Lava for Lunch“ unterstellen kann: geschenkt. Wie er seine Stimme auf „Royal Destroyer“ einsetzt, ist Weltklasse. Flüstern, raunen, growlen und brüllen bis die Stimmbänder in Fetzen runterhängen – all das bekommt man auf „Royal Destroyer“. „Ultra Faust“ hätte mit dem Wechsel von doomigen Parts und Bastbeats auch auf „Possessed 13“ stehen können. „Glorious Hades“ wird eingeleitet von dem Riff des Jahres (ja, wirklich!) – und beide Songs vereint eine unfassbar intensive Gesangsperformance.
„Royal Destroyer“ ist ein Abenteuertrip durch 30 Jahre THE CROWN-Bandgeschichte
„Devoid Of Light“ erinnert an die ultraschnellen, ultramelodiösen Songs von „Crowned In Terror“ und ist auch eine Verbeugung vor MORBID ANGEL. „We Drift On“, ein Song mit Dreiviertel-Takt(!), Akustikpart und gerauntem Text, ist gar nicht so überraschend, wenn man sich an Instrumentals wie „In Memoriam“ oder „Meduseld“ erinnert. Auch da hatten THE CROWN schon mal sanftere Töne angeschlagen. Wer gar zurück bis zur „Hell Is Here“ geht, kennt mit „Death By My Side“ schon einen dieser eher melodiösen Stücke der Schweden. Der Rausschmeißer „Beyond The Frail“ entstand erst in der sommerlichen Zwangspause und sollte eigentlich gar nicht auf das Album. Man kann froh sein, dass sich die Band nochmals umentschieden hat und das Dynamik-Monster mit Blastbeats und „Dyer’s Eve“-Tapping nicht als Bonustrack endete. Drummer Henrik Axelsson tritt hier endgültig aus dem Schatten seines Vorgängers Janne und beweist mit einer M40-Salve, wie gut, schnell und präzise er ist.
Dass bei THE CROWN inzwischen auch schon 30 Jahre Erfahrung zusammenkommen, hört man auch am Sound von „Royal Destroyer“: Der erinnert nämlich eher ans Frühwerk der Band, das ist keine dieser glasklaren, transparenten Produktionen, die am Rechner auf- und auspoliert wurden. Im Fredman haben sich THE CROWN diesmal einen dreckigen, drückenden Sound abgeholt – in dem die vielen Details, wie wiehernde Pferde, Donnergrollen und Hammerschläge auf einem Amboss, trotzdem nicht untergehen.
Für dieses Album gibt’s elf von zehn Zacken in der Krone
Vielleicht ist „Royal Destroyer“ ja sogar genauso gut wie „Deathrace King“ – das werde ich für mich aber erst entscheiden, wenn „Royal Destroyer“ in den nächsten 20 Jahren genauso oft wie die im Jahr 2000 erschienene „Deathrace King“ gelaufen ist. Als Fangirl kann ich mich jetzt aber entspannt zurücklehnen, wichtig gucken und darauf verweisen, dass THE CROWN tatsächlich seit Jahrzehnten meine absolute Lieblingsband ist.
Wertung: elf von zehn Zacken in der Krone
Veröffentlichung: 12. März 2021
Label: Metal Blade Records
THE CROWN Royal Destroyer Tracklist
1. Baptized in Violence
2. Let the Hammering Begin!
3. Motordeath
4. Ultra Faust
5. Glorious Hades
6. Full Metal Justice
7. Scandinavian Satan (Lyrics-Video bei YouTube)
8. Devoid of Light
9. We Drift On (Video bei YouTube)
10. Beyond the Frail (Lyrics-Video bei YouTube)
Absolute Monarchy (Bonus)
Diven By Desaster (Bonus)
The Crown line-up:
Johan Lindstrand – Vocals
Magnus Olsfelt – Bass
Marko Tervonen – Guitar
Robin Sörqvist – Lead guitar and backing vocals
Henrik Axelsson – Drums