PYRRHON: The Mother Of Virtues

Technisch brilliant,  jedoch mit kompositorischen Schönheitsfehlern

Wirtschaftlich und politisch mögen sich an Nordamerika die Geister scheiden, was jedoch die Underground-Musik angeht, sind die USA zusammen mit Kanada die weltweit wichtigste Kader- und Trendschmiede, wobei die beiden Länder auch die höchste Dichte an den Zukunft prägenden und innovativen Indie-Labels aufweisen, deren Rangliste schon seit Jahren von Relapse Records angeführt wird. Aus diesem Grund werden jegliche Veröffentlichungen von Relapse seit jeher auch von mir mit großem Interesse und Spannung verfolgt.

Keine Ausnahme ist auch die neue Scheibe von PYRRHON, der Technical/Progressive Death Metal Band aus New York City, die erst vor kurzem von Relapse Records mit einem Plattenvertrag ausgesttatet wurde und mit The Mother of Virtues ihren Label-Einstand feiert.

Obwohl die progressive death metal newcomers (und das, obwohl die Jungs seit bereits sechs Jahren Krach machen und ein Langeisen im Petto haben) aus New York kommen, haben sie musikalisch absolut nichts mit dem New Yorker Death Metal  zu tun, den wir vor allem von SUFFOCATION kennen. Vielmehr orientieren sich PYRRHON in die Richtung von GORGUTS oder GIGAN sowie den Avantgrind von ANTIGAMA, und setzten statt Brutalität und Groove auf Dissonanzen und vertrackte Songstrukturen. Daher ist es kein Zufall, dass die oben genannte Scheibe von keinem geringeren als Colin Marston (GORGUTS, DYSRHYTHMIA, KRALLICE, BEHOLD… THE ARCTOPUS) produziert wurde. Und auch wenn die Promoabteilung von Relapse  in dem Zusammenhang mit dem jungen New Yorker Quartett solche Bands wie PORTAL und ULCERATE ins Spiel bringt, bedienen sich PYRRHON überwiegend bei den beiden weiter oben genannten Kapellen, wobei die verstörte und düstere Atmosphäre doch sehr wohl von den Kult-Australiern stammen könnte.

Technisch sind die Amis auf jeden Fall erhaben: Hochkomplexe und dissonante Riffs sowie vertrackte Drumparts mit sind solch einer Leichtigkeit und Präzision gespielt, dass einem schon schwindelig werden kann. Doch ungefähr nach zwei Dritteln der Spielzeit kehrt langsam aber sicher bei mir die Langeweile ein. Warum? Die Antwort ist trivial: der Musik fehlt es an Wiedererkennungsmerkmalen, weil einzelne Songs zwar hochgradig komplex  sind, jedoch über keine Fixpunkte verfügen, die sofort im Gedächtnis hängen blieben. Dadurch können einzelne Tracks häufig nur sehr schwer auseinander gehalten werden, was die gesamte Scheibe streckenweise leider zu einem Einheitsbrei verkommen lässt, denn wie bereits seit Langem bekannt, machen brillante Einzelsongs noch kein brillantes Album.

So etwas finde ich sehr schade, denn PYRRHON loten ihr Potenzial (wie auf den bärenstarken Implant Fever oder Balkanized) für meine Ansprüche dieses Mal doch zu selten aus, um in der oberen Liga dauerhaft mitspielen zu können – dafür fehlt es einfach an der Fokussiertheit bei dem Songwriting, was zu den nicht unerheblichen Abzügen bei der B-Note führt. Zieht man jedoch in Betracht, dass dieses Album vor allem von seiner technischen Raffinesse und beklemmenden Atmosphäre lebt, so könnte man diesem Werk wohlwollend doch eine starke Drei mit Tendenz nach oben geben, in der Hoffnung, dass The Mother of Virtues  tatsächlich das Grower-Potenzial hat.

Veröffentlichungstermin: 28.03.2014

Spielzeit: 54:40 Min.

Line-Up:
Doug Moore – Vocals
Dylan DiLella – Guitars
Erik Malave – Bass
Alex Cohen – Drums

Produziert von Colin Marston
Label: Relapse Records

Tracklist:
01. The Oracle Of Nassau
02. White Flag
03. Sleeper Agent
04. Balkanized
05. Eternity In A Breath
06. Implant Fever
07. Invisible Injury
08. The Parasite In Winter
09. The Mother Of Virtues

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