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PSYOPUS: Odd Senses

Mathcore over the top. Der lebendigste Beweis, welche komischen Klänge aus einer Gitarre herauszuholen sind.

Chris Arp ist ein Mensch mit viel Zeit und Humor und himmelhohen Ansprüchen. PSYOPUS veröffentlichen zwei Jahre nach Our Puzzling Encounters Considered ein neues Album und haben eine komplett neue Besetzung vorzuweisen, ein Bassist, ein Drummer, zwei Sänger. So hohen Verschleiß haben nicht mal NECROPHAGIST vorzuweisen, mein lieber Freund. Aber wenigstens schaffen es PSYOPUS regelmäßig neues Material zu veröffentlichen, das auch in schöner Regelmäßigkeit bizarrer und irrer wird. So auch Odd Senses, das gerne, oder sagen wir permanent, übers Ziel hinaus schießt.

Gut, was anderes haben wir uns auch nicht erwartet, oder denkst du ernsthaft, Chris Arp und seine neuen Mannen würden sich mit Standard-Mathcore zufrieden geben? Eben. Odd Senses ist der lebendigste Beweis, was man alles an komischen Klängen aus einer Gitarre herausholen kann, da kann sich RON JARZOMBEK noch eine Scheibe davon abschneiden. Das dritte Album der Wirrköpfe aus New Jersey ist somit auch eher eine nervige Partyscheibe, mit ähnlicher Wirkung wie Suspended Animation von FANTOMAS. Odd Senses nervt tierisch, macht aber auch wirklich gute Laune. Zusätzlich zu den freakigen Gitarrenspielereien jenseits irgendwelcher songschreiberischen Logik gesellt sich eine irre Rhythmusabteilung, großartiger, jazziger Bass und vertracktes, verdrehtes Blast Beat-Drumming sorgen für ein sensationelles Songgrundgerüst, das irre Geschrei von Brian Woodruff macht den Wahnsinn fast komplett.

Fast? Chris Arp hat ein neues Lieblingsspielzeug. Einen Sampler. Mit diesem Terrorinstrument schafft er es, dass Boogeyman mit von verschiedenen Leuten aneinander gereihten Wortfetzen zwischen dem Lärmterror, der ja eigentlich keiner ist, einen wirren Text ergeben. Diese Nummer zieht sich ein wenig, ganz klar, da der Song immer wieder Anlauf nimmt und von den Samples ausgebremst wird. Dennoch ein gelungenes Experiment. Mit Samples wird auch in Choker Chain experimentiert, die Liebesschwüre einer heißen Braut werden hier bis zum Erbrechen geloopt, das macht sogar noch mehr Spaß.

Auch sehr schön ist das vergleichsweise langsame Ms. Shyflower, das durch die gedrosselte Geschwindigkeit der Musik eine völlig neue Atmosphäre gibt und deutlich weniger hektisch ist. Und mit Imogen´s Puzzle Pt. 3 sowie dem neoklassischen Gitarrenstück A Murder to Child, bei dem auch versteckte Streicher zum Einsatz kommen, gibt es großes Gehirnfutter für Gitarristen. Gerade bei letztgenanntem Stück merkt man die Länge von über neun Minuten rein gar nicht. Überhaupt ist die Verlagerung in mehreren Songs auf unverzerrte Gitarrensounds begeisternd. Da tut es direkt gut, dass mit Songs wie Medusa und The Burning Halo und dem sehr jazzigen X and Y auch ein paar für PSYOPUS typische Nummern vorhanden sind, die nach altbekannter und beliebter Art und Weise mit einem Korkenzieher das Hirn zur Nase rausziehen.

Odd Senses ist einerseits ein schier unmöglich zu verarbeitendes Stück Musik, aber es geht seltsamerweise ganz leicht rein, zumindest wenn man aus diesem Genre schon mal etwas gehört hat, speziell natürlich von PSYOPUS selbst. Irgendwie wirkt das Material ganz leicht, es schwebt geradezu dahin, es beflügelt den Hörer, jetzt mal ganz ohne Witz. Es ist schön, wie unverkrampft und locker diese Band auf ihrem dritten Album vorgeht und sich ganz ohne irgendwelche Gedanken zu machen, einfach voll und ganz ausleben kann. Dazu gehört übrigens auch, dass mit dem unbetitelten elften Track der CD eine unglaubliche Menge an geistigen Auswürfen aus dem Proberaum oder was weiß ich woher verwendet wurde. Geschmackloser, dämlicher Humor der Marke South Park und Family Guy macht die Stunde voll, das ist kaputter als der Hidden Track auf Our Puzzling Encounters Considered und macht unglaublich viel Spaß.

Wer mit PSYOPUS noch nie etwas anfangen konnte, um Himmels Willen, lass diese CD im Regal stehen. Getreu dem Motto man kann immer noch was drauf setzen solltest du dir auch als abgebrühter Hörer bewusst sein, dass Odd Senses unmöglich zum Auswendig-Lernen ist. Zum Frust und Stressabbau eignet sich dieses Album allerdings überhaupt nicht. Aber Spaß macht das hervorragend produzierte Album dennoch, vor allem weil es alleine schon schön ist, mit welcher Kreativität die vier Nerds da vorgehen. Da muss man wirklich nicht viel verstehen, um ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert zu bekommen.

Veröffentlichungstermin: 13. Februar 2009

Spielzeit: 61:55 Min.

Line-Up:
Brian Woodruff – Vocals
Chris Arp – Guitars
Mike Horn – Bass
Jason Bauers – Drums

Produziert von Doug White
Label: Metal Blade Records

Homepage: http://www.psyopus.com

MySpace: http://www.myspace.com/psyopus

Tracklist:
1. .44
2. Medusa
3. The Burning Halo
4. Duct Tape Smile
5. X and Y
6. Boogeyman
7. Imogen´s Puzzle Pt. 3
8. Choker Chain
9. Ms Shyflower
10. A Murder to Child
11.

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