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POWERWOLF: Call Of The Wild

Mit ihrem achten Studioalbum wagen POWERWOLF keine Experimente: “Call of the Wild” ist durchweg solide bis gut, dem Power Metal-Album fehlt aber die eigene Identität inmitten der Diskografie.

Entgegen landläufiger Meinung reicht das Gedächtnis gewöhnlicher Goldfische nicht etwa bloße drei Sekunden, sondern sogar drei bis fünf Monate zurück. Das ist beachtlich und dennoch kein Vergleich zum gemeinen Power Metal-Fan: Ziemlich exakt zwei bis drei Jahre gestehen POWERWOLF ihren Anhängern zu, dann scheint die Erinnerung zu verblassen und eine Auffrischung nötig. Und zwar laut, mitreißend, melodisch und mit viel Pathos.

Ob das nun unter dem Motto „Preachers Of The Night“ (2013), „Blessed & Possessed“ (2015), „The Sacrament Of Sin” (2018) oder eben nun “Call of the Wild” passiert, ist vollkommen einerlei. Anno 2021 ist ein neues POWERWOLF-Album ein reines Déjà-Vu. Irgendwie ist es ja verständlich: Das Erfolgsrezept funktioniert und lässt die sympathische Band in immer neue Höhen vordringen. Sei es ihnen vergönnt, auch wenn wir uns mittlerweile schon fragen, wie viel Arbeit denn nun wirklich in eine neue Studioplatte gesteckt wird.

Größtenteils wirkt “Call of the Wild” wie am Reißbrett entworfen

Nicht dass die Formation faul wäre, wirkt „Call of the Wild“ doch sehr wie am Reißbrett entworfen: Die üblichen Trademarks finden sich an allen Ecken und Enden, als hätte man stumpf eine Checkliste abgearbeitet. Weil POWERWOLF aus fünf talentierten Musikern besteht, kommen dabei selbstverständlich elf grundsolide bis durchaus gute Stücke heraus, denen es allerdings zu oft an Inspiration mangelt.

Das treibende „Beast of Gévaudan“ ist einerseits designierter Hit, andererseits ein SABATON-Song im Wolfspelz. „Dancing With The Dead“ recycelt dieselben Melodien, die wir gefühlt auf jedem Album der Formation zu hören bekommen, und der Opener „Faster Than The Flame“ ist aus so vielen bandtypischen Versatzstücken zusammengeflickt, als hätten POWERWOLF einen Songwriting-Kurs bei Viktor Frankenstein gebucht. Nur richtig Leben einhauchen können sie der Komposition nicht – es fehlt der (Geistes-)Blitz.

Weil POWERWOLF keine Experimente wagen, kommt “Call of the Wild” die eigene Identität abhanden

Und diese trügerische Sicherheit, dieses Ausruhen auf den eigenen Lorbeeren kostet „Call of the Wild“ im weiteren Verlauf die eigene Identität: Es ist zu einhundert Prozent ein POWERWOLF-Album, aber eben auch nur ein beliebiges von nunmehr acht. „Varcolac“ ist beispielsweise in mancherlei Hinsicht ein Aufguss von „Werewolves of Armenia“, während „Blood For Blood (Faoladh)“ zwar mit Sackpfeifen in Richtung Highlands schielt, dabei aber relativ nah am Klischee bleibt.

Das ist in diesem Fall aber vollkommen okay, immerhin hören wir hier endlich neue Klangfarben im etablierten Band-Sound, auch wenn am Drumherum wenig gerüttelt wird: massig Energie, großer Refrain und eingängige Struktur. Darauf setzen auch „Sermon Of Swords“ und das knackige „Reverent of Rats“ (sic), weshalb „Call of the Wild“ ohne Durchhänger auskommt, gleichzeitig jedoch auch auf Höhepunkte verzichten muss. Nicht weil das neue Material per se schlechter wäre als die letzten Platten, sondern weil wir – so banal und dämlich es klingt – schlicht und ergreifend keine Goldfische sind.

Veröffentlichungstermin: 16.07.2021

Spielzeit: 40:35

Line-Up

Attila Dorn – Vocals
Charles Greywolf – Gitarre, Bass
Matthew Greywolf – Gitarre
Falk Maria Schlegel – Keyboards
Roel van Helden – Drums

Produziert von Joost van den Broek und Jens Bogren (Mix und Mastering)

Label: Napalm Records

Homepage: https://www.powerwolf.net/
Facebook: https://www.facebook.com/powerwolfmetal/

POWERWOLF “Call of the Wild” Tracklist

  1. Faster Than the Flame
  2. Beast of Gévaudan (Video bei YouTube)
  3. Dancing with the Dead (Video bei YouTube)
  4. Varcolac
  5. Alive or Undead
  6. Blood for Blood (Faoladh)
  7. Glaubenskraft
  8. Call of the Wild
  9. Sermon of Swords
  10. Undress to Confess
  11. Reverent of Rats
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