PENSÉES NOCTURNES: Douce Fange

Ein Jazz-Black-Metal-Zirkus-Albtraum für Connaisseure von Wahnsinn und Chaos!

Okay, stell dir vor, du befindest dich in Paris. Es ist richtig dreckig hier, die Luft ist schlecht, es ist Nacht, und um dich herum stehen zahlreiche komische Menschen und brüllen und singen und spielen Blasinstrumente, Orgel und Akkordeon. Gegenüber siehst du einen komischen Koch ein Schwein schlachten, und schon ist es passiert, die ersten erbrechen sich, und während du dich noch fragst, was das alles hier eigentlich soll, bietet dir ein freundlicher Hahn ein Glas Rotwein an. Solltest du davon trinken?

Egal, ob du so mutig bist oder nicht, du wirst es tun, denn ohne irgendwas im Blut wirst du diese Kakophonie des Schreckens nicht mehr lange aushalten. Oder hast du schon was im Blut…?! Nun sind auch noch Clowns aufgetaucht, gleich mehrere, denn sie haben sich abgesprochen, um dich fertig zu machen. Runter mit dem Wein! Der Hahn lächelt dir freundlich zu, oder nein, da zeigen sich Zähne, zackige Zähne, das Vieh bleckt die Zähne, das gibt’s doch nicht, denkst du, aber es ist wahr, es ist die verdammte Realität, und prompt findest du dich auch im Rinnstein wieder, direkt neben dem Sänger von PENSÉES NOCTURNES, der dir hier mal so richtig zeigt, wie das geht mit dem Kotzen, er kotzt im Strahl, und du machst mit, denn nichts Anderes bleibt dir übrig.

Schäbige Spelunken in Frankreich als Jazz-Black-Metal-Zirkus-Albtraum

Meine Güte, was für ein Album. Ich kannte die Band (bzw. das Solo-Projekt, das jetzt zu einer richtigen Band angewachsen zu sein scheint, den Promo-Fotos nach zu urteilen) bisher nicht und fand die Promo – irgendwas mit schäbigen Spelunken in Frankreich – interessant genug, um sie mir zu schnappen. Die ersten Minuten ließen mich entzückt weiter lauschen, denn wann hört man schonmal irgendwas auf Französisch über Hähne, während sich dazu rhythmisch passend eine Art Jazz-Orchester in Stellung bringt? Das kurze Zeit später zu einer irren dissonanten Black-Metal-Kapelle wird, die sich offenbar vorgenommen hat, einfach mal alle Register zu ziehen?

Georgelt wird jedenfalls ordentlich hier, dazu kommen Akkordeon und eben die Blasinstrumente, und es gibt Operngesang ebenso wie hohes Gekreische und wildes Gebölke. Aber funktioniert das Ganze, möchte man es sich häufiger anhören? Nun, das kommt drauf an. Mir persönlich fehlen dann doch etwas die Hooks, die versöhnlichen Elemente, die z.B. die ähnlich avantgardistisch, aber deutlich zahmer zu Rande gehenden A FOREST OF STARS bieten. Ich bin eben harmoniesüchtig, und Harmonien sucht man hier – mit Ausnahme des kleinen Hits “Fin Défunt” und des wahnsinnigen Album-Finales – fast vergeblich.

Dafür findet man brillante Instrumentalisten, z.B. einen wahnwitzigen Schlagzeuger, dessen Spiel allein ein paar Durchläufe dieses irren Jazz-Black-Metal-Zirkus-Albtraums rechtfertigen. Wer zudem noch auf Dissonanzen, Chaos und psychedelische Zirkus-Atmosphäre steht, hinreißend dargeboten und nahezu perfekt aufgenommen und produziert, für den ist “Douce Fanges” vermutlich ein Kandidat für das Album des Jahres.

Spielzeit: 49:56 Min.

Veröffentlichung am 21.1.2022 auf Les Acteurs de l’Ombre Productions

PENSÉES NOCTURNES “Douce Fange” Tracklist

1. Viens tâter d’mon Carrousel
2. Quel sale Bourreau
3. PN mais Costaud !
4. Saignant et à Poings
5. Charmant Charnier
6. Le Tango du Vieuloniste (Audio bei YouTube)
7. Fin Défunt
8. La Semaine Sanglante
9. Gnole, Torgnoles et Roubignoles (Audio bei YouTube)

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