Nostalgie ist nur ein Teil der Antwort. Warum wir alle die Achtziger – oder genauer gesagt, dieses romantisch-verklärte Bild der Epoche – so lieben, kann man kaum an einer Facette festmachen. Immerhin fühlen sich kurioserweise sogar Kinder der 90er und spätestens seit dem Netflix-Phänomen „Stranger Things“ auch Millennials und Gen Z Neonfarben und Spandex in seltsamer Weise verbunden.
Möglicherweise ist es dieses Bild einer heilen und irgendwie grenzenlos wirkenden Welt: Weil wir noch nicht von Social Media verdorben waren; weil es sich ohne Internet und Smartphone dort draußen nach Abenteuer angefühlt hat; die Reizüberflutung in den Arcade-Hallen etwas Besonderes war und nicht als Teil des Alltags in der Hosentasche steckte.
Die Essenz der 80er einzufangen ist die große Kunst, die NESTOR spielend meistern
Was auch immer hinter dieser Magie steckt, bändigen kann sie wohl keiner so gut wie NESTOR. Das zeigte die AOR / Melodic Rock-Band auf ihrem Debüt „Kids In A Ghost Town“ (2021) und das transportiert sie nun ebenso zielsicher auf dem Nachfolger „Teenage Rebel“. Überraschend ist das keineswegs: Schon vor drei Jahren orakelten wir, dass der große Labeldeal wohl nicht mehr fern sei. Der Zuschlag ging in der Folge an Napalm Records, unter deren Banner NESTOR exakt so weitermachen wie zuvor.
Und das meinen wir im bestmöglichen Sinn, denn die Essenz dieser Ära einzufangen, ist die große Kunst, welche auch „Teenage Rebel“ spielend meistert. Das beginnt bei der Produktion, welche die Songs atmen lässt und den einzelnen Instrumenten viel Raum gibt. Das Schlagzeug klingt geerdet und doch füllend, während die Gitarren im rockigen Titeltrack unverkrampft und belebend zum Tanzen einladen. Seine Power zieht das Stück wie das aufrüttelnde „Victorious“ derweil aus Tobias Gustavssons kraftvollem Gesang, welcher stets ein wenig Pathos, doch noch viel mehr Leidenschaft in sich trägt.
NESTOR verpacken auf “Teenage Rebel” sogar Schwermut in einen packenden Hit
Das spüren wir zuvorderst in den Balladen „Daughter“ und „The One That Got Away“, deren intime Atmosphäre ähnlich unter die Haut geht wie der emotionale Singalong „Caroline“, wo NESTOR die zugrundeliegende Schwermut in einen Hit verpacken, als wäre es die selbstverständlichste aller Übungen. Neben Gustavssons Performance tragen auch die variablen Keyboards zum markanten Charakter des Zweitwerks bei. Ob feinfühliges Piano oder groß angelegte Synth-Akzente: Martin Frejinger trifft stets die perfekte Stimmungslage, um „Teenage Rebel“ authentisch wie zeitlos zu halten.
Die verlässliche Konstante dabei: dieses unverkennbare Gefühl, dass plötzlich alles möglich sei. Natürlich darf man sich dabei von NESTOR auf eine Reise in die Vergangenheit mitnehmen lassen, sich wieder jung fühlen; als der Geschmack der Freiheit noch mit jedem Atemzug auf der Zunge lag. Doch ist Nostalgie eben nur ein Teil der Antwort, die dem Geheimnis der Schweden zugrunde liegt. Entspringt die Musik des Quintetts aus einer tiefen Verbundenheit zur eigenen Jugend, trägt „Teenage Rebel“ diesen Quell doch bis in den heutigen Tag, indem das Album an genau das erinnert, was wir – desillusioniert – im Erwachsenenalter viel zu oft vergessen: So sehr wir uns an unsere Erinnerungen klammern mögen, so sehr sie uns beizeiten Trost spenden, sollten wir doch niemals aufhören zu träumen. Eben so, wie es im Jahr 2021 fünf Jugendfreunde aus Falköping nach fast 30 Jahren gewagt haben.
Veröffentlichungstermin: 31.05.2024
Spielzeit: 41:58
Line-Up
Tobias Gustavsson – Vocals
Jonny Wemmenstedt – Gitarre
Martin Frejinger – Keyboard
Marcus Åblad – Bass
Mattias Carlsson – Drums
Produziert von Tobias Gustavsson, Håkan Glänte, Sebastian Forslund (Mix) und Thomas „PLEC“ Johansson (Mastering)
Label: Napalm Records
Homepage: https://www.nestortheband.com/
Facebook: https://www.facebook.com/nestortheband
Instagram: https://www.instagram.com/nestor_theband/
NESTOR “Teenage Rebel” Tracklist
01. The Law Of Jante (featuring Freya Miller)
02. We Come Alive
03 Teenage Rebel (Lyric-Video bei YouTube)
04. Last To Know
05. Victorious (Video bei YouTube)
06. Caroline (Video bei YouTube)
07. The One That Got Away
08. Addicted To Your Love
09. 21
10. Unchain My Heart
11. Daughter