NAPALM DEATH: The Code is Red… Long Live the Code

Bedrückender war nur "Harmony Corruption".

Was fällt euch zum Thema NAPALM DEATH ein? Geprügel, Wut, ein blaues Auge im Moshpit, Barneys Gebrüll, Punks und Metaller, die sich gegenseitig in den Armen liegen und die totale Verausgabung vielleicht? Ja, auf NAPALM DEATH ist im Laufe ihrer fast 20-jährigen Karriere immer Verlass gewesen, auch wenn der Eine oder Andere vielleicht von den Alben Mitte und Ende der 90er enttäuscht gewesen ist. Doch was NAPALM DEATH auszeichnet ist, dass sie sich immer weiterentwickelt haben und sich immer treu geblieben sind. Das ändert sich auch auf dem neuesten Output der Birminghamer nicht – und so stellt The Code is Red… Long Live the Code eine gewaltige Überraschung dar.

Es sind nicht unbedingt die etwas langsamere Ausrichtung, die schleppenden und doomigen Passagen, die so schwer im Magen liegen, es ist die düstere Atmosphäre, die bedrückende negative Stimmung, die dieses Album so sehr ausstrahlt. Düsterer war nur Harmony Corruption. Und dennoch, die altbekannte, altbewährte und immer präsente Wut, sie ist auch anno 2005 zu spüren. Dieses Mal jedoch auf einer anderen Ebene: Zwar gibt es Songs wie Right You Are, Climate Controllers und Sold Short, klassische Grindcore-Bretter, doch bereits der Opener Silence is Deafening macht deutlich, dass sich die Wut auch nach innen richten kann. Ganz klar, NAPALM DEATH sind die gleichen geblieben, doch ihr Ansatz ist auf The Code is Red… Long Live the Code ein gänzlich anderer.

Besonders gegen Ende der Scheibe verdunkelt sich der Himmel über Birmingham zusehends, NAPALM DEATH drohen an ihrer eigenen doomigen Offenbarung Morale zu ersticken, bevor industrielle Kälte mit dem abschließendem Our Pain Is Their Pleasure endgültig wie ein schwarzer Schleier über den Hörer legt. So intensiv kann kein schneller, brutaler Lärm sein, keine Frage. So intensiv und bedrückend waren NAPALM DEATH selten. Doch nicht nur das, auch knusprige Nummern finden sich auf diesem fast schon monolithischem Werk: Riffmonster wirbeln Staub auf, Blast Beats treten volle Möhre in die Fresse und der Hörer liegt am Boden und winselt um Gnade.

Facettenreich ist das Album nicht nur im Hinblick auf Geschwindigkeiten, auch auf den Gesang. Neben Barneys klassischem Gebrüll und dem Kreischen verewigten sich Jamie Jasta von HATEBREED, Jello Biafra von den DEAD KENNEDYS und sogar CARCASS-Recke Recke Jeff Walker auf dieser Scheibe und gerade das weinerliche Geheul von Jello ergibt in The Great and the Good einen herrlichen Kontrast. Somit ist The Code is Red… Long Live the Code das abwechslungsreichste, facettenreichste und schwermütigste Album seit langem geglückt und nagt fast am Thron der Überwerke Harmony Corruption und Utopia Banished.

Doch an was liegt es, dass The Code is Red… Long Live the Code nicht besser als diese Alben ist? Drei kleine, aber wichtige Punkte. Erstens: Die Songs gehen zwar gut ins Ohr, doch es finden sich keine Hits wie Suffer the Children, Breed to Breathe und A Necessary Evil auf Full-Length-Album Numero 13. Zweitens: Jesse Pintado fehlt ganz einfach. Seine Arbeit kann man nicht ganz von Mitch Harris ersetzen lassen, seine Ideen fehlen der Scheibe. Drittens: Das Soundgewand aus den Foel Studios ist zwar ordentlich rauh und lässt das die Langrille spontan klingen, doch der Sound ist etwas zu höhenlastig um richtig zu drücken.

Das alles sind natürlich rein subjektive Eindrücke eines langjährigen NAPALM DEATH-Fans und ich bin mir sicher, so manch Fan wird anders entscheiden. Doch wer dieser monströsen Scheibe Zeit gibt und wer sich etwas intensiver damit befasst, der wird feststellen, dass diese Scheibe von nicht vielen getoppt werden kann. Dies ist das Grindcore-Nonplusultra 2005 und ist nicht zum Spaßen aufgelegt. Das ist Katharsis, Wut, Hass und hilft die inneren Dämonen zu besiegen – und tut so verdammt gut.

Veröffentlichungstermin: 25. April 2005

Spielzeit: 45:12 Min.

Line-Up:
Mark Barney Greenway – Vocals

Mitch Harris – Guitar

Shane Embury – Bass

Danny Herrera – Drums
Label: Century Media Records

Homepage: http://www.enemyofthemusicbusiness.com

Tracklist:
1. Silence is Deafening

2. Right You Are

3. Diplomatic Immunity

4. The Code is Red… Long Live the Code

5. Climate Controllers

6. Instruments of Persuation

7. The Great and the Good

8. Sold Short

9. All Hail the Grey Dawn

10. Vegetative State

11. Pay for the Privilege of Breathing

12. Pledge Yourself to You

13. Striding Purposefully Backwards

14. Morale

15. Our Pain Is Their Pleasure

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