MEMORIAM: Rise To Power

MEMORIAM bleiben ihrer Linie treu und haben für “Rise To Power” eine ganze Reihe guter Death-Metal-Songs geschrieben. Allein im Verbund kann das Material den Schwung nicht immer aufrechterhalten.

Wir brauchen mehr Leute wie Karl Willets: der Mann, der mit seinem unbeschreiblichen Charisma ganze Säle binnen Minuten auf seine Seite zieht und der stetig und unablässig für die richtige Sache kämpft. Die Anti-Kriegs-Thematik ist folglich auch auf MEMORIAMs fünftem Studioalbum der Dreh-und-Angelpunkt für das Death-Metal-Urgestein. Dass Willets dabei nie zum großen Lyriker wird, wollen wir ihm gerne verzeihen: Denn die Botschaft kommt aus dem Herzen und erreicht uns mit Nachdruck, wie wir es von einem fast schon legendären Frontmann erwarten würden.

Dabei zeigen sich MEMORIAM musikalisch immer weiter von BOLT THROWER emanzipiert, obwohl entsprechende Assoziationen aufgrund der markanten Stimme des Sängers sowie des zwischendurch aufkeimenden Grooves natürlich nie weit entfernt liegen. Tatsächlich kann das Quartett auf seinem fünften Werk auch kräftig draufloswalzen: Der Einstieg „Never Forget, Never Again (6 Million Dead)“ pflügt in Oldschool-Manier durchs Midtempo, bis man für den melodischen Refrain das Tempo drosselt, um den mahnenden Worten zusätzliche Eindringlichkeit zu verleihen.

MEMORIAM können innerhalb der abgesteckten Grenzen absolut packend sein, verpassen hin und wieder jedoch den Absprung

Wie so vieles auf „Rise To Power“ ist der Opener kein Feuerwerk an Innovation, im Rahmen der abgesteckten Grenzen der Briten jedoch absolut packend. Ihren Death Metal würzen MEMORIAM im schleppenden „I Am The Enemy“ darüber hinaus mit ein wenig Doom, nachdem „Total War“ zuvor sogar zeitweise das Tempo etwas angezogen hatte. Was in der Regel durchaus stimmig umgesetzt ist, bringt im weiteren Verlauf des Albums schlussendlich doch ein paar Problemchen mit sich.

Denn die grundlegende Herangehensweise behalten die vier Musiker in allen acht Tracks bei, ohne dabei im Songwriting auch nur ansatzweise entgegenzusteuern. Im Endeffekt versanden dadurch hin und wieder selbst vielversprechende Ansätze, weil MEMORIAM den Absprung verpassen. Mit zunehmender Spieldauer erwischen wir uns somit immer öfter mit der Frage, ob denn wirklich jeder Song die Fünfminuten-Marke sprengen muss? Oftmals scheint auf halber Strecke bereits das Wichtigste gesagt; die Arrangements aber kommen nicht zum Punkt, sondern drehen sich im Kreis.

Für “Rise To Power” haben MEMORIAM eine ganze Reihe guter Songs geschrieben, die aber individuell besser funktionieren als im Verbund

Was „Rise To Power“ letztendlich nicht zu Fall, aber zeitweise ins Taumeln bringt, sind die immer wiederkehrenden, schleppenden Zäsuren in Songs wie „The Conflict Is Within“ oder dem groovenden und eigentlich starken „Annihilations Dawn“, welche für sich genommen atmosphärisch sind, im wiederholten Fall allerdings ermüdend wirken. Schade ist das deshalb, weil MEMORIAM grundsätzlich eine ganze Reihe guter Death-Metal-Songs geschrieben haben, die überdies auch produktionstechnisch standesgemäß verpackt sind: Die Gitarren sind angemessen rau, das Schlagzeug nicht zu dominant im Vordergrund.

All das trägt dazu bei, dass im Falle des fünften Streichs der Engländer die einzelnen Teile letzten Endes mehr sind als ihre Summe: eine ganze Handvoll guter Songs à la „All Is Lost“ bzw. „The Pain“, die individuell besser funktionieren als im Verbund. Irgendwie kurios, wenn in der Folge eine Band der alten Schule ausgerechnet von modernen Hörgewohnheiten profitieren soll. Doch egal, welche davon am Ende das Rennen macht – Streaming-Rotation oder Gesamtwerk am Stück –, eines möchten wir unmissverständlich klarstellen: Wenn Karl Willets die Stimme hebt, spitzen wir sowohl jetzt als auch künftig ganz gewiss die Ohren.

Veröffentlichungstermin: 03.02.2023

Spielzeit: 44:54

Line-Up

Karl Willetts – Vocals
Frank Healy – Bass
Scott Fairfax – Guitar
Spike T. Smith – Drums

Produziert von Russ Russell

Label: Reaper Entertainment

Facebook: https://www.facebook.com/Memoriam2016/

MEMORIAM “Rise To Power” Tracklist

1. Never Forget, Never Again (6 Million Dead)
2. Total War (Lyrics-Video bei YouTube)
3. I Am the Enemy
4. The Conflict is Within
5. Annihilation’s Dawn
6. All is Lost (Video bei YouTube)
7. Rise to Power (Lyric-Video bei YouTube)
8. This Pain

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