Kennt eigentlich noch jemand BONEY M.? Richtig gehört, wir reden von den perlenbehängten Disco-Popstars aus den 70er Jahren, die mit Daddy Cool, Rivers Of Babylon oder auch Brown Girl In The Ring unumstritten diverse Welthits eingesungen haben und anbei zu den kommerziell erfolgreichsten Bands der Popgeschichte zählen dürften. Ein weiterer großer Hit unter den zahllosen Chartstürmern der Combo trägt den Namen Belfast und diesem widmen sich überraschenderweise die spanischen Folkmetaller MÄGO DE OZ, die den Song auf ihrem entsprechend betitelten neuen Longplayer in einer wuchtigeren Version in Erinnerung rufen. Um die Wartezeit auf den herbeigesehnten Gaia-Nachfolger zu verkürzen, haben die Zauberer auf Belfast tatsächlich mehrere Cover-Versionen von Stücken ihrer meist stilfremden Idole – man denke nur an ELVIS PRESLEY, WHITESNAKE, URIAH HEEP – eingezimmert und bieten ebensfalls orchestrale Versionen ihrer Eigenkompositionen. Nette Idee eigentlich, zumal sich die Musiker sichtlich bemüht haben, zumindest dem adaptierten Material ein völlig neues Gesicht zu verleihen, wobei das folkloristische Gewand und die meist spanischen Texte diese Stücke auch ohne Ausnahme wunderbar illustrieren.
Ein tänzerisches Holzbläser-Intro, das übrigens treffenderweise Irish Pub betitelt ist, leitet das Geschehen ein und obwohl das Stück sehr gelungen ist und stets positive Stimmung verbreitet, will es beim ersten Hördurchlauf noch nicht ganz zünden – dieses Phänomen sollte man jetzt aber nicht auf irgendwelche musikalischen Defizite zurückführen, Schuld daran hat vielmehr die schier unerträgliche Spannung, mit welcher der Rezensent auf die folgende Cover-Version des oben beschriebenen Disco-Evergreens wartet. Und diese löst in der Tat Begeistergströme aus: Man kann sich natürlich bei dem bescheidenen Text und der sparsam komponierten Melodieführung ein Schmunzeln nicht verkneifen, doch genau diese Ironie ist es ja, die den Schunkelsong in vorliegender Version so interessant macht – hoffentlich kommt die Band irgendwann mal in die Verlegenheit, Belfast auf einem ihrer stets umjubelten Konzerte (die bisher leider seltenst in Deutschland stattgefunden haben) zu präsentieren.
Auch die übrigen Huldigungen sind von ähnlicher Qualität, allerdings muss man beim bloßen Lesen der Titel immer erstmal ein wenig überlegen, welcher Klassiker denn jetzt genau ins Visier genommen wurde. Besonders herauszuheben sind in jedem Falle Dama Negra (dass sich hinter diesem Namen Lady In Black verbirgt, kann man auch problemlos ohne Spanisch-Kenntnisse herausbekommen) und RATA BLANCAs Mujer Amante, denn die Spanier schaffen es mit spielerischer Leichtigkeit, den Stücken einen völlig neuen Charme zu verleihen, ohne am grundlegenden Soundfundament großartig herumzusägen. Gegenbeispiel hierzu ist dann aber der Elvis-Klassiker Can´t Help Falling In Love (der spanische Titel ist hier übrigens Todo Irá Bien), denn hier werden einerseits diverse Holzbläser integriert, andererseits sogar ein schnellerer Teil mit flottem Riffing eingebaut – auch hier wissen MÄGO DE OZ zu überzeugen. Zuguterletzt widmet man sich dem legendären Somewhere Over The Rainbow – aufgrund des Bandnamens ist dies wohl auch längst überfällig gewesen, oder muss ich noch jemandem erklären, dass es sich bei diesem Stück um den Sountrack zum Kultfilm The Wizard Of Oz handelt, der schließlich für den Bandnamen Pate gestanden hat? Auch hier fällt auf, dass man sich weit vom Original entfernt, ganz streng genommen hat man sogar die Gesangsmelodie merklich abgeändert, um den Song in eine wesentlich fröhlichere und somit besser in den Bandsonor passende Version zu transformieren – daran werden sich sicherlich die Geister scheiden, jedoch sollte man das Stück nicht allzu ernst nehmen, denn hier ist ähnlicher Humor im Spiel wie beim Titeltrack!
Trotz aller Lobeshymnen gibt es dennoch einen kleinen Minuspunkt zu verzeichnen: Bei den Orchester-Versionen der eigenen Songs – hier wurde sich überwiegend der letzten beiden Veröffentlichungen bedient – sieht es nämlich in Sachen Innovativität nicht ganz so positiv aus, die Streicher im Hintergrund ergänzen die Stücke zwar ganz gut, aber hier passiert mir im Vergleich zum Original einfach viel zu wenig, man hätte sich die Neuauflage also getrost sparen und stattdessen die Spielzeit auf EP-Länge kürzen können. Was dann nämlich übrig bleibt, ist eine unterhaltsame, wenn auch kurzweilige Überbrückung zum nächsten Longplayer geworden. Fans werden das Album ohnehin blind kaufen und Leute, die bislang nicht allzu viel mit MÄGO DE OZ anfangen konnten, sollten in jedem Falle mal ein Ohr riskieren: am besten ist es eigentlich ohne Tracklist, denn dann entpuppt sich Belfast zu einem fröhlichen Liederraten, bei dem die spanischen Texte noch für einen erhöhten Schwierigkeitsgrad sorgen werden. Ein eingeklammertes Plus also für die Spanier, das nächste Album wird mit Spannung erwartet…
Veröffentlichungstermin: 30.08.2004
Spielzeit: 62:27 Min.
Line-Up:
Txus – Bateria
Jose – voz
Mohamed – Violin
Frank – Guitarra
Carlitos – Guitarra
Kiskilla – Teclados
Fernando – Flauta
Sergio – Bajo
Label: Locomotive Music
Homepage: http://www.planetgaia.com
Tracklist:
01. Intro: Irish Pub
02. Belfast
03. La Rosa De Los Vientos (Metal Version)
04. Dame Tu Amor
05. Mujer Amante
06. Alma (Version Orquestral)
07. Más Que Una Intención
08. Dama Negra
09. Todo Irá Bien
10. Se Acabó (Instrumental)
11. Hasta Que Tu Muerte Nos Separe (Version Orquestral)
12. Somewhere Over The Rainbow