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LOTUS: Quartet Conspiracy

Harte Männer rocken und grooven im Retro-Stil, was das Zeug hält. Und sind dabei mitunter so richtig maskulin unnahbar, daß der Hörer sich gar nicht recht herantrauen will. Ein paar Hits fallen trotzdem ab, und das Pferd ist ziemlich herzig…

LOTUS. Nicht nur der Name klingt nach seligen 70ern: Das Schweden-Trio (das jüngst noch ein Quartett war und als solches das vorliegende Album eingespielt hat) schert sich auch musikalisch herzlich wenig um stilistische Errungenschaften der vergangenen zwei Jahrzehnte und retrot schön mollig vor sich hin. Ein Hauch SABBATH, ein Schuss BLUE CHEER, eine doppelte Prise IRON BUTTERFLY und noch ein Messlöffel MOUNTAIN, fertig ist der Nostalgie-Cocktail. Erdiger, klassischer Hard Rock eben, der mitunter an eine etwas härtere Version der ersten beiden MASTERS OF REALITY-Alben erinnert.

Im durch und durch ungekünstelten Bemühen um Authentizität fällt gar der eine oder andere Hit ab. Das schleppende “Blocking Out The Sun” ist so einer: wunderbarer Refrain, alle Achtung! Gefühlvoll, und doch jederzeit rau genug, um jeden Anflug anschmiegsamer Sentimentalität im Keim zu ersticken. Nein, echte Männer weinen nicht! Sie blicken schweigsam gen Horizont und die zusammengekniffenen Augen verlieren sich im Sonnenuntergang, während der Fünf-Tage-Bart munter vor sich hinwächst und ihr Pferd sich eigentlich viel lieber an einen gemütlichen Strohballen kuscheln würde, als weiterhin neben diesem merkwürdigen Zweibeiner zu warten, der sich den einsamen Wolf probt. Tja, so sind sie halt, die Männer! Und LOTUS sind irgendwie schon ganz schön männlich. Kratzig, rau, mitunter mal derb umherschunkelnd. Ellenbogen bleiben ausgefahren, Ehrensache!

Nur einmal geben sich LOTUS so richtig emotionale Blöße

Kein Wunder, dass selbst eine töfte Wüsten-Einlage wie “Oriental Fog” klingt, als hätten LED ZEPPELIN beschlossen, “Cashmir” noch einmal einzuspielen. “Aber bitte mit Balls!”, muss des Produzenten Anweisung gelautet haben. Einmal nur, ein einziges Mal geben sich LOTUS so richtig emotionale Blöße: “Butterfly Effect” heißt Hit Nr. drei und überrascht mit balladesken Tönen und – man höre und staune! – Streicher-Einlagen. Und dann ist wieder Sonnenuntergang angesagt. Auch der beschert noch ein paar angenehme Momente: “Sometimes A Mule, But Always A Dog” bollert so wunderbar blueshardrockig daher, dass selbst Kollege Pferd versonnen im Rhythmus schwankt und sich vier Minuten und Zerquetschte lang das olle Stroh aus dem Kopf schlägt. Und “Peace In Mind” überzeugt mit dynamischem Wechselspiel zwischen behutsameren und energischen Passagen und einem überraschend fragilen Interludium inklusive ziemlich unmännlicher Flöte.

Schade, dass die restlichen sechs Klang-Einlagen zwar ordentlich grooven und angemessen hart herumrocken, aber letztlich doch zu sehr auf Distanz bleiben. Auf rauer und ziemlich maskuliner Distanz, versteht sich. Aber wer einen Kumpel braucht, der ihm beim schweigsamen Genuss der besonderen Sonnenuntergänge des Lebens Gesellschaft leistet, darf LOTUS eine Chance geben.

Spielzeit: 48:19 Min.

Line-Up:

Brian Robertson – Guitars, Piano, Percussion, Orchestral Instruments
Niklas Börjesson – Guitars & Vocals
Tomas Modig – Bass
Hans Eriksson – Drums

Produziert von Brian Robertson
Label: Record Heaven

LOTUS “Quartet Conspiracy” Tracklist

  1. Eyeball
  2. Blocking The Sun
  3. Nauseous
  4. The Oriental Fog
  5. Puzzle Of Confusion
  6. Butterfly Effect
  7. Great Favourite Star
  8. Peace In Mind
  9. Sometimes A Mule, But Always A Dog
  10. Relax!
  11. Genetic Jesus
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