GNAW: This Face

Drone und Dark Ambient, Industrial und Noise als Soundtrack zu allem Schlechten dieser Welt.

Wenn du in den Spiegel schaust und dir selbst dabei zusehen kannst, wie dir das Fleisch von den Knochen fällt, wenn du das interessant und schön findest, wenn dich deine eigene Zersetzung in meditative Ruhe versetzt, wenn du einfach nicht die Finger davon lassen kannst, die kleinen Fleischfetzen durchzukneten und zu untersuchen, dann hast du ein ziemlich seltsames Schmerzempfinden. Wahrscheinlich läuft bei dir eh nichts anderes mehr als KHANATE oder BURNING WITCH um diese kleinen Experimente adäquat zu untermalen. GNAW passen da übrigens auch sehr gut dazu. Alan Dubin und Jamie Sykes wollen eben noch nicht in Rente gehen.

Und so wird This Face zu einem Spießrutenlauf der Qualen und des Leids. GNAW legen dem Hörer Daumenschrauben an und besprucken ihn mit neun Stücken, zwischen Drone und Dark Ambient, zwischen Industrial und Noise. Das Zusammenspiel aus rudimentäten Metalgrundgerüsten, ohrenbetäubenden Horrorsounds und dem charakteristischem Geschrei von Alan Dubin ist für zartbesaitete Hörer auf jeden Fall unerträglich, wer sich mit der Materie schon einige Male befasst hat, der kann das schon durchstehen, selbst dann, wenn sich die Berge an Noise türmen, oder wenn Alan Dubin scheinbar im Studio zusammengebrochen ist und langsam auf dem vollgepissten Teppich zu verenden droht.

Mehr als die Musik ist die Einstellung der Band extrem, dieses Ensemble der Unmenschlichkeit und des Wahnsinns scheint völlig willkürlich zu agieren, hat aber einen erschreckend genauen Plan, wie diese zahllosen Schichten an bizarren Synthesizer getürmt werden. Das verfremdete Schlagzeug von Jamie Sykes passt sich dem enorm gut an und die eingebrachten Metal-Elemente von Carter Thornton tauchen oftmals so überraschend und unvermittelt aus dem Nichts auf, dass wenn überhaupt etwas, dann sie wie ein Fremdkörper wirken. Die elektronische Seite, diese bitterböse Wand, die Jun Mizumachi und der TV-Sound Design-Meister Brian Beatrice zu verantworten haben, geht durch Mark und Bein und ist im Vergleich zu MERZBOW auch unglaublich extrem und peinigend.

This Face bietet so viel, dass dir den Tag versauen oder versüßen kann, je nach dem wie du dich fühlst. Und mit seinen neun Songs und der Fokussierung auf das einzelne Stück gibt es zwar keinen so dichten Gesamteindruck wie auf Things Viral, aber die einzelnen Teile bleiben im Gedächtnis. Das treibende Talking Mirrors ist so ein Beispiel, aber auch Feelers, das ab der Mitte einen unfassbaren Spannungsaufbau verzeichnen kann. Auch Watcher, das mit dem qualvollsten klaren Gesang gekennzeichnet ist, den man sich vorstellen kann, ist wie ein epileptischer Anfall. Das folgende Finale mit Ghosted, das klingt wie die Verfluchung des Dämons, nachdem der Held ihn besiegt hat und Shard, das sich in einem endlosen, hypnotischen Strudel ergießt, geben dir den Rest, garantiert.

Die optische Komponente ist nicht zu verleugnen, das hervorragend aufgemachte Digipak passt perfekt zu diesem fünfzigminütigem Trip durch alles Schlechte dieser Welt. Und auch die Worte, die Alan Dubin geschrieben hat, werden zu Bildern, This Face ist ein Beweis, dass niemand anders derartig eindringliche Texte zu schreiben vermag. Und nachdem GNAW auch noch von James Plotkin bis zur Perfektion gemastert wurden, ist dieses Werk, dem hoffentlich noch einige folgen mögen, nichts anderes als ein großartiger Einstand für Freunde von klanglicher Marter und Masochisten generell. Dieses US-Kollektiv bietet den derzeit einzig wahren Soundtrack zu deiner Selbstgeißelung. Gib dich dem Blut hin.

Veröffentlichungstermin: 20. Februar 2009

Spielzeit: 49:12 Min.

Line-Up:
Alan Dubin
Carter Thornton
Jun Mizumachi
Jamie Sykes
Brian Beatrice

Produziert von GNAW
Label: Conspiracy Records
MySpace: http://www.myspace.com/gnaw666

Tracklist:
1. Haven Vault
2. Vacant
3. Talking Mirrors
4. Feelers
5. Backyard Frontier
6. Watcher
7. Ghosted
8. Shard
9. Backyard Frontier (Reprise)

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