FARIN URLAUB: Endlich Urlaub!

Mit absoluter Sicherheit ein sehr gutes Album. Ich hätte mir nur eine etwas größere Risikobereitschaft gewünscht.

Ein Soloalbum voller schlechter Stücke vom Gitarristen einer bekannten Band ist so ziemlich das Letzte, was die Welt braucht. Also habe ich ein Album voller sehr guter Stücke aufgenommen“. So äußert sich der am 27.10.1963 geborene Rockstar Jan Ulrich Max Vetter (verhasst, verdammt, vergöttert als FARIN URLAUB von DIE ÄRZTE) zu seinem ersten Solo-Album, auf dem es textlich u.a. um „LKW-Unfälle, Lebenseinstellung, die Smiths und ertränkte Perserkatzen“ geht. Trotz dieser gar lustigen Themen ist Jan jedoch weit davon entfernt, der LEONARD COHEN des Punkrock zu werden, denn Jan gibt sich mal albern-banal („Ich gehöre nicht dazu“), mal ironisch („Lieber Staat“), mal verliebt („Das Schöne Mädchen“). Für wen hat er Herr Urlaub dieses Album gemacht? In erster Linie für sich, oder Jan? Und für wen noch? Dreizehn Songs, ein Instrumental („… und die Gitarre war noch warm“ – ENNIO MORRICONE lässt grüssen) ein Intro („Manche nennen es Musik“), ein Outro („Ja, das wurde auch Zeit“) und knappe 50 Minuten später ist klar, für wen dieses Album gemacht wurde. Ein Album für DIE ÄRZTE-Fans und ein Album für Nicht-DIE ÄRZTE-Fans gleichermaßen. Nicht verstehen kann ich Leute, die behaupten, Jan hätte auf dem Album alles das verbraten, was er bei und mit DIE ÄRZTE nicht machen kann. Absoluter Quatsch, denn die DIE ÄRZTE (…aus Berlin) haben von Death Metal („Dauerwelle vs. Minipli“) bis 70er-Jahre Disco-Sound („Rod loves you“) alles im Repertoire. Über diese Grenzen gehen die Stücke zu keinem Zeitpunkt hinaus. Farin hat (bis auf wenige Aufnahmen) alle Songs alleine geschrieben, gespielt und produziert Ich hätte es mir zwar gewünscht, wenn die Songs mehr in Richtung KING KONG (sehr geniale „Drei Alben-only“-Band, die Jan nach dem zwischenzeitlichen DIE ÄRZTE-Split am Start hatte) tendiert hätten. Stücke wie „Lieber Staat“, „Glücklich“, „Jeden Tag Sonntag“, „Ich gehöre nicht dazu“ (ein Samba-beeinflusster Song, mit dem Jan mir mehr textlich als nur aus der Seele spricht), „Am Strand“, „1000 Jahre schlechter Sex“ (mit Reggae-Klängen, außerdem fühle ich mich hier an einen ollen THE POLICE-Song erinnert. Ich glaube, es war Walking on the Moon…), „Abschiedslied“ dürften keinen DIE ÄRZTE-Fan desillusionieren. Auch „Sumisu“ enttäuscht nicht wirklich (erinnert mich an das „Ärzte-Theme“ des Debüts – Leute, die sich eventuell auskennen, verglichen die Nummer mit den Smiths. Die kenn’ ich aber nicht, aber da
Sumisu die japanische Ausspruchsweise für Smith ist, kann da durchaus was dran sein!) und selbst dann, wenn die Bläser der BUSTERS mit Posaune, Altsaxophon oder Trompete anrücken, kann ein Ska wie „Wunderbar“ überzeugen. Auch das ruhige (mit Violine und Cello) veredelte „Phänomenal egal“ ist zu den Höhepunkten dieser Scheibe zu zählen, was auch für die fette(re)n Riffs bei „OK“ (Farin goes Nu Metal!!) gilt. Mit absoluter Sicherheit ein sehr gutes Album. Ich hätte mir nur eine etwas größere Risikobereitschaft gewünscht.

Veröffentlichungstermin: 22. 10. 2001

Spielzeit: 49:39 Min.

Line-Up:
Farin Urlaub (Gesang, alle Instrumente – bis auf ein paar…)

Produziert von Uwe Hoffmann und Farin Urlaub
Label: Völker hört die Tonträger

Homepage: http://www.farin-urlaub.de

Tracklist:
1. Intro (manche nennen es Musik)

2. Jeden Tag Sonntag

3. Sumisu

4. Glücklich

5. Ich gehöre nicht dazu

6. OK

7. Der Kavalier

8. Am Strand

9. Wunderbar

10. Das Schöne Maedchen

11. 1000 Jahre schlechten Sex

12. …und die Gitarre war noch warm

13. Lieber Staat

14. Phänomenal egal

15. Abschiedslied

16. Outro (ja, das wurde auch Zeit)

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