ENCHANT: Juggling 9 Or Dropping 10

"Juggling 9 Or Dropping 10" schlägt die imaginäre Brücke zwischen seinem Vorgänger und den ersten beiden Veröffentlichungen ENCHANTs: Ahnlich modern wie "Break", gleichsam aber wieder etwas "lichter", verspielter und weniger geradlinig.

Alle zwei Jahre ist es soweit: Ein neues ENCHANT-Album erblickt das Licht der Welt. 1994 begeisterte “Blueprint Of The World Art” Rock-Fans ebenso wie Fachpresse, 1996 folgte das ebenso empfehlenswerte “Wounded”, und 1998 überraschte “Break” mit ungewohnt modernen, etwas düsteren und vor allem überraschend eingängigen Klängen. Das 2000er-Werk heißt nun “Juggling 9 Or Dropping 10” und schlägt die imaginäre Brücke zwischen seinem Vorgänger und den ersten beiden Veröffentlichungen der Band.

Soll heißen: Das Album klingt ähnlich modern wie “Break”, gleichsam aber wieder etwas lichter, verspielter und weniger geradlinig. Was weder bedeutet, dass “Juggling 9 Or Dropping 10” leicht-fröhliche Kost wäre, noch dass ENCHANT auf hochkomplizierte instrumentale Verrenkungen bauen. Anno 2000 erinnern sie mehr denn je an die RUSH der Neunziger: Ein modernes, transparentes, federndes Soundgewand, das anfangs etwas glatt und steril wirken mag, aber im Detail eine unerwartete Tiefe entfaltet.

“Juggling 9 Or Dropping 10” ist abwechslungsreicher, als man anfangs denken mag

So paradox es klingen mag: “Juggling 9 or Dropping 10” ist wesentlich abwechslungsreicher, als man dem Album auf Anhieb anhört. Wo andere sogenannte Prog Rock-Bands einen Flickenteppich unterschiedlicher Stile und Rhythmen zusammennähen (der oft genug nach einem kritischem Blick in seine Einzelteile zerfällt), gelingt es den Amerikanern, das oft (musikalisch ebenso wie soziokulturell) beschworene Ideal des Schmelztiegels zu verwirklichen. Ergebnis: Das Ganze wird mehr als nur die Summe seiner Einzelteile (namentlich: Rock von leicht bis schwer, Pop, Jazz, Alternative Rock und einmal auch ein Hauch Südamerikana) die in bloßer und steter Aneinanderreihung eher ermüden denn begeistern.

Kompositionen wie “Broken Wave”, “What To Say” oder “Paint The Picture” sind Lehrstücke unprätentiösen und dennoch anspruchsvollen Songwritings. Und: Sie strotzen nur so vor Melodie. Nicht die Art Melodie indes, die den Hörer per Frontal-Angriff packt, sich festbeißt und nicht mehr loslassen will. Nein, vielmehr die, die sich nach und nach aus den filigranen Arrangements herausschält, sich von hinten anschleicht und es sich gaaaanz gemächlich im Geist des Lauschers gemütlich macht und dort seine farbenfrohe Pracht entfaltet.

Die Stärke ENCHANTs liegt in ihrer Detailarbeit

So sind auch die Stellen auf “Juggling 9 Or Dropping 10” die stärksten, in denen in aller Ruhe und mit allen Instrumenten an zarten Klangfäden gewoben wird, während allzu harsche Gitarrenklänge der Magie des Momentes eher abträglich sind. Nichts gegen Artrock mit einem gesunden Maß an Härte, aber die Stärke ENCHANTs liegt meines Erachtens in ihrer Detailarbeit, zumal die Transparenz des Gesamtklangbildes unter den – “Break” läßt grüßen – alternativ-verzerrten Sounds leidet.

Nichtsdestotrotz: Ein hervorragendes Artrock-Album, dem man aber dank seiner umschriebenen Eigenheiten Zeit zum Reifen gewähren muss.

Spielzeit: 64.22 Min.

Line-Up:

Douglas Ott – Bass & Guitars
Ted Leonard – Vocals
Paul Craddick – Drums
Michael Geimer (Benignus) – Keyboards

Produziert von Douglas Ott
Label: InsideOut

ENCHANT “Juggling 9 Or Dropping 10” Tracklist

  1. Paint The Picture
  2. Rough Draft
  3. What To Say
  4. Bite My Tongue
  5. Colors Fade
  6. Juggling Knives
  7. Black Eyes & Broken Glass
  8. Elyse
  9. Shell Of A Man
  10. Broken Wave
  11. Traces
  12. Know That
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