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DEAD POET SOCIETY: -!-

Es gibt Alben, die lassen einen etwas ratlos zurück. Weil sie gut sind: Aber Ausstrahlung und Attitüde einen eher abschrecken. So geht es mir mit DEAD POET SOCIETY. Sie haben ein amtliches Album zwischen Klassik Rock und Alternative aufgenommen: Aber beanspruchen für sich, ganz anders zu sein. Und das ist schade.

Freunde guter Rock-Musik! Ich habe hier etwas, das Euch interessieren könnte: „-!-“, das Debütalbum von DEAD POET SOCIETY. Schon der Bandname ist eine Anmaßung: Benannt nach dem „Club der toten Dichter“, jenem Filmdrama aus dem Jahr 1989, in dem Robin Williams (Rest in Peace!) den Lehrer John Keating spielt, der Problem-Schüler mit Poesie und Philosophie vertraut macht. Das muss man sich erst einmal trauen. Das weckt Erwartungen. Und, was soll ich sagen? Eigentlich, ja eigentlich löst die Band auch viele dieser Erwartungen ein.

DEAD POET SOCIETY haben ein gutes, ein wirklich gutes Rock-Album aufgenommen. Hier ist vieles da, was Fans dieser Musik interessieren könnte: coole, hart groovende Gitarren. Eingängige Songs, die kleine Hits sind. Die nicht zu gefällig klingen. Sich irgendwo zwischen 70s-Rock und Alternative positionieren. Das Ganze macht Spaß. Und ist allemal Wert, gehört zu werden. Ein Album, das man eigentlich empfehlen kann. Wenn, ja wenn diese Attitüde nicht wäre. Die einem schon ein bisschen die Musik verhagelt.

DEAD POET SOCIETY wollen um jeden Preis anders sein

DEAD POET SOCIETY wollen nämlich anders sein. Um jeden Preis. Im Promo-Text lassen sie es nicht unerwähnt, dass sie das Album mit einer alten, verstimmten und kaputten Gitarre aufgenommen haben. Eine „shitty old seven string“, die Bandkopf Jack Underkofler zufällig auf einem Flohmarkt entdeckt hat. Das eröffnet eine ganz neue Welt, sagt die Band: “Mit seiner wackeligen Intonation kann das Instrument keine traditionellen Akkorde oder Skalen erzeugen“, mit anderen Worten: Man wollte die Musik auch ein wenig neu erfinden. Andere Harmonien und Akkorde spielen. Schräg, rau, rumpelig.

Das mag ja sein. Aber letztendlich haben DEAD POET SOCIETY doch ein Rock-Album aufgenommen, das sehr traditionell tönt. Und das ist eben keine schlechte Sache. Bei aller Hipsterness, bei allem Versuch, sich abzuheben: Es klingt eine ordentliche Brise Blues Rock und Heavy Rock durch. Und Alternative. Als wären LED ZEPPELIN eine Ehe mit den WHITE STRIPES eingegangen. Das ist doch aller Ehren wert. Die Stimme erinnert mitunter an den feinfühligen Barden Jeff Buckley. Und okay, ein Song klingt auch fast ein wenig nach Justin Timberlake mit schweren Gitarren („Salt“). Muss man eben auch können.

Oskar Pastior würde bei allem Manierismus den Kopf schütteln

Nur: Warum legen DEAD POET SOCIETY so viel Wert darauf, anders zu sein? Das beginnt schon bei den Songtiteln. “.getawayfortheweekend.” ist zum Beispiel so ein Song: Und ja, auch wenn ich mit den fiesesten Raffinessen der zeitgenössischen Lyrik vertraut bin (ich besitze die Oskar-Pastior-Gesamtausgabe): Die gewollt stilisierte Punktierung im Songtitel bringt hier keinerlei Mehrwert. Ist einfach affektiert.

Hey, Leute: Das habt Ihr echt nicht nötig. Der Song ist gut, ein echter Hit. Nur, bitte versucht nicht, innovativer zu sein, als Ihr tatsächlich seid. Wenn Ihr am Wochenende Party machen wollt, das alles in guten, hart groovenden Rock gepackt: Bitte versucht doch nicht, das als Arthouse zu verkaufen.

Es ist ja so: Hier sind echte Könner am Werk. Die Musiker haben am Berklee College of Music studiert. Demselben College, wo auch Keith Jarret, Steve Smith (Drummer von JOURNEY) und DREAM THEATER-Keyboarder DEREK SHERINIAN sich ihre Sporen verdient haben. Hier haben wir es mit Profis zu tun.

Aber bitte: Lasst diese Musik ein wenig weniger affektiert klingen. Weil es schade wäre, wenn dieses Album untergeht. Weil es gut ist. Weil hier einige wirkliche Hits aus dem Ärmel geschüttelt werden. Aber das ist eben sehr klassisch. “.futureofwar.” oder “.burymehole.” sind ebenfalls gute, hart groovende Rocknummern. Warum müssen die Songs ihre vermeintliche Modernität gewollt ausstellen?

Die Art und Weise, wie hier die Originalität ins Schaufenster gestellt wird, scheint mir eher Marotte als Markenzeichen. Aber in Zeiten, in denen Bands wie GRETA VAN FLEET den Grammy für das beste Rock-Album gewinnen, hätten es DEAD POET SOCIETY viel eher verdient. “-!-” ist leider, ich muss es zugeben (auch wenn mir die Attitüde der Band etwas unsympathisch ist), ein sehr hörenswertes Rockalbum. Es ist groovy und geil – irgendwie schön. Hört mal rein, es lohnt sich.

7 von zehn Hipster-Punkten

Veröffentlichungstermin: 12.03.2021

Label: Spinefarm Records

DEAD POET SOCIETY:  “-!-” Tracklist

1.”-!-”
2.”.futureofwar.”
3.”.burymewhole.”
4.”.getawayfortheweekend.”
5.”.AmericanBlood.”
6.”.intoodeep.”
7.”.georgia.”
8.”-JU-”
9.”I never loved myself like I loved you”
10.”.SALT.”
11.”.CoDA.”
12.“.loveyoulikethat.” (Video bei Youtube)
13.”-gopi-”
14.”.lovemelikeyoudo.”
15.”.beenherebefore.”
16.”.haunted.

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