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BLOODSIMPLE: Red Harvest

Ein geniales Stück moderner Musik, zwischen allen Genres und mit einem eigentlich unverzeihlichen Faux-Pas im Opener…Allerdings sind die Jungs so gut, dass ich ihnen etwas Hippie-Geschwurbel doch noch verzeihen kann

ACHTUNG! – Es folgt ein genüßliches und aggressives Opener-Bashing einer ansonsten gelungenen Platte! – BLOODSIMPLE begehen zu Anfang ihrer Platte zwei vollkommen unverzeihliche Scheußlichkeiten: Unsäglich-leiernde Chorus-Gitarren aus den Untiefen der 80er-Hölle, inkl. der dazugehörenden Weicheier-Akkorde im Hintergrund, begleiten, und das ist die Haupt-Schandtat, das mit pathetisch-getragener Stimme vorgetragene, unendlich lange Zitat aus dem Song The End von THE DOORS. (Ihr wisst schon: The killer awoke before dawn…Blablabla…he walked on down the hall…Mother I want to F*** you!…Schrei! – danach Durchschreiten der Pforten der Wahrnehmung mit unrasierten Achseln, Hermann Hesse am Lagerfeuer, Freud für Arme, Drogen für Beine, auch unrasiert, Piep Piep Piep, alle Hippies ham sich lieb!, etc.pp….) – Freunde, DAS GEHT GAR NICHT!
Nicht in meiner Welt.
Etwas abgegriffeneres habe ich schon lange nicht mehr gehört. Das ist das Niveau von musikalischem Zitat, das in etwa dem der Musikredakteure entspricht, die die Hintergrundmusik für TV-Sendungen wie Frauentausch aussuchen. So könnte ein Bericht über die 68er-Generation auf N-TV beginnen. Es fehlte eigentlich nur, dass der zweite Song beginnt mit Indians, scattered on the Highway bleeding blablabla und ich hätte mein Never trust a Hippie-Shirt angezogen und die Platte dem nächstbesten H&M-Schlaghosenträger in die Kehle gerammt.
Und das wäre verdammt schade gewesen.(…also, um die Platte)
Denn nach dem käsigen Opener folgt ein Feuerwerk, oder vielmehr mehr ein Sperrfeuer an genialer, ambitionierter Musik. Ein Parforce-Ritt von Dr. Death Reiner Klimke auf Alarich the Killer durch nahezu sämtliche Spielarten modernen aggressiven Metals. Ab und zu lugt mal Genosse Numetal um die Ecke, aber stören kann er den Genuss nicht. Kracher wie Dark Helmet, mit grandiosem MACHINE HEAD-Riffing und SLIPKNOT-artigem Gesang scheinen zwar vom Rezept her nicht besonders einfallsreich, sind aber von der Umsetzung und der schieren Power einfach überwältigend. Das ist aber noch nicht alles, denn schon im nächsten Song Dead Man Walking wird 80er-Metal mäßig abgerifft, dass man eigentlich nur noch den Gesang von Dee Snider vermisst. Mit Truth (thicker than Water) hat man sogar eine Halb-Ballade am Start die meinen Anti-Balladen-Geschmacks-Test besteht, weil sie einfach verdammt gelungen ist! Halleluja!
Und so geht es die ganze Platte über weiter: Hier etwas PANTERA , da etwas ACCEPT und dort noch eine Kleinigkeit DEVILDRIVER , dann noch etwas ganz Unerwartetes, alles durch den Mixer der unzweifellos vorhandenen eigenen Kreativität gedengelt und heraus kommt eigenständige. moderne Musik, die auf der Vergangenheit aufbaut und daraus etwas neues erschafft. Und Hegel hebt zufrieden die Hand, zur Pommes-Gabel geformt.
Trotzdem, und das mag jetzt merkwürdig klingen anhand all dieser Stil-Spielereien, tönt diese Platte wie aus einem Guß. BLOODSIMPLE sind nämlich Band genug, um all diese Einflüsse aufzunehmen und in etwas Eigenes zu verwandeln. Ein transparenter und sehr in die Fresse gehender Sound, hervorragende Gitarrenarbeit und der gute Gesang in Kombination mit den unglaublich einfallsreichen Songs machen es möglich. Diese Band kann nicht nur aggressiv in die Gitarren dreschen und verdrehte Parts kreieren, sondern auch richtige Refrains zum Mitsingen und die Arme nach oben reißen schreiben, eine heutzutage leider fast in Vergessenheit geratene Kunst. Dazu kommen immer wieder kleine Arrangement-Feinheiten, wie ein Päuschen hier und einen Takt mehr dort, die dem ganzen die entsprechende Würze verleihen. Einfach nur klasse!
Da es sich erst um die zweite Platte dieser Band handelt, ist der Vergleich vielleicht noch etwas hoch gegriffen, aber Parallelen zum Weirdo-Genre-Mixer-Epos-Mastermind DEVIN TOWNSEND sind durchaus vorhanden. Zumindestens die Zielgruppe dürfte man sich teilen, nämlich den Open-Minded-Metal-Weirdo, der vor allem immer mehr will, als nur 1 Genre pro Band/Platte. Wer immer alles will, sollte diese Platte wollen.
Allerdings sollte er den merkwürdigen Opener einfach überskippen.

Veröffentlichungstermin: 2007

Spielzeit: 45.49 Min.

Line-Up:
Tim Williams – Vocals
Mike Kennendy – Guitar
Nick Rowe – Guitar
Kyle Sanders – Bass
Mike Froedge – Drums

Produziert von Machine
Label: Reprise Records

Homepage: http://www.bloodsimpleband.com

Tracklist:
1. Ride with me
2. Red Harvest
3. Dark Helmet
4. Dead Man walking
5. Out to get you
6. Suck it up
7. Death from above
8. Whiskey bent and Hellbound (Hellmyr)
9. killing Time
10.Thruth (Thicker than water)
11.Numina Infuscata

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