BACCHUS: II

Wie URFAUST, nur weniger hochprozentig: BACCHUS frönen auf „II“ edlen Reben und atmosphärisch-getragenem Black Metal.

Ein dionysisches Gelage zu später Stunde: BACCHUS heben die Becher sicherlich nicht zum letzten Mal und haben schon die eine oder andere Flasche geleert. Dass man hierbei nicht mehr sonderlich schnell an den Instrumenten ist, verwundert kaum. „II“ steht eher für getragenen Black Metal, statt für hohe Geschwindigkeit und eher für atmosphärische Klänge, denn für ein Wüten im Sinne der zweiten Welle. BACCHUS erschaffen dabei so manch magischen Moment, so manch starke Komposition, aber auch immer wieder Stücke, die an Belanglosigkeit leiden.

Für BACCHUS stellen die Adjektive „barock“ und „spacig“ keinen Widerspruch dar: „II“ punktet mit einer originellen Atmosphäre.

„II“ ist nach der logischerweise „I“ betitelten EP aus dem Jahr 2020 das Debütalbum des Trios und beginnt mit einem fast schon frechen URFAUST-Moment. Und genau jene sind es, die einem im Verlauf der 35 Minuten immer wieder in den Sinn kommen. Tempo und Atmosphäre sind aber gleichzeitig mehr von Gothrock inspiriert, als auch etwas spaciger. Das klingt nach einem Widerspruch, doch BACCHUS lösen diesen mittels stringenten Songwritings auf und zeigen sich eigenwillig. Komponist und Keyboarder Moïse Mestriaux prägt die Musik mit seinen originell ausgewählten Synthesizern: Barock anmutende Melodien gespielt auf analogen Synthesizern erzeugen einen besonderen Klang, gerade beim Abschlusstrack „II.VI“.

BACCHUS vereinen zudem die beiden Mitglieder der hoch gehandelten Avant-Black Metal-Band DYSYLUMN, die ihre Fähigkeiten in diesem Kontext eher zügeln. Statt komplexer Songs und technischer Finesse suchen die Musiker eher das Rituelle. Dass es hierbei auch dringend Steigerungen und Dynamik braucht, zeigen „II.IV“ und „II.V“, die mit den repetitiven Leadgitarren leider eher ermüden. Diese kleinen Geschwindigkeitsausbrüche, wie es sie in „II.III“ gibt, bräuchte es eigentlich öfter. Gut, dass BACCHUS immerhin gesanglich um Abwechslung bemüht sind: Kehliger Chorgesang trifft auf CELTIC FROST-Gebell und würzt die Songs immerhin ein wenig.

Rituelle statt technische Musik: BACCHUS performen ihren Black Metal auf „II“ in getragenem Tempo.

Ein Gelage im Sinne eines Pasolini, ein Trip wie von Jodorowski ist „II“ nicht geworden, obwohl BACCHUS das Potenzial mitbrächten, derartige Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Vielleicht war doch etwas viel Wein im Krug und bremst das französische Trio dahingehend aus. Seine Momente hat „II“ durchaus und kann außerdem eine Steigerung zur Debüt-EP verzeichnen. Mit den (auch vom Verfasser anno 2011) überbewerteten URFAUST können BACCHUS mithalten, sie als das nächste große Ding zu bezeichnen, ist aber vermessen. Für ein Gelage zwischendurch geht diese barocke Weinprobe aber durchaus in Ordnung.

Wertung: 3 von 6 Rebsorten

VÖ: 7. April 2023

Spielzeit: 34:50

Line-Up:
Moïse Mestriaux – Composition, Samples, Synthesizer
Sébastien B – Guitars, Bass, Vocals
Camille Olivier F.B. – Drums, Mix, Mastering

Label: Debemur Morti Productions

BACCHUS „II“ Tracklist:

II.I (Official Audio bei Youtube)
II.II
II.III (Official Audio bei Youtube)
II.IV
II.V
II.VI

Mehr im Netz:

https://bacchus-dionysies.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/bacchus.dionysies/

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