ANATA: The Conductor´s Departure

Ein Death Metal-Orchester spielt ihr opulentes Meisterwerk – atemberaubend!

Under a Stone with No Inscription war ein bemerkenswertes Death Metal-Album. Eines von jener Sorte, die – selbst wenn man sie eine Zeitlang nicht gehört hat – ewig im Kopf rumschwirren und auch nach zig Durchläufen noch frisch klingen. Deshalb kamen mir die zweieinhalb Jahre seit diesem Album nicht sonderlich lange vor. So gesehen ging es fast schon verdeckt zu, dass ANATA ihr mittlerweile viertes Album vorbereiteten – The Conductor´s Departure hat wohl enorm viel Zeit in Anspruch genommen und ist alles andere als leichte Kost.

Zumindest für diejenigen, die unter extremen Death Metal Bands der Marke SIX FEET UNDER verstehen. Hier wurde großräumig geplant. Der Titel The Conductor´s Departure könnte ein Hinweis darauf sein, dass ANATA ihre Songs etwas dichter arrangiert haben als es der Norm entspricht. Ich weiß, es ist abstrakt, aber ich kann mir einen Dirigenten vorstellen, der die Band zu solchen komplexen Leadgitarren leitet. Ganz klar, hier steht nicht die Wut, die Brutalität im Vordergrund, hier geht es rein um die Kunst. Ein bizarres Denken, das vielleicht nur mir vorbehalten ist, dass mich diese Scheibe teilweise doch recht an Obscura von GORGUTS erinnert – rein vom Feeling her. Denn auch dort ist es so, dass die Musik, obgleich sehr technisch und von hohem Anspruch, sehr beruhigend auf mich wirkt.

Meditativ ist es fast, wie Songs a là Downward Sprial Into Madness, Complete Demise oder Reunciation mich berühren. Und dennoch wird hier eigentlich sehr wildes Material geboten: Furiose Taktwechsel, unglaublich präzises, wildes und kreatives Drumming, herrliche Gitarrenleads, die den Hörer wie auf Schwingen durch die Scheibe tragen. Die Riffs heben sich ab von stumpfem Gesäge und bilden eine komplexe Basis für 55 Minuten mächtiger Musik. Abwechslung wird auf diesem Album groß geschrieben, von langsam schleppenden Nummern wie Cold Heart Forged in Hell bis hin zu flotten Stücken wie Better Grieved Than Fooled wird die ganze mögliche Bandbreite an Geschwindigkeiten wiedergegeben. Letztgenannter Song verfügt übrigens ebenso über Hitqualitäten wie A Problem Yet to Be Solved vom genialen Vorgänger.

In Sachen Death Metal ist The Conductor´s Departure sicherlich oberste Klasse und schlägt Alben wie die aktuellen Scheiben von CRYPTOPSY und HATE ETERNAL deutlich. Ganz einfach weil ANATA sich nicht in Klischees oder in Technik verlieren, sondern ihre Songs mit zündenden Ideen ausstatten und sie so wirken lassen, als wären die technischen Passagen nur Beiwerk, was sie de facto nicht sind. Eigentlich ist dies die Quintessenz des Albums und gerade deshalb ist es erstaunlich, dass das Material so unaufdringlich klingt. Der Punkt ist schlicht, dass ANATA nicht angeben wollen, wie gut sie an ihren Instrumenten sind, viel mehr geht es ihnen um die konsequente Umsetzung ihrer Vision – zweifellos würden sie dafür über Leichen gehen.

Wäre das Artwork nicht so düster, ich würde mich als die Person im Bild wieder erkennen: Ganz allein fühlt man sich beim Hören, so als wäre man meilenweit von allen Menschen entfernt. Nur die Musik und man selbst, der Rest ist sekundär. Den Schweden ist ein wirklich mörderisch gutes, gänzlich ungewöhnliches Death Metal-Album gelungen, das man trotz dem starken Vorgänger so nicht erwarten konnte. Zwar haben sich ANATA in der Mitte des Albums etwas verschätzt und verlieren ein klein wenig an Fahrt und auch der Gesang ist etwas zu eintönig, aber ansonsten gibt es an dieser Scheibe nichts auszusetzen. Wer Lust auf Können, Originalität und eine ungewöhnlichen Atmosphäre hat, sollte sich diese Scheibe bitte zulegen. Ein definitives Death Metal-Highlight.

Veröffentlichungstermin: 23. Juni 2006

Spielzeit: 53:42 Min.

Line-Up:
Fredrik Schalin – Vocals, Guitar
Andreas Allenmark – Guitar
Henrik Drake – Bass
Conny Pettersson – Drums

Label: Earache Records / Wicked World

Homepage: http://www.anata.se

Tracklist:
1. Downward Spiral Into Madness
2. Complete Demise
3. Better Grieved than Fooled
4. The Great Juggler
5. Cold Heart Forged in Hell
6. I Would Dream of Blood
7. Disobedience Pays
8. Children´s Laughter
9. Reunciation
10. The Conductor´s Departure

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