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AMORAL: Decrowning

Fehlende Zeit, mangelnde Kreativität oder Kalkül?

Was war das? Das ging wohl zu schnell mit dem zweiten Album. Bevor wir uns Missverstehen: Die Rede ist nicht von einem schlechten Album oder einer schlechten Band. Das kann man AMORAL und Decrowning sicher nicht nachsagen. Aber die Rede ist von einer Band, die mit Wound Creations ein Album schuf, das durch unglaublich vielen markanten Ideen, unkonventionelles Songwriting und ganz viel Esprit eine rundum unterhaltsame Angelegenheit war. Genau an diesen Punkt kann Decrowning nicht ganz anknüpfen.

Eine experimentelle Sichtweise auf das Album wäre, einfach das Erstlingswerk auszublenden und einfach so zu tun, als hätte es Wound Creations nie gegeben und als wäre Decrowning das erste AMORAL Album. Ist der Blick dermaßen verändert, so hört man eine technisch anspruchsvolle Death Metal Band, die sehr melodische Riffs, Strophen und Refrains kreiert. Angelehnt an den Schweden-Sound sind auch Vergleiche der Finnen mit SHADOWS FALL zulässig. Mit Showdown beginnt das Album auch gleich richtig flott. Die harmonischen Stimmungen wechseln sich mit einigen geschickt gestreuten Disharmonien ab. Es sind viele kleine Details zu erkennen, kleine Riffüberlagungen, kleine Melodien – eben für den konzentrierten Hörer. Aber bereits dieser Song zeigt ein Problem des Albums: er kommt nicht zum Punkt und die Überraschungen fehlen. Die Ausgestaltung der Ideen ist langatmig. Stärker als das Intro sind einige melodische Passagen im letzten Drittel des Songs. Der erste Aha-Effekt stellt sich erst im Titeltrack Decrowning, dem dritten Song des Albums, ein. Die psychedelischen Strophen und schrägen Harmonien sind wenigstens eine neuer kreativer Impuls, von denen es auf dem Debüt so viele gab. Zu dieser latenten Einfallslosigkeit passt auch Warp, das Interlude mit den schönen String-Harmonien und den Oberton-reichen Soloeinwürfen. Doch anstatt dieses Thema als Track auf ein höheres Level zu bringen, endet Warp nach rund zwei Minuten und geht in Bleeder über, das erstmal nicht viel mit dem Flair des Interludes gemein hat. Nur ein kleines, verlorenes Thema ab der Mitte des Songs erinnert an das Vorangegangene und daran, dass hier vielleicht zu schnell oder euphorisch gearbeitet wurde.

Nun hat es immer einen faden Beigeschmack, wenn man ein neues Album aufgrund des Vorgängers kritisiert. Man sollte sich darauf konzentrieren, was man hört, um nicht Veränderung und Weiterentwicklung zu kritisieren. Aber da genau das, was man eben hört, nicht großartig anders, sondern im kreativen Sinne schlicht und ergreifend limitiert ist, bleibt mir nur, den am Anfang des Reviews stehenden Gedanken aufzugreifen und zu sagen, dass Decrowning für sich gesehen durchaus seine Stärken besitzt und handwerklich natürlich bemerkenswert ist, aber gegen die Kreativität des Vorgängers nicht bestehen kann. Das Spektrum von AMORAL hat sich, entweder mangels Zeit, Kreativiät oder aus Kalkül verkleinert und so wird der aktuelle Albumtitel für Liebhaber von Wound Creations leider zum Motto.

Veröffentlichungstermin: 11.11.2005

Spielzeit: 40:56 Min.

Line-Up:
Niko Kalliojärvi – Vocals

Ben Varon – Guitar

Silver Ots – Guitar

Erkki Silvennionen – Bass

Juhana Karlsson – Drums

Label: Spikefarm Records

Homepage: http://www.amoralweb.com/

Email: mailto:ben.amoral@mail.com

Tracklist:
01. Showdown

02. Lacrimal Gland

03. Decrowning

04. Tiebreaker

05. Drug Of Choice

06. Denial 101

07. Control Cancer

08. Raptus

09. Warp

10. Bleeder

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