DAS METAL-UTENSIL DES MONATS: Der Jammerlappen

Metal – das sind harte, tätowierte Jungs mit langen Haaren, einer Jack Daniel´s-Flasche in der Hand und einem Nietengürtel um die Bierbauch-bewehrte Hüfte. Nicht? Nun, manchmal hat man den Eindruck, dass der typische Metaller eher die Statur von Samsons Schnuffeltuch hat und die Lebensfreude eines verknöcherten Finanzbeamten ausstrahlt, denn kaum ein Musikfan ist so schnell mit Wehklagen zur Hand wie der Metal-Freak. Themen und Ursachen seines stetigen Lamentos sind fast schon Legion, es gibt quasi nichts, was der kritische Fan seinen Stars und dem restlichen Umfeld so einfach durchgehen lassen würde.

Metal – das sind harte, tätowierte Jungs mit langen Haaren, einer Jack Daniel´s-Flasche in der Hand und einem Nietengürtel um die Bierbauch-bewehrte Hüfte. Nicht? Nun, manchmal hat man den Eindruck, dass der typische Metaller eher die Statur von Samsons Schnuffeltuch hat und die Lebensfreude eines verknöcherten Finanzbeamten ausstrahlt, denn kaum ein Musikfan ist so schnell mit Wehklagen zur Hand wie der Metal-Freak. Themen und Ursachen seines stetigen Lamentos sind fast schon Legion, es gibt quasi nichts, was der kritische Fan seinen Stars und dem restlichen Umfeld so einfach durchgehen lassen würde. Daher an dieser Stelle die vollkommen objektive und natüüüürlich ganz und gar unaufgeregte All Time Top Ten der aufregenswertesten Ärgernisse rund um den schimmernden Edelstahl:

10. Umbaupausenmusik

Für mich ein noch durchaus nachvollziehbarer Affront gegen das Metallertum und somit durchaus bejammerbar. Es scheint nämlich nicht wenige Mischer und Musiker zu geben, die ihren Frust auf Tour mit dem Abspielen besonders seltsamer CDs in der Umbaupause bekämpfen wollen. Ewige selbst erlebte Klassiker:

  • MERCYFUL FATE mit den Eierkneifvocals vom King als Pausenmucke bei einem MACHINE HEAD-Konzert laufen zu lassen, dürfte diverse Paragrafen der Genfer Konvention verletzen und verdrängte Kastrationsängste bei so manchem gestandenen Metaller auslösen.
  • Beethoven bei VOODOOCULT – Independent-Besserwisser Philipp Boa wollte nicht nur den Metallern zeigen, wie Metal funktioniert, sondern auch gleich noch, dass dieser ja eigentlich darüber hinaus sowieso niveaulos ist im Vergleich zu den großen Meistern. Schon recht, Philipp, wir haben verstanden. Was macht eigentlich VOODOOCULT 😉 ?
  • HipHop bei ANATHEMA – Yo, man! Dis is a fain day to exit in da house, DJ! So in etwa stelle ich mir die musikalische Umsetzung eines Galaxiencrashs im Weltall vor.

9. Die Reihenfolge im Festival-Billing

Kennt ihr diese Besserwisser, die euch beim lang ersehnten Auftritt eurer Götter auf einer großen Festivalbühne erstmal während des kompletten Intros drücken müssen, dass eben jene stählernen Divinitäten doch die letzten Luschen wären und Band XY (meist tragen sie so schlichte, knappe Namen wie STEEL OF THE DRAGON´S FIRE oder UNNATURAL BALLISTIC SURGERY VICTIM…) schon zwei Mini-CDs mehr veröffentlicht haben, drei Monate länger aktiv sind und außerdem und sowieso den absoluten Kult darstellen, was die Organisatoren mal wieder nicht geblickt haben? Eine repräsentative Umfrage unter meinen Vorurteilen hat ergeben, dass die so gepriesenen Bands in 66,6% der Fälle nicht mal genügend hörenswertes Songmaterial für mehr als eine Viertelstunde am Vormittag ihr Eigen nennen, aber egal.

8. Der Underground

Kurze Zeit später während des Konzerts eurer Lieblingsband, ungefähr zwischen Begrüßungsansage und Balladenteil, wechselt das einseitige Gespräch dann hin zu einem weiteren Dauerbrenner unter den Lamentos: dem Underground. Was für eine Schande! Der Underground liegt brach, nur weil die dummen Massen lieber wie die Schafe hinter Trends herhecheln und sich von dicken Soundwänden blenden lassen, statt ein wenig Zeit in die Suche nach neuen, wirklich coolen Undergroundbands zu investieren. Hier helfen auch keine Gegenfragen, warum man denn den Klagenden noch nie bei einem Jugendzentrumsgig in der Gegend gesehen hätte, oder die Ausrede, dass man sich nach etlichen rauschenden Demotapes voller holpriger erster Gehversuche nun doch ganz gerne auch mal wieder eine CD anhört, bei der ein Produzent in den Aufnahmeraum gelassen wurde und die Band ihre Songs nicht nur nach den Wünschen der Bandmitglieder-Freundinnen ausrichtet.

7. Vorbands

Die Auswahl einer passenden Vorband für eine Tour ist eine Wissenschaft für sich, und zwar eine, die mehr Forscher beschäftigt als Biotechnologie, Physik und Archäologie zusammen. Experte ist jeder Konzertbesucher, und ähnlich wie in den arrivierten Wissenschaften führt die Diskussion zwischen fünf Fachleuten zu sechs verschiedenen Meinungen, die sich lediglich in der Ablehnung der vorgefundenen Zustände einig sind. Die Reaktionen auf Vorbands variieren zwischen schlichtem Ignorieren und gellenden MANOWAR!- und SLAYER!-Sprechchören. Als Höchststrafe treten letztere auf, wenn SLAYER nicht mal auf dem Billing des Abends stehen. Und wer nun denkt, dass es dennoch Bands gelingt, als Anheizer die Massen auf ihre Seite zu ziehen, so sei einschränkend erwähnt, dass genau dieses Phänomen wiederum einige Leute dazu bringt, die Begeisterung der Massen für die Bestätigung der eigenen Forscherthese zu nutzen, dass die Leute einfach keine Ahnung haben und man selbst als einziger erkennt, was für eine grauenvolle Band da mal wieder durch Plattenlabelkohle ins Vorprogramm einer erfolgreichen Tour gespült wurde. Zum Glück kommt sowas bei vampster ja nicht vor… 😉 klick

6. True

Ein moderner Klassiker, auch wenn die Moderne hier natürlich nix zu suchen hat. Nichts eint wildfremde Menschen auf dem Festivalzeltplatz so unkompliziert wie eine gepflegte Lästerrunde über MAJESTY. Und natürlich ist es keine Verschwendung wertvoller Lebenszeit, wenn erwachsene Menschen Stunden und Tage damit zubringen können, sich über lächerliche Unmengen Killernieten, friseurimmune Vokuhilas und die Fortpflanzungsfähigkeit ernsthaft in Frage stellende Spandexjeans aufzuregen.

5. Kommerz

Selbstverständlich gibt es hierzu den direkten Gegenpol in Gestalt jener, die sich mit Hilfe eines direkt von diversen ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern verschiedenster Regierungen angefertigten Verfahrens auf der ständigen Fahndung nach Übertretungen der eng gefassten Genregesetze befinden. Was dem Marxismus der Ideologieverdacht ist, ist dem Metal der Kommerzverdacht. Der Feind lauert immer und überall, sei es in Gestalt einer Ballade auf dem neuen Album, einem Friseurbesuch der Stars oder einer Bob Rock-Produktion. Geradezu exemplarisch lässt sich die Arbeit solcher Jammerlappen an der Karriere von METALLICA nachvollziehen. Egal, ob es Fade to Black, das Video zu One oder die Zusammenarbeit mit Marianne Faithful war, steter Wegbegleiter der Four Horsemen war die Diskussion um den Grad des neuerlichen Ausverkaufs der Metalheroen. Selbst die krachige Garagenproduktion und die sperrigen Achtminüter von St. Anger wurden vielerorts als kommerzgeile Anbiederung interpretiert. Vielleicht besser, dass METALLICA Kill ´em All gleich zu Beginn ihrer Karriere rausbrachten, wer weiß, ob Klassiker wie Metal Militia oder No Remorse ansonsten nicht auch als heimliche Anbiederungen an den Massengeschmack enttarnt worden wären?

4. Metal in den Medien

Wo wir schon beim METALLICA-Video sind: Die hitzigen Debatten über Metal im Fernsehen sind noch älter als Vanessa Warwick und Adam Turtle zusammen. Kafkas Romane sind ein Ausbund an Logik und Pragmatismus im Vergleich zu Klagen wie Warum kommt immer nur verdammter HipHop auf MTV?, Wie kann sich der Metal nur so verkaufen und nachts um halb zwölf eine Show auf MTV bekommen? oder Wenn sie schon Metal im Radio spielen, warum dann solchen Metal? Da stehen die Leute vorm Stuttgarter Longhorn anlässlich eines von MTV aufgezeichneten PARADISE LOST-Konzerts und decken Vanessa Warwick mit Buhrufen ein, um sich im Konzert dann in die erste Reihe zu drängen und Tage nach dem Konzert vor dem Bildschirm zu kauern, um konzentriert den nächsten Kameraschwenk ins Publikum zu erwarten. Ähnliches soll sich an gleicher Stelle beim NEVERMOREKonzert anlässlich eines Tatortdrehs abgespielt haben.

3. Warum ist diese Band erfolgreich und nicht die eigene?

Was gibt es Schöneres für einen Journalisten, als den Rockstar mit einem Metalmagazin in der Hand zu erwischen. Eine kurze Andeutung zur Verdientheit der Titelstory einer anderen Band genügt, um tiefste Einblicke in eine von Neid zerfressene Seele zu gewinnen. Die sollen was taugen? Pah! Wir waren es, die den Deathmetal erfunden haben! Ach, was sag ich, den Metal haben wir quasi im Kindergarten zwischen Teepause und Schlusskreis erfunden! Und wer dankt´s uns? Dieses Phänomen tritt nicht nur im ersten Proberaum einer Band auf, sondern auch noch in teuer eingerichteten Hochglanzstudios. Schuld haben immer die anderen, seien es die undankbaren Fans, die wie die Schafe dem nächsten Trend folgen, die anderen Bands, die als Blender eben jene Fans mit natürlich völlig nichtssagenden Songs abfischen, oder die Medien, die jeden Musiker verhätscheln und nur einen selbst auf dem Kieker haben. Und das, wo man doch schon im Kindergarten den Metal erfunden hat und den Deathmetal sowieso und…

2. Entwicklung einer Band

METALLICA wurde als Paradebeispiel schon erwähnt, doch auch jede andere Band leidet unter einem Erwartungsdruck, gegen den der Gordische Knoten wie ein einfaches Kreuzworträtsel anmutet. Wenn KREATOR sich weiterentwickeln, ist das Fahnenflucht von den eigenen Idealen, wenn sie ein weiteres typisches Thrashalbum machen, treten sie natürlich auf der Stelle. Lösen sich AT THE GATES auf, so ist das Anlass zu Staatstrauer, bei einer Reunion würde dennoch jeder Ausverkauf! schreien. Stimmen SLAYER ihre Gitarren runter, so kann man sie als Nu Metal abschreiben, kämen sie mit Reign in Blood Pt. II rüber, wäre das selbstverfreilich nur ein müder Abklatsch früherer Glanztaten. Und bei TIAMAT warten die Fans heute noch drauf, dass die Wildhoney-Zeiten zurückkehren, doch wehe, der Herr Edlund baut selbstironisch einen Whatever that Hurts-Beat in ein neues Lied ein. Der gute Ton erfordert es schlichtweg, bei IN FLAMES-Konzerten nur lautstark nach altem Songmaterial zu schreien. Wie gesagt, Alexander der Große hatte ein leichtes Leben im Vergleich dazu!

1. Die guten alten Zeiten

Ganz klar, nichts vermisst ein jeder anständige Metaller so sehr wie die guten alten Zeiten. Damals – Zauberwort – war alles besser, sei es die Umbaupausenmusik, Vorbands bei Konzerten, Fernsehsendungen über Metal usw.. Somit wären wir quasi bei der Mutter aller Jammerlappen angelangt. Nostalgisch blicken wir zurück zu unserem ersten Metalkonzert, zu unserem ersten Stagedive, zu unserem ersten Smalltalk mit einem unserer großen Heroen nach einem Konzert, und verdrängen dabei geschickt, dass der erste Konzertbesuch dank falschem Rückenaufnäher (HELLOWEEN beim Full of Hate-Konzert) schier in einer Schlägerei endete, dass der Kumpel beim ersten Stagedive nur noch den Turnschuh von einem sah, während man selbst kopfüber hängend die Schuhe von allen anderen Konzertbesuchern bedrohlich nahe am eigenen Gesicht betrachten konnte, dass die größte Weisheit eines Jörgen Sandström, damals bei GRAVE aktiv, ein schüchternes, quäkendes Oh, sorry, I have to carry my stuff off the stage, otherwise the other bands get mad at me, I don´t want that… war. Denn früher war halt alles besser – vor allem dann, wenn man heute kein Leben hat, über das man reden kann…

Titelgrafik: Uwe

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