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DRAGGED INTO SUNLIGHT: Widowmaker

Eine Urgewalt: DRAGGED INTO SUNLIGHT zeigen, wie unnahbar und frei von Pathos und Romantik die nackte Gewalt des Doom sein kann.

Es ist kein Geheimnis, dass alles anders kommt, als man denkt, darum sind DRAGGED INTO SUNLIGHT auf ihrem zweiten Album eine scheinbar andere Band, als auf dem misanthropischen Ultimativwerk Hatred For Mankind. Widowmaker ist ein faszinierender Albumtitel, er trägt die Tragik schon in sich, ebenso wie die Brutalität. Ein vierzigminütiger Song, aufgeteilt in drei Tracks, unglaublich schwer zu konsumieren. Das Martyrium von DRAGGED INTO SUNLIGHT beginnt mit nur zwei Gitarren, die fast fünfzehn Minuten lang leicht angezerrte Töne anschlagen und sich immer weiter und tiefer in das Bewusstsein des Hörers graben – trotz der relativen Simplizität öffnen sich hier ganze Welten. Die Finsternis wird fühlbar, der Schmerz und das Elend werden greifbar, und wenn sich schließlich eine klagende Violinie über all das legt, wird es gar unerträglich.

Und alles arbeitet auf diesen einen Punkt hin. Diese eine Sekunde in der alles kippt, der Sturm losbricht, die Hölle aufreißt und die arme Seele mit aller Gewalt verschluckt und in den glühenden Schlund aufgenommen wird. Und der Choral der sadistischen Engel ruft: Nein, wir geben dich nicht mehr her, du gehörst jetzt ganz uns, kleines Spielzeug. Es entsteht die bösartigste Doom-Vorstellung seit Urzeiten, mit polterndem, wüstem Drumming, schleppenden, kriechenden, rohen Riffs, derb verzerrtem Bass, irrem Geschrei und heftigem, tiefen Gewürge. DRAGGED INTO SUNLIGHT gehen hier genauso vor, wie bei dem enorm langem Intro: Sie haben keinen Song geschrieben, es sind Fetzen, Fragmente, Teile, und sie leiten immer weiter, vom Anfang bis zum Ende. Die hier feilgebotene Logik verstehen höchstens DRAGGED INTO SUNLIGHT selbst, Normalsterbliche werden von Widowmaker vermutlich zunächst irritiert sein.

Sicher ist, dass mit jeder Minute die vergeht, ein weiterer Kreis der Hölle betreten wird. DRAGGED INTO SUNLIGHT wandeln stilistisch auf den Spuren von BURNING WITCH und von frühen NEUROSIS, die Black Metal-Elemente von Hatred For Mankind sind auf Widowmaker aber nicht zu finden. Dafür sind DRAGGED INTO SUNLIGHT so verstörend und surreal wie TERRA TENEBROSA und so zermalmend wie BLACK SHAPE OF NEXUS, selbst wenn die musikalischen Parallelen hier relativ dünn werden – was natürlich für die Originalität von DRAGGED INTO SUNLIGHT spricht. Schwer ist Widowmaker in Worte zu fassen, schwer ist es zu verstehen, schwer zu konsumieren. Dass man schmerzfrei sein muss, DRAGGED INTO SUNLIGHT zu folgen, ist nichts Neues. Widowmaker ist der nächste, konsequente Schritt die Grenzen über jeglichen Schmerz hinaus auszuloten.

Wie schon zuletzt sorgt Billy Andersons Mastering zusammen mit der Produktion und dem Mix von Vagrant Recordings für einen schmutzigen und unerträglich fetten Klang. Und ebenso wie die Musik ist das Artwork weniger plakativ als zu Hatred For Mankind. Dennoch, schon die Tuschezeichnung des Covers verstört, sammelt ebenso viele schreckliche Dimensionen in sich wie die Musik selbst. Somit ist der Gesamteindruck dieses monströsen, zweiten Albums von DRAGGED INTO SUNLIGHT ein ungemein dichter. Auch wenn sich die interne Logik dem Konsumenten nicht immer erschließt, Widowmaker ist ein Werk, das den Hörer vor eine große Aufgabe stellt und enorm polarisiert. Boshafter und brutaler geht es nur schwer, DRAGGED INTO SUNLIGHT zeigen, wie unnahbar und frei von Pathos und Romantik die nackte Gewalt des Doom sein kann.

Veröffentlichungstermin: 9. November 2012

Spielzeit: 39:47 Min.

Line-Up:
T – Vocals
A – Guitar
C – Bass
J – Drums
Label: Prosthetic Records

Homepage: http://www.draggedintosunlight.co.uk/

Mehr im Netz: http://www.facebook.com/draggedintosunlight

Tracklist:
Widowmaker

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