DUN RINGILL: Release-Show zu “Welcome” im STICKY FINGERS, Göteborg, 4. Mai 2019

So muss Doom klingen, so muss er sich anfühlen!

Es ist schon spannend, wenn man Basser Patrik Andersson Winberg schon seit den frühen Demos von den DOOMDOGS kennt und die ersten Töne von THE ORDER OF ISRAFEL begleitet hat. Und nun liefert er schon wieder was Neues für die Doom-Fraktion. Letztere wurden nach zwei starken Alben auf Standby gesetzt, gerade als es richtig rund gehen sollte. Diese Zeit wollten Patrik und Drummer Hans Lilja (LOTUS) nicht aussitzen. Mit neuen Leuten und gar nicht so sehr anderem Sound belegen sie, wie viel sie zum TOOI Sound beigetragen haben und zeigen mit ihrem DUN RINGILL-Debüt “Welcome“, dass sie nun endlich auf dem Weg nach ganz vorn sind. Egal wie cool es ist, THE ORDER OF ISRAFEL-Frontmann Tom Sutton (NIGHT VIPER, Ex CHURCH OF MISERY) in Göteborgs coolstem Metal-Club THE ABYSS zu treffen, die Zukunft gehört DUN RINGILL. Und das belegen sie hier im STICKY FINGERS live!

DUN RINGILL präsentieren “Welcome” live im STICKY FINGERS

Die Herren DUN RINGILL betreten die Bühne, begleitet von JETHRO TULL´s gleichnamigen Song. Sie werden begeistert empfangen, hier in Göteborg weiß man seine Helden zu feiern. So eröffnet man natürlich mit dem Albumopener “Welcome To The Fun Fair Horror Time Machine”. Trotz den vertrauten Gesichtern fällt der Blick oft auf Sänger Tomas, der optisch ja eher an einen Blümchen pflückenden Hippie erinnert. Wie der sympathische Kerl hier die irren Vocals raushaut, das ist fantastisch. Viel bewegen wird er sich heute nicht, bei den ausgedehnten Instrumentalparts zieht er sich aus dem Fokus und schaukelt im zumeist zähen Takt dezent vor sich hin. Um den Songs dann immer wieder mit seinen Vocals seinen Stempel aufzudrücken. Der Song kommt bei fettem Sound so druckvoll und böse, DUN RINGILL haben ihr Publikum sofort überzeugt. Das fängt dann auch fleißig an, beim Groovemonster “Black Eyed Kids” mitzuwippen. Herrlich heavy, die Jungs auf der Bühne haben sichtlich genauso Spaß wie wir vor der recht hohen Bühne. Wer sein Doomdancing direkt vorne zelebriert, der geht halt mit Nackenschmerzen nachhause. Egal, das ist es wert, wenn eine Band so stark aufspielt. Die eingestreuten ruhigen Parts sorgen ja immer etwas für Entspannung. Um dann halt dem nächsten Ausbruch Platz zu machen.

DUN RINGILL: Release-Show mit Doomdancing, Nackenschmerzen und viel Spaß

Dem zappeligen “Open Your Eyes” mit seinen bewegungsfördernden Folk-Anleihen folgt als Premiere der neue Song “Reverend”. Der fügt sich passend ein, wirkt bissig und wütend, Tomas tobt sich mit seiner Stimme auch hier passend aus. Aber die Blicke wandern eh hin und her, die Band ist ein interessanter Mix aus Persönlichkeiten. Basser Patrik spielt gern mit großen Posen den Rockstar, Drummer Hans thront majestätisch hinter seinem mächtigen Ludwig-Set und begeistert wieder mit seinen Punktgenauen, entspannten Drumming. Ihm zuzuschauen macht einfach Spaß. Patric an der Gitarre ist der Rocker in der Band, Partyanimal, Spaßvogel, Kumpeltyp. Tommy könnte optisch ebenso in einer Rock`n´Roll oder gar Rockabilly-Band spielen, zeigt sich mit seinem Gitarrenspiel aber als Mittelpunkt im drückenden Sound. Jens wirkt etwas zurückgezogen, der Ruhepol der Band, der mit seinem Rauschebart auch in eine Sludge- oder derbe Stoner-Band passen würde. Aber egal wo man hinschaut, die Band kommt toll rüber und haut ihre Songs kraftvoll und fehlerfrei von der Bühne.

So muss Doom klingen, so muss er sich anfühlen!

Abtanzen beim heavy swingenden “The Door”, “Snow Of Ashes” mit seinem coolen Groove und dem schönen 70ies Flair, wirft man einen Blick nach hinten, so haben alle im STICKY FINGERS Spaß am Heavy-Doom von DUN RINGILL. “The Demon Within” beendet das Set, der düsterste Song des Albums, hier zermalmt er nochmal alles. So muss Doom klingen, so muss er sich anfühlen! Zeit für die hartnäckig geforderte Zugabe bleibt nicht. Ein fantastischer Gig einer starken Band, die letztendlich ja erst am Anfang steht. Demnächst steht noch eine Tour an mit einer Band, die DUN RINGILL einem größeren Publikum präsentieren wird. Kein Zweifel, dass die Schweden dort klar stellen werden, dass sie nach ganz vorne gehören. Klasse Musiker, die sich musikalisch als Einheit präsentieren und mit ihrem Mix aus Heavy Doom, Folk und etwas 70ies Rock ihr sehr eigenes Ding machen. Wenn die Band nicht bei einem Label landen, wo sie gnadenlos zermarktet wird, dann wird sie ihren Platz sehr bald weit vorn in der Doom-Szene finden. Das werden Patrik, Hans und ihre Jungs mit dem für Ende des Jahres geplanten zweites Album belegen, für das gerade die Songs entstehen. Aber jetzt ist erstmal das Debüt “Welcome” angesagt. Und das hat die Band heute perfekt präsentiert. Nein, noch besser, denn live kommen sie Songs mit noch mehr Druck und Energie. Aber wer das Album noch nicht hat, der muss jetzt nachrüsten.

Bei den Kollegen YEAR OF THE GOAT läuft es nicht so gut

Aber bei aller Begeisterung für die Show von DUN RINGILL steht mit YEAR OF THE GOAT noch eine Band an. Eigentlich wollten beide Bands ihre jeweils neuen Alben präsentieren. Bei den Jungs aus Norrköping hat aber das Label einen Strich durch die Rechnung gemacht, der Release wurde auf unbekannte Zeit verschoben. Die Band um Frontmann Thomas Eriksson (Ex GRIFTEGARD) macht das Beste draus, kann aber heute nicht wirklich begeistern. Der jetzt matschige Sound lässt keinen Raum, die interessante Arbeit der drei Gitarren und die absolut vorhandenen Feinheiten in den Songs zu erkennen. Das geht auch anders, bei der gemeinsamen Tour mit THE ORDER OF ISRAFEL vor 2 (?) Jahren konnten sie auch live überzeugen. Heute nervt der fordernde Gesang von Thomas, der sich als einziger durch den Soundmatsch drückt. Schade, eigentlich schöne Songs wie “Of Darkness” kommen so überhaupt nicht zur Geltung. Irgendwann hat man das Gefühl, jeder zweite Refrain heißt “Darkness”, sodass hinten an der Bar nun bei jedem Refrain pauschal eben dieses gesungen wird. Schade für die Band, YEAR OF THE GOAT können heute Songs wie “For The King” oder “Vermit” nicht gerecht werden. Das liegt nicht wirklich an der Band, die macht einen guten Job. Aber das erkennt man heute nicht. Das sehen viele Besucher auch so, die offensichtlich wegen DUN RINGILL gekommen waren, das STICKY FINGERS leert sich sichtlich. Sehr schade für YEAR OF THE GOAT.

Das vergisst man dann aber doch schnell wieder, wenn man aus der Location gefegt wird und mit der Party-Hälfte von DUN RINGILL in einer knuffigen Brauereikneipe landet bei Johannisbeerbier, seltsam, sauer, gut! Eine Band, mit der man nicht nur vor der Bühne Spaß haben kann. Wir freuen uns auf die Tour und natürlich auf den nächsten Besuch in Göteborg, das ja neben tollen Menschen noch mehr zu bieten hat. Einfach mal beim Club der IN FLAMES-Leute vorbeizuschauen hat ja auch was.

Jedoch prägt dieses tolle Wochenende ein tiefschwarzer Schatten: zwei Tage nach diesem auch für die Band fantastischen Gig wurde der Proberaum von DUN RINGILL ausgeräumt. Ungeachtet der finanziellen Werte hat jedes Instrument für jeden Musiker seine persönliche Geschichte. Ein Bass als Einzelstück, geliebte Gitarren, alte Amps, die so heute nicht mehr gebaut werden. Das reißt alles runter, wo man doch gerade auf dem Weg nach vorne ist. Hoffen wir, dass das ein oder andere Baby seinen Weg nachhause findet. Dass sowas geht habe ich selbst erfahren dürfen. Mögen den Idioten die Finger abfaulen.

Fotos: Frank Hellweg/vampster.com

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner