UNLEASHED: Wikinger ohne Wetteifer

Obwohl UNLEASHED ja bereits anno 2002 mit ihrem formidablen Tonträger “Hell´s Unleashed” ihre Rückkehr in die Metalszene besiegelt hatten, war das Mitte diesen Jahres veröffentlichte Album “Sworn Allegiance” das eigentliche Comeback der legendären schwedischen Death-Metaller: Ein derartig intensives Werk hatte die Band jedenfalls schon lange nicht mehr fabrizieren können. Es folgten hohe Anerkennung bei Presse und Fans, einige umjubelte Festivalauftritte und schließlich die aktuelle Albumtour…

Obwohl UNLEASHED ja bereits anno 2002 mit ihrem formidablen Tonträger “Hell´s Unleashed” ihre Rückkehr in die Metalszene besiegelt hatten, war das Mitte diesen Jahres veröffentlichte Album “Sworn Allegiance” das eigentliche Comeback der legendären schwedischen Death-Metaller: Ein derartig intensives Werk hatte die Band jedenfalls schon lange nicht mehr fabrizieren können. Es folgten hohe Anerkennung bei Presse und Fans, einige umjubelte Festivalauftritte und schließlich die aktuelle Albumtour, bei der ich Gelegenheit dazu hatte, Drummer Anders vor das Mikro zu bekommen und mit ihm die aktuelle Entwicklung der Band aufzubereiten.

Hallo, Anders! Wie geht es dir denn so? Wie läuft die Tour bisher?

Naja, bisher waren es ja erst ein paar Konzerte. Wir haben auf alle Fälle schon ordentlich gefeiert, deshalb ist jeder von uns ein wenig erschöpft nach diesen drei Tagen. Aber es läuft auf jeden Fall sehr, sehr gut!

Dann erst einmal herzlichen Glückwunsch zu eurem letzten Album “Sworn Allegiance“! Aus meiner Sicht ist das Album euer stärkstes Werk seit “Across The Open Sea”. War die Atmosphäre beim Songwriting dieses Mal anders als sonst?

Im Prinzip war alles ganz anders als sonst. Wir hatten eigentlich jede Menge Zeit und haben alles selbst gemacht, schließlich hat unser neuer Gitarrist Fredrik mittlerweile sein eigenes Studio aufgezogen – es gab also überhaupt keinen Druck! Das hat uns natürlich enorm geholfen, als wir die neuen Stücke geschrieben haben!

Die Produktion ist durch das neue Studio so druckvoll wie bisher noch nie ausgefallen, vornehmlich natürlich der Drumsound. Ist das alles auf Fredriks Mist gewachsen?

Eigentlich alles. Im Prinzip ist er alleine für den neuen Sound verantwortlich – er hat alles produziert! Wir wussten ja schon die ganze Zeit, dass er diese Fähigkeiten hat, allerdings hatte er bislang noch nicht die Möglichkeit, sich derartig bei uns einzubringen. Es hätte eigentlich gar nicht besser laufen können – seine Arbeit ist einfach großartig!

…und all das resultiert in den unglaublich positiven Kritiken, die ihr für “Sworn Allegiance” einfahren konntet. Seht ihr das als eine Art Bestätigung für eure Arbeit oder schreibt ihr dem keine Bedeutung zu?

Tatsächlich sind es die besten Presse-Reaktionen, die wir bisher erhalten haben – selbstverständlich ist uns das auch sehr wichtig. Aber es war natürlich auch so, dass wir schon vor dem Release hundertprozentig zufrieden mit dem Album waren. Genau deshalb ist es auch so toll, eine Bestätigung zu bekommen, dass wir das auch richtig eingeschätzt haben und andere Leute das gleiche wie wir denken. Trotzdem muss ich sagen, dass wir in der Vergangenheit eigentlich mit jedem Album absolut zufrieden waren, nachdem es fertig gestellt war, auch wenn es vielleicht nicht immer derartige Resonanz gab.

Auf den diesjährigen Sommer-Festivals – ich habe euch auf dem Wacken-Open-Air gesehen – habt ihr mit “Winterland” allerdings nur ein einziges Stück vom neuen Album gespielt. Hattet ihr die neuen Stücke zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht einstudiert, oder wolltet ihr die anderen Titel eher als große Überraschung für die Album-Tour zurückhalten?

Der Auftritt in Wacken kam ja ohnehin ziemlich plötzlich für uns. Aber es war tatsächlich so, dass wir uns auf den Festivals bewusst auf unsere älteren Sachen konzentriert haben und erst auf dieser Tour auch die Sachen von neuen Album spielen, um die Spannung zu erhalten.

Jetzt seid ihr ja schon wieder in Deutschland unterwegs und die Album-Tour wird nächstes Jahr noch einmal quer durch Europa fortgesetzt. Nach der Veröffentlichung eures letzten Albums habt ihr ja vornehmlich nur auf Festivals gespielt. Wie kommt es zu diesem Aufschwung?

Es war so, dass wir nach “Hell´s Unleashed” einfach nicht die Möglichkeit hatten, eine derartige Tour zu starten. Jeder von uns hatte eben noch seine Verpflichtungen zu Hause, in seinem normalen Leben.

Schließlich arbeitet ihr ja alle auch noch nebenbei…

Ja, genau. Wir arbeiten alle und haben unsere Familien – wir konnten zu diesem Zeitpunkt einfach nicht für einen längeren Zeitraum losziehen. Jetzt haben wir es aber irgendwie geregelt bekommen und wir können eine große Tour aufziehen. Wir werden für “Sworn Allegiance” auf jeden Fall so viele Konzerte wie möglich spielen!

Ebenso habt ihr ja auch über die Veröffentlichung einer DVD nachgedacht. Nutzt ihr diese Auftritte bereits für die Aufnahmen?

Das hatten wir eigentlich vor, allerdings gab es einige Schwierigkeiten, die gesamte Crew für die Aufnahmen unter einen Hut zu bringen. Leider können wir auf dieser Tour noch keine Bilder festhalten. Aber wir werden schließlich Anfang nächsten Jahres eine zweite Tour anhängen und es dort noch einmal versuchen! Es wird auf jeden Fall früher oder später passieren, wir hoffen einfach mal, dass die DVD im nächsten Jahr noch in die Läden kommt!

Unleashed 2004
UNLEASHED haben den Humor CANNIBAL CORPSE´scher Prägung für sich entdeckt: “Ich denke, für uns ist das einfach ein Weg, unsere Bandbreite ein wenig zu erweitern und neues Terrain zu betreten.”

UNLEASHED gehören ja zu den ersten Metalbands, die in ihrer Musik den Wikinger-Topos verarbeitet haben. Heutzutage gibt es jedoch neben AMON AMARTH oder auch THYRFING unzählige Bands, die sich der nordischen Mythologie widmen. Was ist deiner Meinung nach das faszinierende an dieser Thematik und warum gibt es so viel Bands, die sich damit befassen?

Für uns ist es einfach etwas vollkommen natürliches, weil es einfach ein Teil der Geschichte ist. Aber ich denke auch, dass diese Wikinger-Geschichten einfach hervorragend zum Death Metal-Sound passen. Manche Acts singen einfach über Gore, den Tod oder Krieg – die Sache mit den Wikingern kann aber ebenso zu aggressiven Texten führen!

Seid ihr stolz darauf, diese Thematik mehr oder weniger im Death Metal etabliert zu haben?

Natürlich fühlen wir uns immer sehr geehrt, wenn Bands von uns beeinflusst werden. Das ist auf jeden Fall eine coole Sache! Allerdings hatten wir diese Idee ja nicht zuerst, wir waren aber auf alle Fälle ziemlich früh am Start. AMON AMARTH haben ja zum Beispiel auch schon eine ganze Zeit diesen Topos transportiert. Wir sind also nicht die Einzigen, aber wenn Leute sagen, dass sie ihre Ideen von uns haben, finden wir das natürlich toll!

Fühlt ihr euch mit diesen Bands in irgendeiner Form zusammengehörig? Oder gibt es hin und wieder auch gesunden Konkurrenzkampf?

Wir haben andere Bands noch nie als irgendwelche “Feinde” gesehen – AMON AMARTH sind beispielsweise sehr gute Freunde von uns, da gibt es keinen Grund, sich gegenseitig zu duellieren und das finden wir alle einfach toll.

Wie spiegelt euer doch etwas provokativer Promo-Text “There are many Bands playing Death Metal – but yet so few who really are Death Metal” diesen Gedanken wider?

Tatsächlich ist dieser Text nicht auf unserem Mist gewachsen – das obliegt unserem Label! Aber trotzdem passt dieser Satz irgendwie zu uns, schließlich haben wir schon immer genau das gemacht, was wir auch heute noch machen und sind! Natürlich sehen wir uns nicht als die einzig “wahre” Death Metal-Combo an!

Was hat sich deiner Meinung nach in dieser Zeit in der schwedischen Metal-Szene verändert? Ist es schwerer geworden, sich zu behaupten?

Für mich hat sich eigentlich nichts geändert. Klar, es kommen viele neue Bands dazu, aber auch die älteren Acts sind immer noch stark und über die Jahre auch zusammen gewachsen. Wenn ich aus dem Haus gehe, treffe ich immer noch die gleichen Leute und wir machen auch noch die gleichen Sachen wie vor zehn Jahren. Aber ich denke die Metal-Szene hat sich natürlich erheblich erweitert – früher war diese Musik eher eine Subkultur. Heute wissen viele Leute über diese Musik bescheid, aber wenn man früher einen normalen Menschen gefragt hätte, was “Death Metal” ist, hätte er es nicht einmal gewusst. Ich denke daher ist es für uns heute sogar ein wenig leichter, schließlich sind wir alle befreundet und es gibt daher auch keinen Konkurrenzkampf. Wir hängen zusammen rum, machen machmal sogar zusammen Musik und es gibt eigentlich überhaupt keine Schwierigkeiten!

Das Cover von Sworn Allegiance
Das Cover von ‘Sworn Allegiance’

Noch einmal zurück zu “Sworn Allegiance“: Ihr habt euch ja auch auf diesem Album wieder mehr als einmal mit der nordischen Mythologie auseinandergesetzt. Ich habe fast den Eindruck, dass dieses Thema für euch eigentlich unerschöpflich ist. Stoßt ihr beim Songwriting manchmal auf das Problem, euch eventuell zu wiederholen?

Nun, Johnny schreibt bei uns ja hauptsächlich die Lyrics, aber es gab nie irgendwelche Probleme, neue Inspirationen zu bekommen. Wenn wir vielleicht auf jedem Album zehn Songs über Wikinger schreiben würden, wäre das bestimmt eine ganze Ecke schwerer, aber es ist bei uns ja nicht so. Wir haben ja viele verschiedene Themen, wir können Songs über allgemeine Aspekte oder spezifische Probleme schreiben – es gibt hunderte von Sachen, über die man singen kann – wir haben noch genug Stoff für die nächsten zehn Alben! (lacht)

Ein weiteres Thema, das man bei euch immer wieder findet, ist Religion! Ich glaube man findet bei euch auf fast jedem Album eine Offensive gegen die Kirche, auf “Sworn Allegiance” trägt diese den Namen “Praised Be The Lord”. Habt ihr tatsächlich eine so ausgeprägte Antipathie gegen Gläubige oder seht ihr solche Textzeilen vordergründig als Provokation an?

Also, ich denke, dass jedes Bandmitglied schon immer ein entschiedener Gegner von organisierter Religion in jeglicher Form, die Leute in Dinge glauben lässt, die nicht existieren, war. Alles ist einfach eine große Lüge und bestiehlt die Leute in irgendeiner Form. Das sind die Gründe, wieso wir darüber schreiben.

Ein anderes auffälliges Stück ist das kontroverse “Only The Dead”, das eine sexuelle Affinität zu toten Körpern beschreibt. Gibt es eigentlich konservative Menschen, die euch solche Texte ankreiden?

Ich denke, für uns ist das einfach ein Weg, unsere Bandbreite ein wenig zu erweitern und neues Terrain zu betreten. Die Zeilen sind natürlich nicht ganz ernst zu nehmen, sie stehen einfach für einen gewissen schwarzen Humor, ähnlich wie zum Beispiel beim CANNIBAL CORPSE-Song “Fucked With A Knife”. Die meisten Leute sind in dieser Hinsicht ziemlich clever und verstehen das ganze auch genau so. Leute, die unsere Alben kaufen, sind denke ich auch in der Lage, solche Sachen festzustellen.

Setzt ihr euch überhaupt textliche Grenzen? Gibt es ein Thema, über das ihr niemals einen Song schreiben würdet?

Ich denke nicht, dass wir irgendwelche Grenzen haben, schließlich schreiben wir die Texte ja für uns selbst. Wir sind eigentlich alle auf einer Wellenlänge, deshalb brauchen wir uns auch nicht gegenseitig vorzuschreiben, wer was zu tun und zu lassen hat. Natürlich läuft nicht immer alles perfekt, aber dann arbeiten wir einfach daran und irgendjemand hat eine großartige Idee. Aber es wird wohl niemanden geben, der plötzlich irgendwelche seltsamen Dinge umsetzen möchte, weil wir alle ähnliche Ziele mit unserer Musik verfolgen! Es ist also eigentlich gar nicht so schwer…

In “Destruction (Of The Race Of Men)” ist mir die Hookline “From Isengard, the Uruk-Hai march off to war!” aufgefallen, mir standen aber leider nicht die vollständigen Lyrics zur Verfügung. Es ist aber doch ziemlich eindeutig, dass ihr euch hier dem “Herrn der Ringe” gewidmet habt, oder?

Ja, genau. Wir wollten uns sowohl musikalisch als auch textlich mal wieder verstärkt an unseren früheren Werken orientieren. Der erste Song, den UNLEASHED jemals geschrieben haben, heißt “The Dark One” und das Stück handelt ebenso von diesem Thema. Der Track war auch auf unserem ersten Album enthalten. Auf “Sworn Allegiance” wollten wir einfach einen weiteren solchen Text schreiben – es hat aber nichts mit dem Film zu tun! Es ist mehr als ein Tribut an unseren ersten Song zu verstehen…

Wenn man sich eure Diskographie so anschaut, ist es ja fast schon bezeichnend, dass ihr euren Frühwerken huldigt. Im Prinzip habt ihr euch im Gegensatz zu euren Kumpels AMON AMARTH, die ja über die Jahre immer melodischer und Midtempo-lastiger geworden sind, stets nur wenig verändert. Werdet ihr auch in zehn Jahren noch so klingen?

Ja, ich denke schon. Natürlich gibt es auch bei uns mit jeder Neuveröffentlichung verschiedene Entwicklungen zu verzeichnen, wir haben jedoch niemals etwas an unseren grundsätzlichen Elementen verändert. Wir haben uns vom ersten UNLEASHED-Album an gesagt, dass wir genau das machen wollen, nämlich einfach Death Metal zu spielen, und wenn wir dies ändern würden, müssten wir auch unseren Namen ändern. So einfach ist das!

Demnach seid ihr wohl auch ziemlich stolz, dass ihr für die Anhänger eures Debütalbums “Where No Life Dwells” auch heute noch eine große Nummer geblieben seid…

Natürlich. Es gibt sehr viele Leute, die von Anfang an dabei waren. Wir würden ohne sie nicht hier stehen, sie sind also der wichtigste Teil für uns.

Was habt ihr für die Zukunft geplant? Was werdet ihr nach der Album-Tour machen?

Im Moment kümmern wir uns immer noch darum, welche Gigs wir beim zweiten Teil unserer Album-Tour spielen werden. Wir planen, nächstes Jahr auf einigen Sommerfestivals zu spielen und einfach noch ein bisschen zu touren, vielleicht kommen wir auch noch einmal zurück, sogar nach Deutschland, um noch ein paar Konzerte nachzureichen. Wir wollen einfach so viel wie möglich spielen und erst danach werden weitere Dinge planen!

Alles klar. Dann wünsche ich euch natürlich viel Erfolg auf eurer Tournee und bedanke mich für das Gespräch.

Fotos: Century Media
Layout: doomster

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