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TOMBSTONED FEST am 08.07.2023 im Junkyard, Dortmund

Nach dem Konzert ist vor dem Konzert. Eher mittelmäßig fit mache ich mich nach einer anstrengenden, aber schönen Freitagnacht in Köln mit dem Auto auf den Weg nach Dortmund. Ein Bekannter aus dem “Deaf Forever”-Forum hatte eine Karte übrig und mir diese netterweise überlassen.

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Das Junkyard in Dortmund ist eine sehr coole Location, in der sowohl Hallen als auch Open Air-Konzerte stattfinden können. Das Gelände, welches dem Namen entsprechend nach einem Schrottplatz aussieht, hat etwas von einem linken Rückzugsraum, was mir grundsätzlich ja immer sympathisch ist.

Da passen ANCST aus Berlin, eine dezidiert linke Band, als Opener perfekt. Und los geht es schon mit der erste Ansage: „Der erste Song ist gegen Bullen“. Na ja, muss man nicht gut finden, trotz vieler Probleme innerhalb der Polizei sehe ich solche Pauschalaussagen eher schwierig. Deutlich besser finde ich da schon die Ansage, dass man junge Leute in die Szene holen muss und nicht durch elitäres Szenewächtertum abschrecken oder raushalten. Ja, Leute, wir bekommen sonst echt ein Nachwuchsproblem und sollten als Szene echt inklusiver werden.
Aber kommen wir mal zum musikalischen Teil.

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Die Mischung aus Black Metal mit Keyboards und Metalcore läuft mir leider überhaupt nicht rein. Ich kann nicht sagen, warum genau, aber der Mix funktioniert für mich einfach nicht. Das sehen viele andere glücklicherweise anders und somit kommt die Band auch sehr gut beim Publikum an. Mit ihrer energetischen Performance hat die Band sich das auch ehrlich verdient. Wie gesagt: Politisch steht die Band im „richtigen“ Lager, musikalisch ist das leider nicht meins.

Als Nächstes dürfen dann HARLOTT auf die Bühne, die ich ja gestern schon in Köln begutachten konnte. Da die Band genau wie ich gestern nur kontrolliert eskaliert ist, wirken die vier Jungs alle fit, als sie gegen kurz nach zwei am Nachmittag die Bühne betreten. Die Sonne ballert bei über dreißig Grad ziemlich unbarmherzig, so dass wir froh über einen Platz im Schatten sind, aus dem wir das Geschehen auf der Bühne begutachten.

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Ihre klassischen Thrash-Metal-Granaten zünden auch heute wieder ganz vorzüglich, genau wie das schleppende „Bring On The War“. Vor allem Bassist Tom Richards gibt ordentlich Gas und headbangt, während der Rest es etwas gemütlicher angehen lässt. Ist aber ja auch anstrengend bei den Temperaturen auf der Bühne, wie Frontmann Andrew Hudson sowohl gestern als auch heute anmerkt. „Means To An End“ setzt den Schlusspunkt unter einen starken Auftritt, mit dem die Band mit Sicherheit ein paar neue Anhänger gewinnen konnte.

Zwischendurch nehmen wir auch mal die Merch-Tische in Augenschein. Die meisten Shirt-Motive haben wohl TRIBULATION am Start, die coolsten ANCST. GRAVE und UNLEASHED wollen allen Ernstes dreißig Euro für ein Shirt, TRIBULATION schaffen es komischerweise für zehn Euro weniger. NOCTURNAL wiederum scheinen den ihnen zugewiesenen Merchtisch eher zum Rumlungern zu nutzen, Merch habe ich zumindest keines gesichtet.

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Apropos NOCTURNAL. Diese stehen als nächstes auf dem Programm. Die Band genießt im Underground ja einen ausgezeichneten Ruf, gilt als eine der besten Black-Thrash-Bands der Szene. Mir ist bisher nur das aktuelle Album „Serpent Death“ bekannt, welches ich ziemlich gut, aber nicht überragend finde. Auf der Bühne schlagen sich NOCTURNAL ziemlich gut, was vor allem an Frontmann Invoker liegt, der mit der Aggressivität eines Pitbulls agiert. Die restlichen Musiker agieren da etwas zurückhaltender. Musikalisch klingt das alles ganz stabil, echte Begeisterung bleibt bei uns allerdings aus.

Auf den Auftritt der Schweden von TRIBULATION bin ich ziemlich gespannt. Im Vergleich zum restlichen Line-up stechen TRIBULATION mit ihrem Goth-Metal-Sound heraus. Ob das klappt, bei Sonnenschein? Nun ja, erstmal klappt mit der Gitarre von Adam Zaars irgendwie so gar nichts, es kommt kein Ton heraus und es wird hektisch nach einer Lösung gesucht, während der Rest der Band erstmal weiter spielt.

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Aber auch nachdem die zweite Gitarre sich entschlossen hat mitzuspielen, kriegen TRIBUALTION nicht so richtig die Kurve. Wirklich tight klingt die Band nicht und das Stageacting ist ebenfalls eher mau, von ein bisschen Rumgepose der beiden Gitarristen Adam Zaars und Joseph Tholl mal abgesehen. Schade eigentlich, denn am Mangel an Hits kann es ja eigentlich nicht liegen. Aber selbst ein Song wie „Nightbound“ zündet an diesem Nachmittag nicht wirklich bei mir. Die falsche Band am falschen Ort? Vielleicht zum Teil, doch TRIBULATION hätten auch mehr aus dem Auftritt machen können.

Wir bleiben in Schweden, denn als Nächstes kommen GRAVE auf die Bühne. An deren Auftritt habe ich ehrlich gesagt gar keine allzu großen Erwartungen, da die Band nicht unbedingt zu meinen großen Favoriten zählt. Umso mehr überraschen mich GRAVE an diesem Tag, denn die Kerle brettern so richtig los. Die Band hat sichtlich Bock und ihr klassischer Auf-die-Fresse-Sound zündet deutlich besser als jener der Landsmänner von TRIBULATION zuvor. Hier zeigt sich auf der einen Seite jahrelange Routine, auf der anderen Seite hat die Band immer noch sichtlich Feuer im Arsch und richtig Bock darauf, dem Publikum in den Arsch zu treten.

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Dieses nimmt die Einladung dankbar an und geht komplett steil. Mit einer Setlist kann ich leider nicht dienen, dazu bin ich nicht bewandert genug mit der GRAVE-Diskographie. Sicher kann ich sagen, dass “Hating Life” nicht gespielt wurde, das wollte die Band wegen der Anwesenheit von Century-Media-Mitarbeiter, TRIBULATION-Mercher und – am allerwichtigsten – PHANTOM CORPORATION-Frontsau Leif Jensen nicht, denn “we do not hate Leif, we love Leif!”. Schlechte Wortwitze können sie also auch, die Schweden.

MIDNIGHT kann man zu jeder Zeit auf jede Bühne stellen und die drei Chaoten liefern den völligen Abriss. Wie die Jungs bei der Bullenhitze an diesem Tag mit ihren schwarzen Kapuzen, Athenar zusätzlich noch mit Ketten und Patronengurt auf der nackten Haut, über die Bühne wüten, das nötigt schon Respekt ab. Von der ersten Sekunde an Knallgas. Vor allem Gitarrist Shaun “Commandor Vanik” Vanek ist mal wieder nicht zu bändigen. Und wie der Drummer das schafft, mit Kopfsocke das ganzen Set durchprügeln, das wissen die Götter.

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Das Publikum ist ähnlich zahlreich und motiviert wie zuvor bei GRAVE – auch hier kann man mal Respekt für das aufopferungsvolle Ausrasten im Moshpit bei sengender Hitze zollen. Hits wie die unverwüstlichen “Evil Like A Knife” und “You Can’t Stop Steel” oder Neueres wie “Fucking Speed and Darkness” oder “Szex Witchery” machen es aber auch leicht, nochmal ordentlich die Sau raus zu lassen. Zusammen mit GRAVE sind MIDNIGHT für mich ganz klar die Gewinner des Tages!

UNLEASHED habe ich bestimmt fünfzehn Jahre oder länger nicht mehr gesehen. Das letzte Album, welches ich von der Band habe, ist “Hammer Battalion“, und die ist jetzt ebenfalls schon fünfzehn Jahre alt. Daher hatte ich mich von allen Bands an diesem Tag vorher am meisten auf UNLEASHED gefreut. Der erhoffte Triumphzug stellt sich an diesem Abend aber leider nicht ein. Im Vergleich zu den beiden vorherigen Bands ist im Publikum nicht mehr ganz so viel los und auch mit der Performance von GRAVE und MIDNIGHT können UNLEASHED leider nicht annähernd mithalten.

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Irgendwie wirkt der Auftritt recht statisch und gerade die Songs der letzten Alben zünden eher wenig. Aber selbst relativ sichere Nummern wie “The Longships Are Coming”, “Midvinterblot” oder “Hammer Battalion” sorgen zumindest bei mir nicht für erwartete Euphorie. Das ist alles solide, aber gerade Johnny Hedlund wirkt heute irgendwie, als wäre er nur mit halber Kraft unterwegs. Und bei einer Setlist mit insgesamt sechzehn Songs hat sich halt auch der eine oder andere Gähner eingeschlichen. Aber immerhin, ganz zum Schluss sorgen UNLEASHED mit “Death Metal Victory” und vor allem dem Rausschmeißer “Before The Creation Of Time” doch nochmal für Stimmung.

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Nach dem Auftritt wird der Bereich vor der Bühne schnell mit Bierzeltgarnituren vollgestellt, sodass man sich dort noch gemütlich hinsetzen und bei einem Kaltgetränk noch etwas schnacken kann. Wir nutzen diese Gelegenheit, machen uns aber nach einer Runde auf den Weg nach Hause oder ins Hotel. Alles in allem war die 2023er Ausgabe des TOMBSTONED FEST eine runde Sache zu einem mit knapp unter fünfzig Euro fairen Preis in einer sehr coolen Location. Nächstes Jahr gerne wieder!

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