OBSCURA: Die ANVIL des technischen Thrash/Black Whatever Metals

Tours, der "Retribution"-Re-Release und einige exklusive Gigs in Japan – an der deutschen Death Metal-Hoffnung OBSCURA kommt man nicht vorbei. Bandkopf Steffen Kummerer verkürzt die Wartezeit aufs dritte Album mit seinen Antworten zum Bandgeschehen…
 


Nach absolvierter Europa-BONECRUSHER FEST-Tour und der Tour mit THE BLACK DAHLIA MURDER in den USA veröffentlicht RELAPSE den Re-Release des OBSCURA-Debüts Retribution. Touraktivitäten hin oder her, die Spannung auf den Cosmogenesis-Nachfolger wächst langsam aber stetig, sind OBSCURA doch die deutsche Death Metal-Entdeckung der letzten Jahre. Um die Wartezeit zu verkürzen und Lesestoff für die Zwischen-Festivals-Tage zu haben, ist es also Zeit für einige Fragen an OBSCURA-Kopf Steffen Kummerer…

Ihr geht ja bald nach Japan für drei Konzerte mit TRIPTYKON und NILE. Welche drei Dinge fallen dir spontan als erstes zu Japan ein?

Unfassbar viele blinkende Werbetafeln, Sushi und keine Feiertage.

Für die Japantour übernimmt Steve DiGiorgio die Basspflichten bei euch. Jeroen hat ja einen sehr eigenen Spielstil – imitiert Steve diesen oder drückt er den Songs seinen eigenen Stempel auf?

Wir sind sehr froh, dass Steve uns bei den drei Shows aushelfen kann. Er hat ebenso wie Jeroen seinen ganz eigenen Stil, daher wird er abgesehen von den markanten Stellen bei allen Songs seinen eigenen musikalischen Stempel mit einbringen. Wenn du jemanden mit der Klasse von Steve in der Band hast, wäre es doch fahrlässig, ihn die Spielweise eines anderen imitieren zu lassen.

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Jeroen ist und bleibt der OBSCURA-Bassist – Steffen 


Ich kanns mir einfach so schlecht vorstellen, weil Jeroens Basslines für mich derart zu eurem Sound gehören. Der Grund für das Bassistenauswechseln sind Terminprobleme, Jeroen ist und bleibt DER OBSCURA-Bassist. In der entsprechenden Myspace-Newsmeldung schreibst du auch, dass ihr euer drittes Album mit dem Cosmogenesis-Line Up aufnehmen werdet. Heisst das, dass alle Songs fürs dritte Album fertig sind? Oder habt ihr noch einiges an Kompositionsarbeit zu tun?

Die Songs sind an sich soweit fertig, wir arbeiten im Moment noch an den kleinen Details die durchaus viel zur Gesamtstimmung beitragen können. Wir haben bereits ein Studio gebucht und möchten auch mit dem gleichen Lineup wieder aufnehmen. Jeroen ist und bleibt der OBSCURA-Bassist, das ist richtig. Wir werden ab dem Release der dritten Platte wieder viel on the Road sein und spielen sämtliche Shows mit unserem jetzigen Lineup – egal was andere Projekte in der Zeit planen und oder vor haben.

Werdet ihr wieder mit Produzent V.Santura (DARK FORTRESS) zusammenarbeiten?

Wir haben wieder das Woodshed Studio gebucht und arbeiten auch wieder mit V.Santura zusammen, der bereits mit der letzten Platte, Cosmogenesis, eine großartige Platte abgeliefert hat. Zudem weiß er genau, wie wir klingen wollen und kann seine eigenen Ideen mit einbringen, da die Arbeit zwischen uns sehr harmonisch abläuft. Mit einigen Wagenladungen neuen Equipments können wir uns auch noch steigern, denke ich.

Na, dann bin ich zumindest vom Produktionstechnischen her schon mal positiver Dinge. Ihr wart dieses Jahr ja beinahe dauernd auf Tour und habt insbesondere mit THE BLACK DAHLIA MURDER sowohl in Europa wie auch in den USA viel Zeit on the road verbracht. Was war das verrückteste Europa-BONECRUSHER FEST-Tour-Erlebnis für dich?

Die Europa-BONECRUSHER FEST-Tour-Tour war eine Erfahrung für sich. Mit den Schweden von NECROPHOBIC einen Bus zu teilen war eine schöne Erfahrung und ich würde mich freuen, wieder mit ihnen auf Tour gehen zu können. Die gesamte Organisation war professionell und alle Zeitpläne wurden eingehalten dank einer großartigen Crew. Die einzige Negativerfahrung waren manche Clubs, die einfach nicht für Festivaltourneen mit sieben Bands ausgelegt sind. Das endete damit, sich teilweise mit 46 Leuten eine Dusche zu teilen.

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Mit einigen Wagenladungen neuen Equipments können wir uns auch noch steigern, denke ich. – Ob das auch das Drum-Equipment für die Aufnahmen von Hannes betrifft? 


Solange nicht alle gleichzeitig reinwollen, geht das ja noch… Das Artwork von Cosmogenesis ist für mich noch immer etwas vom besten, was in Sachen Metalartworks in den letzten Jahren rausgekommen ist. Ihr tragt dem zum Glück auch im Merchandisebereich Rechnung. Nun gibt es auch Skins fürs Mobiltelefon etc. mit dem Cosmogenesis-Design. Welche dieser zusätzlichen Merchandise-Produkte hast du selber?

Mit der Arbeit von Orion Landau sind wir wirklich zufrieden und das Artwork ist auch jetzt nach über einem Jahr noch speziell. Die meisten unserer Shirt-Designs besitze ich selbst, auch Poster etc. werden gesammelt. Was digitale oder sehr ausgefallene Artikel betrifft, muss ich zugeben, keines der Sachen zu besitzen. Da steht die old school Attitüde dann doch im Weg. Diese Ideen gehen von unserer Plattenfirma aus, eher weniger von uns.

Worauf müsste das Cosmogenesis-Design deiner Meinung nach unbedingt noch (sprich, welches Objekt könnte damit visuell optimal aufgewertet werden)?

Ein paar neue Girlie Designs oder klassische Posterflaggen würden sich ganz gut machen.

Eine Posterflagge wäre in der Tat toll… Am INFERNO FESTIVAL in Oslo hast du mit einer anderen Gitarre gespielt als während der Europa-BONECRUSHER FEST-Tour-Tour in Europa im Januar 2010. Du hast die Oslo-Gitarre als hässlichste Gitarre des Festivals bezeichnet. Wo hattest du sie her? Und kommt sie wieder mal zum Einsatz?

In Oslo habe ich mit meiner Backupgitarre, einer Steinberger im GU Design gespielt, da meine eigentliche Hauptgitarre während der letzten US Tournee einiges einstecken musste und sich zu der Zeit in Reparatur befand. Stagediver, die in den Mikroständer springen und mich samt Gitarre umreißen bzw. in unser Schlagzeug drücken sind nicht lustig.

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Stagediver, die in den Mikroständer springen und mich samt Gitarre umreißen bzw. in unser Schlagzeug drücken sind nicht lustig. – Steffens Grenzen der Livespielerfahrungsfreuden 


Wieviele Gitarren hat ein guter Gitarrist deiner Meinung nach? Und wieviele hast du selber?

Eine gute Gitarre sollte reichen, dazu noch eine weitere als Backup und alle sind zufrieden. Nur wenn verschiedene Stimmungen in einem Set gespielt werden, muss eben aufgestockt werden. Ich persönlich besitze neben einer RAN Custom Gitarre eben besagte Steinberger, die sehr vielseitig einsetzbar ist, nur noch eine klassische Gitarre und warte gerade auf eine 7-String Axt die derzeit angefertigt wird. Alles im Rahmen.

In der Tat, da gibt es extremere Sammelwütige in deiner Zunft. Wie wichtig ist der visuelle Aspekt bei OBSCURA? Und wird das Artwork des neuen Albums in einem ähnlichen Stil sein wie dasjenige von Cosmogenesis und dem Retribution-Re-Release?

Der visuelle Aspekt ist mir persönlich sehr wichtig. Angefangen vom Artwork über Videoclips, Designs für Shirts, Poster sogar Sticker etc. müssen von uns abgesegnet werden. Das fängt bei der Farbgebung an und geht über Printgröße bis hin zur Auflage. Wir arbeiten mit festen Konzepten, die stringent sein müssen und auch die Musik selbst repräsentieren sollen. Das nächste Artwork wird auch wieder in diese Richtung gehen und an das Albumkonzept angepasst werden. Bei der aktuellen Platte gelang das schon ganz gut, Luft nach oben sehe ich aber dennoch immer.

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Wir arbeiten mit festen Konzepten, die stringent sein müssen und auch die Musik selbst repräsentieren sollen. – OBSCURA achten auf den visuellen Aspekt ihrer Kunst 

Der Re-Release von Retribution wurde ja visuell – böse ausgedrückt – etwas auf Cosmogenesis getrimmt. War das eure Entscheidung oder die des Labels? Und was verbindest du persönlich mit dem alten, was mit dem neuen Artwork von Retribution?

Das Re-Release unseres Debüts wurde von mir koordiniert und in unser Bandschema gebracht, was den visuellen Aspekt betrifft. Wie gesagt, mir sind diese Sachen sehr wichtig und auch hier war ausschlaggebend, das Farbschema der ursprünglichen Version beizubehalten und alles in unser bandeigenes Konzept zu transponieren. Unser Label lässt uns freie Hand, was wir mit den Artworks anstellen und redet auch in keiner Weise in unsere Ideen. Wir nehmen Vorschläge gerne zur Kenntnis, unsere Entscheidungsfindung beeinflusst das ganze aber nicht. Frei nach Jogi Löw.

Deutsche und Fußball – irgendwann muss es immer kommen… Mit den alten Bandmitgliedern bist du, soweit ich weiß, im Frieden auseinander gegangen, da sie wegen dem Studium keine Zeit mehr für OBSCURA hatten. Was halten sie vom Retribution-Re-Release? Und habt ihr überhaupt noch Kontakt miteinander?

Wir haben kaum mehr Kontakt zueinander, da jeder in einer anderen Stadt wohnt, studiert und teils auch musiziert. Der Re-Release wurde positiv aufgenommen, da wir zum ursprünglichen Release 2006 alles selbst organisiert haben und es keinen Vertrieb im herkömmlichen Sinne gab und auch keine große Promotion abseits von Liveshows vorhanden war.

Mein Lieblingstrack auf Retribution ist Hymn To A Nocturnal Visitor. Was für eine Kreatur ist es? Man könnte interpretieren, dass es sich um einen Vampir handelt…

Der Text wurde von einem Freund verfasst und hat eher mit einem Paar zu tun denn mit einem Vampir. Dennoch interessante Interpretation…

…zumal Vampire in der Literatur ja gerne Paarungsversuche mit Menschen unternehmen. Für den Re-Release wurde Retribution neu gemastert, soweit ich weiß. Wie lange wart ihr für den Re-Release im Studio?

Das Mastering ging sehr schnell vonstatten und hat keinen halben Tag gedauert. Leider sind sämtliche originalen Dateien vom damaligen Studio gelöscht worden und es war kein Remix mehr möglich, den ich gerne durchgesetzt hätte. Jetzt ist es wie es ist und man kann es nicht mehr ändern.

Angereichert wurde der Re-Release mit drei Covern – DEATH, SUFFOCATION, MORBID ANGEL. Welche Band steht bei OBSCURA noch auf der Cover To Do-Liste und warum?

Die beiden Cover wurden noch mit dem alten Lineup anno 2005 oder 2006 mittels transportablem Equipment in unserem Proberaum aufgenommen, daher fällt die Soundqualität auch ein wenig ab. Wir haben keine Coverliste oder dergleichen, das machen CHILDREN OF BODOM schon zur genüge.

Und nicht mal schlecht… Du bist ja auch noch bei THULCANDRA aktiv, einer Band, die ganz klar – und das ist wundervoll – von DISSECTION beeinflusst ist. Wird THULCANDRA tourmäßig aktiv sein, um das am 4. Juni erscheinende Fallen Angels Dominion zu promoten, oder ist es eher eine Studioband?

Mit THULCANDRA wird eine richtige Tournee sehr schwierig zu realisieren sein, da die beiden Twins mit HELFAHRT sehr viel unterwegs sind, Seraph in Rotterdam studiert und als professioneller Drummer fast immer gebucht wird und mit OBSCURA auch die ein oder andere Show ansteht. Ich würde mich sehr freuen, wenn wenigstens ein paar Festivals im kommenden Sommer Interesse hätten und man wie beispielsweise auf dem diesjährigen HELION FESTIVAL in München eine große, klassische Rockshow auffahren könnte.

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Wir nehmen Vorschläge gerne zur Kenntnis, unsere Entscheidungsfindung beeinflusst das ganze aber nicht. Frei nach Jogi Löw. – Steffen


Da hätte ich nix dagegen, zumal München so gut erreichbar ist. Welche Band ist deiner Meinung nach die am meisten unterbewertete Metalband?

NONEUCLID aus den Niederlanden / Deutschland sind die ANVIL des technischen Thrash/Black whatever Metals meiner Meinung nach. Wer sich ein wenig eingehört hat, wird unglaubliche harmonische wie rhythmische Ideen finden, die dieser Form einzigartig in unserer Metallandschaft sind. Wer spielt schon als Prog/Techband mit vollem Orchester?

Und welche Band auf RELAPSE ist dein Favorit?

Dank Relapse werden wir immer mit den aktuellen Releases versorgt und bekommen einen guten Überblick über deren Veröffentlichungen. Zuletzt haben mich BLACK ANVIL wirklich überzeugt und die letzte Platte von THE END war wirklich großartig. Du hast wahrscheinlich ORIGIN oder NILE erwartet nehme ich an? Sorry, haha…

Ne, ich hätte eher auf VOIVOD oder MISERY INDEX getippt… Wenn du ein Filzstift wärst, welche Farbe hättest du?

Silber.

Damit ist das Ende dieses Interviews erreicht. Was darf in deinem Gepäck – neben der Gitarre – für den Japantrip nicht fehlen?

Die Videokamera, um Erinnerungen festzuhalten.

Layout und Fotos: Arlette Huguenin Dumittan

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