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END OF GREEN: Musikalische Triebtäter

Wenn man sich mit Michael Setzer von END OF GREEN zu einem Plausch trifft, sollte man Zeit mitbringen, denn Wortkargheit kann man dem sympathischen Gitarristen garantiert nicht vorwerfen. Daher waren meine Bedenken, was wir nach dem letzten ausufernden Interview vor gerade mal einem Jahr noch zu bereden hätten, vollkommen umsonst. Schließlich hatten END OF GREEN in der Zwischenzeit mit dem exquisiten „Last Night on Earth“ für weiteren Gesprächsstoff gesorgt. Daher also: Ring frei für weitere 90 Minuten…

Wenn man sich mit Michael Setzer von END OF GREEN zu einem Plausch trifft, sollte man Zeit mitbringen, denn Wortkargheit kann man dem sympathischen Gitarristen garantiert nicht vorwerfen. Daher waren meine Bedenken, was wir nach dem letzten ausufernden Interview vor gerade mal einem Jahr noch zu bereden hätten, vollkommen umsonst. Schließlich hatten END OF GREEN in der Zwischenzeit mit dem exquisiten Last Night on Earth für weiteren Gesprächsstoff gesorgt. Daher also: Ring frei für weitere 90 Minuten…


Kannst Du mir zum Einstieg eine Wegbeschreibung geben, wie man von Stuttgart auf den Highway 69 kommt?

Auf jeden Fall sollte es dunkel sein, dann findet man´s leichter. Vielleicht noch an der Tankstelle anhalten und irgendwelche komischen Getränke einkaufen, vielleicht auch ein bisschen Absinth. Tja, und dann einfach mal drauflos fahren, dann kann man den Highway 69 eigentlich nicht verfehlen. Richtung Verderben und dann links (lacht). So hat der Huber (END OF GREEN-Sänger) ihn damals gefunden, glaub´ ich.

Auf dem Weg dahin blieb allerdings sein ganz tiefer Gesang auf der Strecke, kann das sein?

Bei ein paar Liedern hat sich das einfach von der Tonhöhe, in der sie ausgelegt waren, ergeben. Tieferer Gesang hätte da nicht gut geklungen. Ich finde, er geht diesmal beim Gesang weiter aus sich raus. (Mit Peter-Steele-Stimme:) Wenn Du so tief singst, gehst Du ja nicht wirklich aus Deinem Körper raus. Ich find´s cool, dass er seinen Gesang jetzt etwas variabler gehalten. Er brummt manchmal immer noch tiefer als jeder andere. Wir sind ja auch nach wie vor weit davon entfernt, in die QUEENSRYCHE-Ecke zu gehen (lacht). Aber er kann´s noch tief, keine Bange.

Die TYPE O NEGATIVE-Vergleiche waren daran aber nicht schuld, oder?

Nein…klar ging uns das irgendwann richtig auf den Sack, wenn es hieß TYPE O Deutschland. Andererseits waren wir ja selber schuld. Die Black No.1-Coverversion hätten wir nicht machen sollen, rückblickend gesehen. Wir haben uns nie gesagt Komm´, lass´ uns nach TYPE O klingen. Musikalisch sehe ich da auch keine Gemeinsamkeit, einzig der Gesang war ähnlich. Damit leben wir, müssen wir wohl auch, aber noch mal ausgerechnet in die Kerbe reinzuhauen, das muss dann auch nicht sein. Wir waren ziemlich unverkrampft beim Liederschreiben. Bei Highway 69 waren wir über´s Endergebnis selbst erstaunt, weil es doch anders klingt. Das gehört aber genauso in unseren komischen Kosmos hinein wie Emptiness. Mit dem TYPE O-Vergleich lebt es sich aber eigentlich ganz gut, besser als NICKELBACK (schüttelt sich). Die mögen ja echt nett sein, aber ich seh´ da keine Parallelen. Leider hat es mit der TYPE O-Tour nicht geklappt. Wir waren kurz davor, auf die drei Dates als Supportact zu kommen. Es hieß wochenlang, dass es zu 99% klappt…aber dann kam dieses eine fatale Prozent zum Zuge…

Hätte jedenfalls besser gepasst als OPETH, obwohl die ja auch gut sind…

Ja, das habe ich mich auch gewundert. Es passt nicht wirklich. Aber vielleicht ist es gerade deswegen gut so. Wir hätten vermutlich ZU gut zu TYPE O NEGATIVE gepasst, und das muss auch nicht sein. Wir hatten uns bandintern zum Glück vorgenommen, uns nicht zu sehr zu freuen. Dieses Nüchternbleiben zahlt sich jetzt gerade aus…TYPE O NEGATIVE zieht sich echt wie so ein roter Faden durch unsere Geschichte (lacht).

Die neuen Sachen klingen streckenweise viel aggressiver, vielleicht weil die rockigeren Songs irgendwie besser rüberkommen.

Das liegt mitunter am Sound, weil der diesmal druckvoller ist. Lieder wie Godsick auf der letzten Platte gingen ja auch nach vorne los, da ging der Druck nur im Sound ein wenig verloren. Diesmal geht´s schon richtig ab. Das haben wir bei den Aufnahmen erst so richtig realisiert, dass auf der neuen Platte ganz schön viele schnelle Lieder drauf sind, ohne Wenn und Aber, ohne Bremse. Sie macht keine Gefangenen. So sind wir noch direkter geworden, auch wenn wir vorher schon sehr direkt waren.

So viel Zeit vor dem Gang ins Studio hattet ihr diesmal ja auch nicht, zumindest ist es nicht bei den DEF LEPPARD-Verhältnissen geblieben, sprich alle vier Jahre mal eine Platte rauszuhauen.

(Lacht) Ich hoff´ ganz ehrlich aber auch, dass sich das nicht so entwickelt wie bei Bob Dylan, der zu seinen Glanzzeiten alle drei Wochen ein neues Album rausgehauen hat. Es war für uns ein wahnsinnig komisches Gefühl, vor allem Freude, so schnell wieder eine Platte aufnehmen zu können. Ich hoffe trotzdem, dass unser Labelchef Achim nicht in zwei Monaten dasteht und fragt, wie es mit neuen Liedern aussieht, damit das nicht zu einem Fließbandding mutiert. Ich freu´ mich aber schon auf die nächsten Proben, wenn wir nach den vielen Gigs im Sommer neue Songs anfangen. Da bringt dann jeder was zu trinken mit und wir schauen, was dabei rauskommt. Planen können wir das nicht vorher, dazu sind wir zu schlechte Musiker und auch einfach Triebtäter (lacht). Das Gefühl im Bauch ist wichtig. Emptiness ist so ein Fall, da hatte der Huber schon seit Jahren eine Mini-Version in einer Playstation-Session [zur Erklärung des Running Gags siehe letztes Interview – Anm. d. Verf.] aufgenommen. Das Ding lag ewig rum, dann hat er es irgendwann wieder ausgegraben und es hat uns umgehauen. Wir haben einen Abend – einen ganz schön ekligen Abend – lang dran rumgebastelt. Bei so was wollen wir halt nicht unsere Lockerheit verlieren. Ohne Zeit und Ruhe wird´s nix, die braucht man, um in sich reinzuhorchen.

Verunsicherte es euch, diesmal vergleichsweise wenig Zeit zwischen den Alben zu haben?

Das war das Hauptkopfzerbrechen, das ich mir bei der Platte gemacht habe. Evergreen, Highway 69, Tormented Sundown, die haben wir live öfter mal schon gespielt gehabt. Bei diesen Liedern wusste ich, was ich davon zu erwarten hab´, dass es funktioniert. Wir waren stolz darauf, das neue Lied live zu präsentieren und wollten auch schauen, ob das Lied nur in unserem Kopf funktioniert oder ob es die Fans auch mögen. Und jetzt sind vier Lieder auf der Platte, die wir nie irgendwelchen Leuten vorgespielt haben, sie sind allein unsere Kopfgeburten aus dem Proberaum. Wir haben die Songs dann aufgenommen und erst da plötzlich festgestellt, dass wir gar nicht wussten, ob das jemand gut findet. Können die Leute das nachvollziehen oder halten die das für einen Egotrip von uns? Ich hatte ja fast schon ein schlechtes Gewissen, dass wir die Songs niemandem vorgestellt haben. Das ist wie mit einer neuen Freundin, die will man doch auch den Eltern oder den Freunden vorstellen und natürlich hören, dass diese sie nett finden. Dafür spielen wir die Lieder jetzt umso öfter live. Klar steht an erster Stelle, dass man selbst mit dem Lied zufrieden seien möchte, aber es könnte ja auch sein, dass nur wir es gut finden und da sollte man dann schon überlegen, was man macht. Wenn das so ein Egotrip ist, dann brauch man keine Platten machen, sondern kann Tapes aufnehmen und die sich gegenseitig vorspielen. Die anderen sollen sich auch damit identifizieren können, sich wiederentdecken oder einfach für sich da etwas rausholen können. Und ich will auch wenigstens meine Neugierde befriedigt haben, ob da auch noch jemand anderes mitwippt. Reaktionen sind wichtig, egal in welcher Form, natürlich ist´s schöner, wenn sie positiv sind!

Merkt ihr an den Reaktionen, dass sich das Interesse an END OF GREEN seit dem letzten Album gesteigert hat?


Nach Songs for a Dying World dachte ich schon Das ist der Hammer!. So viele Interviews und Platten-Reviews, auf einmal interessiert sich scheinbar wirklich jemand für uns. Diesmal habe ich das Gefühl, dass sich die Leute wirklich noch mehr mit der Musik auseinandersetzen, für viele Leute sind wir ja quasi eine Band, die gerade ihre zweite Platte rausgebracht hat. Man sollte dieses Interesse aber auch nicht zu wichtig nehmen und denken, dass wir jetzt eine Riesennummer sind. Wichtig ist uns auch, dass uns die Leute, die uns bisher gut fanden, erhalten bleiben, anstatt jetzt im WOM-Magazin oder im VISIONS aufzutauchen. Damit hätte ich das größere Problem, wenn uns auf einmal mehr Mainstream-Fans hören und sich unsere alten Fans abwenden. Aber es ist schon schön, wenn man sieht, dass sich etwas tut. Zwar wird es nicht dafür reichen mit dicken Autos durch die Gegend zu fahren und abends am Swimmingpool zu sitzen. Verdammt! Das VISIONS ignoriert uns immer noch, für die sind wir wahrscheinlich nur doofe Metaller. Aber damit kann ich leben.

Ihr habt jetzt zweimal beim gleichen Label eine Platte rausgebracht. Das ist doch spießig, oder, hehe?

Klar, das ist doch einen Eintrag im Guinness-Buch wert. Das ist echt witzig, habe ich mir überlegt. Innerhalb eines Jahres eine neue Platte beim gleichen Label und die hassen uns nicht mal! Ist ein verdammt gutes Gefühl eigentlich. Jetzt haben wir zum ersten Mal diese Stabilität und wir haben ein Label, das sich interessiert und uns anruft: Ja, wann kriegen wir denn eigentlich die Bänder? Habt ihr schon irgendwas fertig? Gibt´s schon Ideen für das Cover? Ist ein gutes Arbeiten, wenn man merkt, dass das Label sich interessiert und dahinterklemmt. Also ich könnte drauf wetten, dass wir da noch eine Platte rausbringen. (lacht) Vielleicht sind wir das auch den Leuten schuldig, die sich früher immer erkundigt haben, ob es uns denn überhaupt noch gibt. Jetzt geht es in geregelten Bahnen und man fühlt sich schon wie ein alter Sack. Uns hat man damals von vielen Seiten abgeraten von Silverdust. Das sei ein viel zu junges Label, und die gehen eh bald pleite und haben noch keine Erfahrung. Aber die haben einen Plan und eine Idee, hinter der sie her sind.
Und jetzt kommen die ganzen Leute, die uns damals davon abgeraten haben, und wollen zu Silverdust, und das ist doch ein gutes Zeichen. Am Anfang wusste keiner von uns, was draus wird, und es hätte gut sein können, dass wir nach der Platte wieder auf der Straße stehen, weil es das Label nicht mehr gibt. Aber das Risiko sind wir eingegangen und sind dafür auch belohnt wurden, indem wir wieder eine Platte rausbringen dürfen und sie sich echt für uns ins Zeug legen.
Und dieses Vertrauen hat uns noch zusätzlich motiviert, damit wir uns auch aufraffen und gute Songs abliefern und nicht einfach alles so dahinplätschern lassen. Das ist eine gute Ehe mit Silverdust und an Scheidung denken wir mal gar nicht.

Wie war das mit dem Cover, das sorgte doch für einen kleinen Releaseaufschub?

Da sind wir kurzzeitig wieder in unserer Slow-Motion-Phase gelandet. Da gab es einfach interne Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Oli, der für das Layout zuständig war, und dem Grafiker von Silverdust. Die zwei hatten dann irgendwie eine andere Zeitrechnung als das Label, und da war der Achim von Silverdust das erste Mal ziemlich sauer. Es war eindeutig unser Fehler.
Das Dumme war nur, dass der Huber uns vergessen hatte zu sagen, dass der VÖ-Termin nicht gestimmt hat, und wir hatten eine dicke Ankündigung auf der Homepage. Da waren wir dann wieder die alten END OF GREEN mit ihren Problemen beim Organisieren. Aber jetzt bin ich extra alle Plattenläden abgefahren und hab´ geschaut, ob unsere Platte drinsteht. Nur beim WOM war sie nicht, da habe ich dann erst mal den Einkäufer zur Schnecke gemacht. Und jetzt ist sie tatsächlich draußen. Ich hoffe nur, dass sie nicht nur in Stuttgart in den Läden steht, denn woanders konnte ich es noch nicht überprüfen.

Habt ihr eigentlich Ausschuß beim Songwriting?

Ausschuß haben wir nicht wirklich. Es gibt Ideen, die seit Jahren irgendwo rumliegen, aber ein komplettes Lied fliegt bei uns eigentlich echt selten aus dem Programm. Man merkt ja auch schon während der Entstehung, ob das Lied einem gefällt. Einen Song haben wir, der heißt Four Reasons, das ist der Lieblingssong vom Achim von Silverdust, das hätte er so gerne auf der Platte gehabt, aber das ist noch nicht reif, es ist noch nicht so, wie wir es gerne hätten. Im Normalfall ist es aber so, dass alle Lieder, die zum Studiotermin stehen, auch auf die Platte kommen. Und wenn ich dann höre, dass SYSTEM OF A DOWN 40 Lieder fertig hatten, von denen dann 14 auf die CD gekommen sind, da frag ich mich, was passiert mit dem Rest? Wenn wir mal 40 Lieder schreiben, dann kommen auch 40 Lieder auf die Platte! Ich schreib´ doch kein Lied einfach nur so, die sollen doch auf die Platte. Also bei uns gibt es maximal zwei Leichen im Keller, die man später mal in Angriff nimmt, wenn jemand von uns ´ne gute Idee dafür hat.

Hat bei Emptiness/Lost Control einer von Euch zuviel ANATHEMA gehört? Auf der Alternative 4 kommt ja zuerst das Lied Empty und dann Lost Control.

Das wusste ich ja noch gar nicht. Bei uns steht eher so der Matze auf solche Musik, aber der Huber kam mit dem ganzen Song. Da muß ich gleich mal nachfragen. Ich kenne ANATHEMA gar nicht so gut.

Wie lange und wieviel habt ihr eigentlich vor der Photosession fürs Bandphoto getrunken?


Die Bilder haben wir mal Samstag Mittag gemacht, also eigentlich vier Stunden, bevor wir normalerweise fit sind. Ich für meinen Teil war den Abend vorher sehr standhaft, bevor ich dann am nächsten Tag stinke und nicht aus den Augen schauen kann. Und die anderen haben es auch nicht übertrieben, denke ich. Diesmal hat uns ja auch der Photograph angehalten, dass wir nicht ganz so extrem erscheinen wie bei der letzten Platte. Bei der Songs For A Dying World-Fotosession waren wir schon ganz schön fertig, und der Olli, der uns da photographiert hat, hat mir schon ein bißchen leid getan. Diesmal war das besser, auch wenn wir die Fotos in einer Bar in Stuttgart gemacht haben, wo uns der Wirt auch Getränke angeboten hat, aber wir sind standhaft geblieben.

Interviews gebt hauptsächlich Du oder Euer Basser, während der Herr Huber, der bei Konzerten als Sänger im Mittelpunkt steht, nicht das Wort ergreift…

Darum kümmern sich Hampi ab und zu, der Matze ab und zu, und der Huber auch hin und wieder
Huber hält sich da aber lieber raus, mag das nicht so, redet lieber mit Leuten, die er kennt, aber wenn dann ein wildfremder Journalist kommt, den er noch nie gesehen oder gehört hat, dann ist er schon reservierter und er ist dann ganz froh, wenn das jemand anderes aus der Band macht.

Aber seine schrägen Ansagen hat er immer noch drauf. Beim Feuertanz oder Summer Breeze meinte er nach jedem Song, dass der jetzt komisch klingt, aber das müsse so sein…

Das war so ein Running Gag in der Band aus der Serie Löwenzahn mit Peter Lustig: Klingt komisch, ist aber so! Wir kriegen das gar nicht so richtig mit, was der Huber für Ansagen macht, da wir den Gesang nicht auf den Bühnenmonitoren haben, und solange er nicht ins Publikum schreit: Seid Ihr gut drauf, ihr Motherfucker?, find´ ich das so ganz in Ordnung, dass er da einfach so ein bisschen vor sich rumgrummelt. Ich verstehe da diese ganzen Ami-Bands nicht, die ihr Publikum immer sonstwie beschimpfen müssen, damit macht man sich doch nur lächerlich.
Da hat der Huber so eine eigene Art entwickelt, und ich finde das ganz beruhigend, dass er das so macht. Von der Plattenfirma und vom Manager wird es zwar immer wieder bemängelt, doch der Huber ist halt kein Entertainer. Aber wir sind ja auch da, um ein paar Lieder zu spielen und nicht, um eine halbe Stunde lang Witze zu erzählen. Okay, es gab sicherlich auch ein paar Konzerte, bei denen die Leute sich hinterher gefragt haben, ob das jetzt END OF GREEN waren oder nicht, denn da hat er nicht einmal das angesagt, aber das ist schon okay. Wir sind halt nicht zum Animations-Rock geboren, auch wenn wir es immer wieder versuchen (lacht).

Dann würde ich noch gerne wissen, wo ihr die Inventar-Nummer vom Summer Breeze eintätowiert habt. Das ist jetzt das dritte Jahr in Folge, dass ihr dort aufgetreten seid.

Jau, drittes Jahr in Folge und der vierte Auftritt insgesamt, wir haben zwischendurch mal ein Jahr pausiert. Ich denke dann immer, wir waren schon auf dem Summer Breeze, bevor es Silverdust gab, also eigentlich haben wir das Festival ja mitgegründet, gehören sozusagen zu den Gründervätern. Auf dem allerersten Summer Breeze auf dem wir gespielt haben, war das Ganze ja noch in einem Zelt, so ein weißes Bierzelt. Wir hatten erst gedacht, dass wir dieses Jahr garantiert nicht spielen dürfen. Sollen wir da jetzt mal nachfragen ob wir dürfen oder wie? Und dann kam der Achim (Veranstalter) auf uns zu und hat uns gefragt, ob wir wollen. Da haben wir dann schon gesagt, dass wir große Lust hätten, denn es war das Jahr zuvor echt sehr schön. Okay, manchmal denke ich mir schon auch, dass es komisch aussieht, aber andererseits sind wir ja keine Band, die da hinfährt und einen Batzen Geld abkassiert, sondern wir sind eher Füller und gehören ja nicht zu den Topacts wie IN FLAMES oder KATATONIA. Lustigerweise ist auf jedem Flyer für eines unserer Konzerte auf der Rückseite Werbung für´s Summer Breeze, wir sind schon so etwas wie die Summer Breeze-Roadshow. Und so kann ich es mit meinem Gewissen schon vereinbaren. Es ist schon eines der genialsten Konzerte, das wir in den letzten Jahren gespielt haben, das letzte Summer Breeze. Ich meine, ich hatte absolutes Lampenfieber und war total aufgeregt, und man läuft so während der Umbaupause auf die Bühne, nur um das Stimmgerät hinzulegen und schon schreien die ersten Leute aus dem Publikum. Und ich nur schnell weg, hinter die Boxen, denn gewöhnt sind wir das absolut nicht. So ist es natürlich sehr schön, dort zu spielen, denn so viele Leute erreichen wir nirgends auf einen Schlag. Vielleicht ist es auch so ein kleines Geschenk vom Achim, dass wir uns das ganze Jahr über echt den Arsch aufreißen, und als Belohnung dürfen wir dann auf dem Summer Breeze spielen.

Ihr wollt jetzt auf Tour mit UNDERTOW, ich kenne von denen jetzt kein Lied sondern nur ein Bild, auf dem der Sänger ein ganzes Gurkenglas im Mund hat, das hat sich mir von UNDERTOW eingeprägt.


Ach, wenn das so ist, dann werden wir bestimmt viel Spaß haben auf der Tour. Also ich mag UNDERTOW sehr, man hat sich kennengelernt bei allen möglichen Konzerten und da hat sich dann echt eine Freundschaft entwickelt. Wir wollten ja schon letztes Jahr mit denen auf Tour gehen, aber die Tour ist dann nicht zustande gekommen, weil da irgendwelche Booking-Leute aneinander vorbeigeredet haben. Da dachten wir uns, wir holen das dieses Jahr einfach nach.
Die drei Jungs von UNDERTOW sind absolut herzensgute Leute, da macht das dann einfach Spaß, 17 Tage mit ihnen auf Tour zu gehen, das ist ein Traum. Da wird es keine Reibereien geben, weil wir uns schon seit Jahren gut kennen, und so freue ich mich extrem auf diese Tour. Musikalisch passt es schon auch zusammen, auch wenn UNDERTOW natürlich thrashiger sind und wir sind überhaupt nicht thrashig, aber so ergänzt sich das vielleicht ganz gut. Beide Bands sind etwas traurig und mögen´s hart.

Aber dann gibt´s hoffentlich nicht wieder so viele Gespräche mit der Kloschüssel, denn laut Euren Tourtagebüchern gab es da sehr oft Probleme mit dem rückwärtigen Befördern von Lebensmitteln aus dem Magen…

Das zieht sich echt wie ein roter Faden durch unsere Konzertkarriere, irgendwas ist immer mit dem Magen von einem von uns. Mal ist es, dass der Merkle beim Beginn des Konzertes nicht auf der Bühne ist, weil er auf einmal kotzen musste; er hatte wohl irgendwas schlechtes gegessen und es lag diesmal nicht am Alkohol! Und Matze hat auch ab und zu einen nervösen Magen und schreit dann als chronischer Morgenmuffel die Toilette an, während alle anderen sich über den neuen Morgen freuen. So passiert da ständig was und ich bin nur froh, dass ich mich da noch nicht eingereiht habe. Am Schlimmsten hat es da mal unseren Basser erwischt, als wir in Südtirol auf einem Festival gespielt und halt gut gefeiert haben. Er hatte am nächsten Tag ziemliches Kopfweh und so haben wir wie verrückt versucht, im Hotel Aspirin aufzutreiben. Nur wusste leider keiner, dass er genau darauf allergisch reagiert. Und nach 20 Minuten auf der Heimfahrt ging es dann los, ich hab schon fast gedacht, der stirbt uns, so hat´s seinen Körper auseinandergenommen. Wir mussten alle paar Kilometer anhalten.

Da war doch auch irgendwas auf der vorletzten CD-Präsentation in der Röhre, da war der Huber auf einmal weg und kam dann doch wieder, als ihr gerade die Zugaben absagen wolltet.

Da ist ihm schwarz vor Augen geworden und ich hatte zwei Tage vorher das Problem, dass ich mir irgendeinen Infekt eingefangen hatte und nur im Bett liegen konnte. Und dem Huber ist halt direkt an diesem Abend schwummerig geworden, aber nicht wegen Alkohol oder so, bei so was reißen wir uns ja zusammen und fangen erst nach dem Konzert mit Feiern an. Irgendwas ist halt immer und ich warte echt auf das Konzert, auf dem mal alles reibungslos abläuft. Das wird dann richtig klasse!

Ansonsten frag ich mich natürlich noch wieso der Baumi von MIRROR OF DECEPTION der Gott des Ententanzes ist, wie es im Tourtagebuch vermerkt wurde?

Wenn der bei unserer Musik abgeht, dann steht er so da mit den Händen auf den Oberschenkeln und wackelt mit Kopf und Hintern und sieht aus wie Donald Duck. Er hat das erfunden und kann es auch supergut und deswegen mussten wir ihn auch damals bei seinem Abschiedskonzert dafür würdigen mit einem Award. War nur komisch: Auf einer Konzertkritik habe ich dann gelesen, dass wir der Feind seien, denn schließlich machen wir ja Alternative Rock und das passt ja nun gar nicht zu Doom, also waren wir die ganze Zeit der Feind. Der Feind kam auf die Bühne… Deswegen waren auch so komische Leute da, weil der Feind mitgespielt hat …

Ich muss jetzt bemängeln, dass ihr I Hate bei kürzeren Auftritten nicht spielt!


Kurz vorm Summer Breeze letztes Jahr hatten wir echt die größte aller Schnapsideen: Wie wär´ das, wenn wir mal nur langsames Zeug spielen? Infinity, I Hate, Mirror und so. Erst fanden wir das ziemlich cool, aber dann ganz kurz vorm Summer Breeze haben wir uns dann doch umentschieden. Mir tut´s auch immer leid, aber gerade bei I Hate gibt es wirklich Tage, da sind wir auch absolut nicht in der Stimmung für den Song. Und das Lied funktioniert nur richtig, wenn man auch das Gefühl dafür hat. Es kommt meistens bei längeren Konzerten am Schluß, wenn wir das Gefühl haben, dass das ganze Konzert ziemlich gut war, dann passt es. Wenn man die Stimmung dazu nicht hat, dann macht man von sich selbst eine Coverversion und die ist dann meist nicht so überzeugend. Ansonsten macht man das Lied echt kaputt.

Warst Du schon in Matrix Reloaded?

Ich war zwar gestern Abend im Kino, aber ich habe mich dann für 25 Stunden mit Edward Norton entschieden, weil viele von meinen Freunden gesagt haben, dass es zwar tolle Spezialeffekte gibt, aber die Story nicht so umwerfend sei und da kann ich ihn mir auch auf DVD anschauen, aber wahrscheinlich will meine Freundin noch rein, weil ja Keanu Reeves so süß ist.
Den ersten Teil fand ich echt beeindruckend, und diese Sequels sind dann meist nicht so gut. Ich hab´ auch Star Wars und Herr der Ringe nicht im Kino gesehen, das hängt absolut von meiner Stimmung ab und meistens will ich irgendwas Merkwürdiges sehen. Ich hab´ da so einen Nachbarn, der mich damit versorgt, das passt auch meistens ganz gut.

Ich hab´ auch hauptsächlich nach Matrix gefragt, weil Du jetzt ein Deja-vu haben wirst. In unserem letzten Interview musstest Du den END OF GREEN-Drink brauen, diesmal sollst Du mir verraten, wie in Anlehnung an unser Metalkochbuch ein Menü namens END OF GREEN aussehen würde.

Da Merkle und ich Vegetarier sind, wird das natürlich ein strikt vegetarisches Gericht, auch wenn das die anderen in der Band gar nicht abkönnen. Wie wär´s mit einer Pizza, da wir letztens festgestellt haben, dass wir große Pizzaexperten sind, aber der Teig wird nicht mit normalem Wasser gemacht, sondern mit Tränen und Schweiß. Oder vielleicht doch lieber Salat? Mit ganz viel Gras und Cashewnüssen zum Knabbern. Ich sehe gerade vor meinem innern Auge unsere drei Fleischfresser, wie sie rufen Fleisch, Fleisch, Fleisch!!! Käse aus der Milch einer unglücklichen Kuh, depressiv darf sie auch ruhig sein, das ist perfekt. Eine, die immer in den Elektrozaun rennen will, weil sie einfach nicht mehr mag. Verschimmelt kann er ruhig auch sein, nicht zu vergessen die guten, noch grünen holländischen Tomaten, auf alle Fälle Rotweinessig wegen des Rotweines und Kaffeepulver und ein dickes Päckchen, welches jeder von uns zu tragen hat. Umgerührt wird es mit der Mütze vom Huber, das gibt ein ganz besonderes Aroma. Drei-Wetter-Taft, damit der Salat gut steht, und als Garnitur der Kopf von Daniel Küblböck. Und den von Michael Schumacher…wir haben nämlich zwei große Schumi-Fans in der Band, hehe.

Apropos, ist Dir schon mal aufgefallen, dass dieser Alexander genauso ausschaut wie die Schumacher-Brüder?

Der hat auch genau das gleiche Charisma wie die zwei Schumi-Brüder: Schwiegermuttis Liebster. Ein langweiliger Typ mit Föhn-Frisur, der keine Ecke und keine Kante hat außer seinem Kinn.
Was aber auf alle Fälle noch in den Salat muß, ist Gras aus dem Daimler-Stadion von dem denkwürdigen Spiel gegen Wolfsburg, das uns in die Champions League gebracht hat. Und ein Haar von Balakov für 20.000 Jahre guten Fußball. Und ein bisschen Tabak muß auch noch sein.

O.k., es ist Zeit für ein weiteres Deja-vu. Nach dem Lauschangriff im letzten Interview sollst Du mir diesmal folgende Coverartworks kommentieren:

PRONG: Cleansing

Der muss zum Optiker! Als Gymnasiast musste ich mal ein Ochsenauge sezieren, und weil das nicht so recht ging, hab´ ich da wie wild drauf eingestochen und hatte auf einmal die ganze Sabber aus dem Auge im Gesicht kleben. Dafür durfte ich dann den Rest der Stunde an der frischen Luft verbringen. Das Cover hätte auch von CARCASS sein können, so ein altes, als man die Platten nicht beim Essen angucken durfte.

MACBETH: Romantic Tragedy´s Crescendo

Wow, da ist ja alles drauf, was der Romantiker braucht, aufgeritzte Pulsadern, zu lange Fingernägel, blonde Haare vermutlich und traurig, eine Rose mit abgerissenen Blättern. Nur wenn die junge Dame richtig gezählt hätte, wüsste sie, dass er sie liebt und da hätte sie sich gar nicht umbringen brauchen. Ich denke, die machen Gothic-Indie-Rock mit sehr spitzen Schuhen!!!

DEVIN TOWNSEND: Infinity

Uuh, ein großartiger Mann, ich weiß nur nicht, ob ich ihn nackt sehen will! Devin Townsend fand ich vom Hören immer besser als zum Sehen. Das Haar oben besteht auch nur noch aus einer einzigen Geheimratsecke. Musikalisch sehr lecker, aber – (als er die weiteren Bilder im Inlay sieht) huch – geschlechtslos??? Nee, nee, nach der Ocean Machine muss der solche Eier haben. Na ja, Sex sells halt (lacht)! Der macht doch alles damit er ein paar Platten verkauft.

JOHNNY CASH: The Man in Black

Großartig! Ich glaub´, man kann Johnny Cash nicht fotografieren, ohne dass dabei ein geiles Bild herauskommt! Der hat mal in einer Columbo-Folge einen alkoholisierten, alternden Country-Star gespielt, der seine Frau umbringen will oder so. Bin ja nur mal gespannt, wie lange der noch unter uns weilt (Das Interview fand kurz vor seinem Tod statt), denn so einen sehr gesunden Eindruck macht er nicht mehr. Der Typ ist komplett am Ende. Dem spricht die Weisheit aus dem Gesicht. Wenn man so aussieht, muß man immer auf´s Cover, nie was malen lassen! Geile NIN-Cover-Versionen, aus einem eh schon absolut tollen Lied hat der eine richtig geniale Coverversion gemacht!

DARKTHRONE: Under a Funeral Moon

Im Schrebergarten vom Opa, da kann ich wenigstens den Schriftzug erkennen, das ist doch das, was man eigentlich vermeiden sollte, dass die Leute auf einem Foto so rote Augen kriegen? Ich weiß nicht, damit komm ich nicht zurecht, die Sense, der Totenschädel, den er aus´m Bio-Unterricht hat mitgehen lassen.

MINISTRY: Dark Side of the Spoon

Schöne Rückenansicht, Dark Side of the Spoon ist auch ein sehr guter Titel, und jetzt wo die ganzen Frauenzeitschriften voll sind mit Wie kriege ich meine Bikini-Figur in 14 Tagen, sind die Jungs echt kontraproduktiv, aber das gefällt mir echt gut, sehr ästhetisch. Kann man echt kaum glauben, dass die seit 15 Jahren mit Heroinproblemen zu tun haben. Ich hoffe nur, dass ich von hinten nicht so aussehe, auch wenn ich mich nicht sehen kann. Vom Prinzip her finde ich MINISTRY echt cool, hab´ aber nach der Psalm 69 aufgehört, mich für die Musik zu interessieren. Ist aber gut, dass es sie gibt und dass sie hin und wieder mal ein bißchen rumstänkern. Die sind unbequem, das mag ich.

NORTHERN TALES: Bloodporn Industries

Okay, diese Frau ist gefesselt und hat einen Fisch im Mund. Das neue Marketing von Nordsee? Oder leben da nur ein paar Herren ihre pubertären Triebe nach Oralsex aus? da ist die Frau schon wieder mit dem Fisch im Mund, die mag ihn einfach nicht essen! Und wenn der Sänger von UNDERTOW ein Gurkenglas in den Mund kriegt, dann hat sie doch echt verloren, einen Fisch kriegt doch jeder in den Mund. Ich finde das ziemlich entwürdigend, was die da mit der Frau machen. Ich hoffe, die haben sie anständig dafür bezahlt, der Fisch ist ja nicht mal gebacken. Die Jungs hätten sich den Fisch in den Mund stecken sollen!

TIAMAT: Skeleton Skeletron

Sehr stilvoll im Vergleich zu früher, die hießen doch früher mal TREBLINKA, ich weiß nicht, ich weiß nicht. Den Haarausfall hat er auch in den Griff gekriegt, da wird morgens dann poliert, und der Cajal-Verbrauch scheint bei denen auch höher zu sein als bei uns in der Band. Sieht schon gut aus und es ist nicht so offensichtlich nach dem Schema Wir sind so böse, schräg und abgefahren. Sie wollen jetzt halt Rock´n´Roll-Musiker sein, aber das atmosphärische Zeug von früher gefiel mir schon besser.

END OF GREEN: Last Night on Earth

Mmh, ach du Scheiße, stinklangweilige Gothic-Band, klar, ´ne Hand vorne drauf, uuuh, von einer Statue, uuuuh, ganz neu, haben wir noch nie gesehen (lacht). Der Olli hat das Bild irgendwann angeschleppt und wir hatten die Wahl zwischen dem Fuß und der Hand, und so ein Zeh ist halt nicht jedermanns Sache. Wir haben uns also auf die Hand geeignet. Was mir besonders gefällt, ist, dass die Hand so abfällt nach hinten, als hätte sie lange darauf gewartet, dass sie jemand anfaßt, was aber nicht passiert ist. Da hat der Olli mal wieder ganze Arbeit geleistet. Womit ich nicht so zufrieden bin, ist das Bild hinten auf der Promo, ich hatte bei zweien gesagt, die bitte nicht und natürlich haben sie eins davon genommen. Matze hat die Augen zu, Hampi schaut in die Luft als ob er keine Lust mehr hat und ich schlafe auf dem Tresen fast ein.

Layout: Uwe Möllers (axiser)

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